Wahlrecht - Aufhebung des Wahlrechts für entmündigte Personen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
83 Unterstützende 83 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

83 Unterstützende 83 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 12:58

Pet 1-18-06-111-028933

Wahlrecht


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, das Wahlrecht für „entmündigte Personen“ aufzuheben.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass „entmündigte
Personen“ rechtlich nicht befugt seien, eigenverantwortlich Geschäfte abzuwickeln;
dieses Recht gehe vielmehr auf den „Vormund“ über. Dies gelte indes nicht für das
Wahlrecht, da die „entmündigte Person“ das Recht auf Abgabe einer eigenen Stimme
habe. Gehe beispielsweise ein geistig Behinderter aus einem vom Deutschen Roten
Kreuz (DRK) geführten Behindertenheim zur Wahl, so mache der „Vormund“ das
Kreuz auf dem Wahlschein für die „entmündigte Person“. Es wähle also nicht der
Behinderte selbständig und unabhängig, sondern der „Vormund“ entscheide in seinem
Namen und mache für die Partei ein Kreuz, die er für richtig halte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 83 Mitzeichnungen und 9 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Zur Klarstellung weist der Petitionsausschuss zunächst darauf hin, dass seit dem
Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige vom

12. September 1990 (Betreuungsgesetz) in Deutschland das frühere Rechtsinstitut
der „Entmündigung“ abgeschafft und die frühere „Vormundschaft“ und Pflegschaft
durch das neue Rechtsinstitut der Betreuung ersetzt wurde. Die Forderung eines
Entzugs des Wahlrechts für „entmündigte Personen“ geht darum ins Leere; Gleiches
gilt für die Ausführungen in der Petition über die Rechte eines „Vormunds“.
Weiterhin stellt der Ausschuss fest, dass die heute nach dem seit 1990 geltenden
modernen Betreuungsrecht mögliche Bestellung eines Betreuers die Teilnahme eines
Betreuten am Rechtsverkehr nicht automatisch einschränkt. Insbesondere ist mit der
Anordnung einer Betreuung kein Verlust des Wahlrechts verbunden. Nur in den
- wenigen - Fällen, in denen eine Betreuung zur Besorgung aller seiner
Angelegenheiten angeordnet ist, weil der Betreute keine seiner Angelegenheiten mehr
selbst besorgen kann, knüpft das Gesetz daran auch den automatischen Verlust des
Wahlrechts (§ 13 Nr. 2 Bundeswahlgesetz).
Dies gilt also keinesfalls für alle Betreuten, erst recht nicht für alle Behinderten. Im
Normalfall können selbstverständlich auch Menschen mit einer Behinderung wie alle
deutschen Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wählen. Das gilt auch,
wenn für einzelne Bereiche eine Betreuung angeordnet ist oder nur durch eine
einstweilige Anordnung angeordnet wurde. Nur in den wenigen Fällen einer
sogenannten Vollbetreuung knüpft das Wahlrecht an die durch das Betreuungsgericht
nach Einzelfallprüfung festgestellte umfassende Unfähigkeit des Betreuten, seine
Angelegenheiten zu besorgen, auch die Rechtsfolge des Wahlrechtsausschlusses.
Ferner hebt der Ausschuss ausdrücklich hervor, dass nach deutschem Recht in
keinem Fall ein Vormund, Betreuer oder sonstiger Vertreter anstelle eines
Wahlberechtigten wählen darf oder durfte, denn das Wahlrecht ist ein
höchstpersönliches Recht des Wahlberechtigten und kann und darf nicht durch einen
anderen ausgeübt werden. Wer für einen anderen wählt, macht sich nach deutschem
Recht der Wahlfälschung strafbar (§ 107a Strafgesetzbuch).
Der Ausschuss merkt jedoch an, dass ein Wähler, der des Lesens unkundig ist oder
wegen einer körperlichen Beeinträchtigung gehindert ist, den Stimmzettel zu
kennzeichnen, zu falten oder selbst in die Wahlurne zu werfen, eine andere Person
bestimmen kann, deren Hilfe er sich bei der Stimmabgabe bedienen will (§ 57
Bundeswahlordnung). Hilfsperson kann z. B. ein Mitglied des Wahlvorstands, aber
auch ein Betreuer, Verwandter oder eine nahestehende Person, wie ein DRK-
Mitarbeiter, sein. Dabei kann es aber immer nur um eine Hilfe zur Abgabe der vom
Wahlberechtigten getroffenen Wahlentscheidung gehen, nicht um das Treffen der

Wahlentscheidung an Stelle des Wahlberechtigten, weil ansonsten eine strafbare
Wahlfälschung vorliegen würde.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage im Ergebnis keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu
erkennen und die mit der Petition erhobene Forderung nicht zu unterstützen.
Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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