Einkommensteuer - Ehegattensplitting erst ab dem ersten gemeinsamen Kind

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
356 Unterstützende 356 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

356 Unterstützende 356 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:51

Pet 2-17-08-6110-033226Einkommensteuer
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.06.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Die Petentin möchte erreichen, dass das Ehegatten-Splitting erst dann in Anspruch
genommen werden kann, wenn die Ehepartner das erste gemeinsame Kind
bekommen.
Zur Begründung wird ausgeführt, das Gewähren von steuerlichen Vorteilen allein
aufgrund der Schließung des Ehebundes sei rein vom Zweck her nicht mehr dem
Zeitgeist gemäß. In zunehmendem Maße dienten nämlich Eheschließungen nicht
mehr der Familiengründung, also dem gemeinsamen Erziehen von Kindern. Daher
sollte der steuerliche Vorteil nur jenen gewährt werden, die auch wirklich Kinder
bekämen und erzögen und damit künftige Steuerzahler heranzögen. Damit würde
sich auch die Debatte über eine Steuererhöhung zulasten von Personen ohne Kinder
erübrigen, da diese in der Regel ohnehin schon steuerlich stark belastet werden. Die
aufgrund des zweckgebundenen Ehegatten-Splittings frei gewordenen Mittel sollten
in die Förderung von Erziehungs- und Bildungshilfen gelangen.
Zu den Einzelheiten des Vortrages der Petentin wird auf die von ihr eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internet-Seite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 175 Diskussionsbeiträge und
356 Mitzeichnungen ein.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage einer
Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wie folgt dar:

Der Petitionsausschuss äußert die Überzeugung, dass das hier vorgetragene
Anliegen in seiner Intention zahlreichen Petitionen aus der jüngeren Vergangenheit
entspricht, in denen die Abschaffung des Splitting-Verfahrens gefordert wurde. Diese
Überlegungen werden regelmäßig von der individuellen Überzeugung der Petenten
getragen, dass das bei der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer von
Ehegatten anzuwendende Splitting-Verfahren lediglich eine Steuervergünstigung zur
Subventionierung der Ehe sei und die aus der Abschaffung des Splitting-Verfahrens
erhofften Mehreinnahmen zugunsten von Kindern eingesetzt werden können.
Vielfach wurde auch eine nicht mehr zeitgemäße Privilegierung der Ehe im
Steuerrecht vermutet.
Zu dem vorgetragenen Sachverhalt merkt der Petitionsausschuss grundlegend an,
dass nach dem Einkommensteuerrecht grundsätzlich jeder Steuerpflichtige mit
seinem zu versteuernden Einkommen nach dem Einkommensteuertarif besteuert
wird. Nur für nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten besteht die Möglichkeit der
Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer unter Anwendung des Splitting-
Verfahrens. Dabei werden die Eheleute letztlich so gestellt, als ob jeder Ehegatte die
Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens erzielt und als Alleinstehender
nach dem für jeden Steuerpflichtigen geltenden Einkommensteuertarif zu versteuern
hätte.
Diese Regelung führt zu einer Milderung der Tarifprogression, wenn nur ein Ehegatte
Einkünfte hat oder die Ehegatten unterschiedlich hohe Einkünfte haben. Die Wirkung
des Splittings ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass unabhängig von der
Verteilung des Erwerbseinkommens auf die Ehegatten die verfassungsrechtlich
gebotene Freistellung des Existenzminimums beider Ehepartner gesichert wird,
indem der im Einkommensteuertarif eingearbeitete Grundfreibetrag beiden
Ehegatten gewährt wird.
Der Splitting-Effekt nimmt jedoch rasch ab, wenn der andere Ehepartner zunehmend
zum Einkommen des Haushalts beiträgt. Tragen beide mit gleichen Teilen zum
gemeinsam zu versteuernden Einkommen bei, ist der Splitting-Effekt gleich Null.
Haben die beiden Ehepartner ein zu versteuerndes Einkommen im Bereich des
Spitzensteuersatzes, ist der Splitting-Effekt ebenfalls gleich Null, auch wenn die
Einkommen der Ehegatten differieren. Aufgrund des in diesem Bereich konstanten
Grenzsteuersatzes bringt die fiktive hälftige Aufteilung keine Tarifentlastung mehr.

Das Ehegatten-Splitting ermöglicht den Ehegatten – ohne eine ertragsteuerliche
Schlechterstellung befürchten zu müssen – die freie Entscheidung darüber, ob nur
ein Ehepartner einen möglichst hohen Beitrag zum Familieneinkommen
erwirtschaften will, während der andere Partner den Haushalt führt, oder beide
Partner sowohl im Haushalt als auch im Beruf tätig sein wollen. Der
Petitionsausschuss macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass eine
Schlechterstellung je nach Aufteilung der Berufstätigkeit zwischen den Ehegatten im
Hinblick auf den in Artikel 3 Grundgesetz (GG) verankerten Gleichheitsgrundsatz und
Artikel 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) unzulässig wäre. Die Entscheidung, in
welcher Weise das gemeinsame Familieneinkommen durch Erwerbsarbeit gesichert
werden soll und wie die Ehegatten Familienarbeit und Berufsarbeit verteilen, muss
den Ehegatten selbst vorbehalten bleiben. Das Splitting-Verfahren beruht also auf
der Überlegung, dass die Ehegatten das Haushaltseinkommen gemeinsam
erwirtschaften und über die Verwendung des Einkommens im Rahmen der nach
zivilrechtlichen Vorgaben bestehenden ehelichen Wirtschafts- und
Verbrauchsgemeinschaft gemeinsam entscheiden.
Angesichts dessen ist das Splitting-Verfahren nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) keine beliebig veränderbare
Steuervergünstigung, sondern eine an dem Schutzgebot des Artikel 6 Abs. 1 GG und
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten nach Artikel 3 Abs. 1 GG
orientierte, sachgerechte Besteuerung. Soweit andere Formen des Zusammenlebens
von der Anwendung der Splitting-Regelungen ausgeschlossen sind, stellt sich dies
auch als verfassungsrechtlich zulässige Förderung der Ehe dar. Aus Artikel 6 Abs. 1
GG erfolgt nach der Rechtsprechung des BVerfG nämlich nicht nur ein Schutz-,
sondern auch ein Förderauftrag für die Ehe. Der Gesetzgeber darf die Ehe fördern,
weil aus ihr typischerweise Kinder hervorgehen. Dieser Zweck wird empirisch
belegbar immer noch weitgehend erreicht. Nach einer einschlägigen Studie des
Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung entfielen rund zwei Drittel des Splitting-
Volumens auf Ehepaare mit aktuell steuerlich relevanten Kindern. Auch nach einer
statistischen Erhebung des Statistischen Bundesamtes zum Geburtenniveau in
Deutschland ist festgestellt worden, dass ein enger Zusammenhang zwischen der
Bereitschaft, Kinder zu bekommen, und des Eingehens der Ehe feststellbar ist.
Danach bekommen durchschnittlich über alle Altersgruppen rund 90% aller Frauen,
die verheiratet sind oder verheiratet waren, im Verlaufe ihres Lebens Kinder.

Hingegen bekommen 24% bis 33% der nicht verheirateten Frauen überhaupt keine
Kinder. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass die Wirksamkeit des
Splitting-Effektes überwiegend auf Familien konzentriert ist.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass Änderungen bei der Ehegattenveranlagung
und insbesondere auch beim Splitting-Verfahren zwar verfassungsrechtlich nicht
generell ausgeschlossen sind, die Rechtsprechung des BVerfG jedoch entscheidend
den Spielraum für eine Modifikation der derzeitigen steuerlichen Behandlung von
Ehegatten prägt. Eine ersatzlose Abschaffung des Splitting-Verfahrens wäre nicht
möglich. Bei einer Modifikation des Ehegatten-Splittings wäre zu berücksichtigen,
dass Ehegatten nicht schlechter als unverheiratete zusammenlebende Paare gestellt
werden dürfen. Der Petitionsausschuss äußert die Vermutung, dass insbesondere
vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten ökonomischen Wirkung des
Splitting-Effektes auf Familien mit Kindern aus der Modifikation des Ehegatten-
Splittings kaum ein Beitrag zur Förderung von Kindern zu erwarten sein dürfte, da die
ohnehin eher geringfügigen Mehreinnahmen besonders von Familien mit Kindern
erbracht würden.
Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss letztlich nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen.
Der Antrag der Fraktion der SPD, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium der Finanzen – als Material zu überweisen, soweit es die
Einführung der Individualbesteuerung für neue Ehen und neu eingetragene
Lebenspartnerschaften betrifft, und das Petitionsverfahren im Übrigen
abzuschließen, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Der Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium der Finanzen – als Material zu
überweisen, soweit es die Einführung der Individualbesteuerung für Ehen und
eingetragene Lebenspartnerschaften betrifft, und das Petitionsverfahren im Übrigen
abzuschließen, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Begründung (PDF)


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