Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Auszubildende, die aus der Bedarfsgemeinschaft der Eltern ausscheiden und noch zu Hause wohnen (dann zur Hausgemeinschaft zählen), weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung und zum Leben für die Zeit der Ausbildung erhalten.
Motivazioni:
Es kann nicht sein, dass bei einem Auszubildenden, der eine Ausbildung beginnt und noch im Haushalt der Eltern lebt, die Ausbildungsvergütung komplett (außer dem Freibetrag) auf das ALG II angerechnet wird. Der Freibetrag ist so gering, dass von der Ausbildungsvergütung nicht viel übrig bleibt. Leider muss man dem Auszubildenden die Kosten abnehmen, die vom Jobcenter abgezogen werden. Man darf sich nicht wundern, dass Auszubildende die Lust an einer Ausbildung verlieren, wenn unter dem Strich nicht übrig bleibt. Auch die BAB wird in diesem Fall abgelehnt, weil der Auszubildende noch zu Hause wohnt. Muss sich ein Auszubildender mit 17 Jahren eine eigene Wohnung suchen, dann wiederum würde der Anspruch auf BAB und eventuell auch noch Wohngeld bestehen. Die BAB oder weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung und ergänzend zum Leben nach SGB II (oder den Freibetrag erhöhen) muss auch für Auszubildende gezahlt werden, die noch im Elternhaus wohnen. Muss der Auszubildende ausziehen, damit den Eltern die Ausbildungsvergütung nicht mit angerechnet wird? Es kann nicht sein, dass durch diese Gesetzeslage der Familienfrieden gestört wird, denn Jugendliche, die während der Ausbildung zu Hause wohnen, haben keine Möglichkeit, Geld aus ihrer Ausbildungsvergütung anszusparen, um sich später z.B. eine eigene Wohnung leisten zu können. Man darf die Jugendlichen, die ordentlich ihre Ausbildung machen, nicht dafür bestrafen und ihnen die Perspektive für ihr späteres Leben nehmen.
Frank Marchlewski Arbeitslosengeld II Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.07.2009 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte. Begründung Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Auszubildende, die aus der
Bedarfsgemeinschaft der Eltern ausscheiden und noch zu Hause wohnen (dann zur
Hausgemeinschaft zählen), weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung und zum
Leben für die Zeit der Ausbildung erhalten.
Es sei ungerecht, dass in derartigen Fällen die Ausbildungsvergütung auf das
Arbeitslosengeld II angerechnet werde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des
Vortrags des Petenten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die öffentliche Petition wurde von 111 Mitzeichnern unterstützt. Zu ihr wurden im
Internet 12 gültige Diskussionsbeiträge abgegeben.
Der Petitionsausschuss hat zu der Petition eine Stellungnahme des Bundesministe-
riums für Arbeit und Soziales eingeholt. Unter Einbeziehung der Stellungnahme lässt
sich das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung wie folgt zusammenfassen: I. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten Personen,
die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bun-
desrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Darüber hinaus
erhalten auch diejenigen Personen Leistungen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürf-
tigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören unter
anderem die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen selbst sowie als Partner der nicht dau-
ernd getrennt lebende Ehegatte sowie deren unverheiratete Kinder, welche das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen
oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beschaffen
können.
Grundsätzlich sind für die Förderung der Berufsausbildung die Leistungen des
Berufsausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und die Berufsausbildungsbeihilfe
(BAB) vorgesehen. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder
BAB dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben daher keinen Anspruch auf Leis-
tungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II). Die Regelung
ist auf das frühere Sozialhilferecht (§ 26 Bundessozialhilfegesetz) zurückzuführen.
Mit ihr sollte verhindert werden, dass Ausbildungsförderungsleistungen nach dem
BAföG durch die staatliche Fürsorgeleistung aufgestockt werden können. Mit der
Ausschlussregelung wurde klargestellt, dass Ausbildungsförderung grundsätzlich
nicht Aufgabe der Sozialhilfe ist (keine dritte Ausbildungsförderung neben BAföG und
dem Arbeitsförderungsrecht).
Der Leistungsausschluss wirkt jedoch nicht für Auszubildende, die nur deswegen
kein BAB erhalten, weil sie noch im Haushalt der Eltern leben (§ 7 Abs. 6 Nr. 1
SGB II). II. Die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende steht unter
dem Vorbehalt der Hilfebedürftigkeit. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit eines
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist grundsätzlich auf die tatsächliche Hilfebedürftig-
keit in einer Bedarfsgemeinschaft abzustellen. Das bedeutet, dass - abgesehen von
wenigen Ausnahmen - finanzielle Mittel zur Verringerung oder Beseitigung der Hilfe-
bedürftigkeit eingesetzt werden müssen, das heißt erwerbsfähige Hilfebedürftige sind
danach grundsätzlich verpflichtet, ihren Lebensunterhalt auch aus eigenem Ein-
kommen und Vermögen zunächst selbst zu decken. Zum notwendigen Lebensunter-
halt gehören auch die anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind sämtliche Einnahmen in Geld oder Geldes-
wert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem
Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwen-
dung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die
nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper
oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach
dem Bundesversorgungsgesetz (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Damit zählt auch eine
Ausbildungsvergütung zum anrechenbaren Einkommen.
Bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit werden nach § 11 Abs. 2 SGB II - außer den
auf das Einkommen entrichteten Steuern und Pflichtbeiträgen zur Sozialversiche-
rung - folgende Absetzbeträge berücksichtigt:
Bis 400 Euro monatlichem Erwerbseinkommen ein monatlicher Pauschbetrag von
insgesamt 100 Euro für Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen oder privaten Versiche-
rungen - z. B. Kfz-Haftpflichtversicherung - (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II), Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, die gesetzlich nicht
vorgeschrieben, aber dem Gunde und der Höhe nach angemessen sind (§ 11
Abs. 2 Nr. 3 SGB II),
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes,
soweit sie den Mindesteigenbetrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes
nicht überschreiten (Riester-Rente) - § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II - sowie
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben
- Werbungskosten - (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Bei Erwerbseinkommen von mehr als 400 Euro monatlich die den Pauschbetrag von
100 Euro übersteigenden nachgewiesenen Ausgaben für die in § 11 Abs. 2 Nr. 3 - 5
SGB II genannten Absetzbeträge.
Der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II beläuft sich für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht
mehr als 800 Euro beträgt, auf 20 vom Hundert und für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800 Euro übersteigt und nicht
mehr als 1200 Euro beträgt, auf 10 vom Hundert. An Stelle des Betrages von
1200 Euro tritt für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die entweder mit mindestens
einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens
ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1500 Euro. Das nach dem Abzug der Absetz- und Freibeträge verbleibende zu berücksichti-
gende Einkommen mindert die Geldleistungen der Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende. Übersteigt der Bedarf des in Ausbildung befindlichen Kindes das um
die Freibeträge bereinigte Einkommen, besteht ein Anspruch auf ergänzende
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ein zusätzlicher Freibetrag zum
Ansparen kann hierbei nicht berücksichtigt werden. Das Arbeitslosengeld II dient der
Beseitigung einer gegenwärtigen Notlage, die mit eigenen Mitteln und Kräften nicht
abgewendet werden kann. Vermögensbildung auf Grundlage einer steuerfinanzierten
Sozialleistung kommt deshalb nicht Betracht.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch im Rahmen der
Berufsausbildungsbeihilfe das Einkommen des Auszubildenden, seines nicht dau-
ernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, des Lebenspartners und seiner Eltern
anzurechnen ist (§ 71 Drittes Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den Rege-
lungen des BAföG). III. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch Einkommen und
Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei Kindern, die mit ihren Eltern oder
einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhaltes
nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind auch
das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen
(§ 9 Abs. 2 SGB II).
Soweit der Petent vorträgt, dass die Ausbildungsvergütung von Kindern auf die
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende angerechnet wird, ist dies nicht
zutreffend. Aus § 9 Abs. 2 SGB II folgt, dass das Einkommen der Eltern bei mit ihnen
in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern anzurechnen ist, umgekehrt wird jedoch
das Einkommen von Kindern nicht auf die Leistungen ihrer mit ihnen in Bedarfsge-
meinschaft lebenden Eltern angerechnet.
Wird für ein im Haushalt lebendes Kind Kindergeld gewährt wird, ist weiterhin Fol-
gendes zu beachten: Für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder unter
25 Jahren wird Kindergeld bei dem Kind, für das es gezahlt wird, auf die Leistungen
nach dem SGB II angerechnet, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des
Lebensunterhalts benötigt wird. Diese Vorschrift stellt insofern eine Ausnahme von
dem kindergeldrechtlichen Grundsatz dar, dass Kindergeld grundsätzlich dem Kin-
dergeldberechtigten - in der Regel einem Elternteil - als Einkommen sozialhilferecht-
lich zuzurechnen wäre. Hieraus folgt, dass Kindergeld erst dann - gegebenenfalls
anteilig - als Einkommen der Eltern oder des Kindergeldberechtigten zu berücksich-
tigen ist, wenn der Bedarf des Kindes, zum Beispiel durch weitere Unterhaltszahlun-
gen oder Vermögen, gedeckt ist. Der überschießende Betrag wird bei dem erwerbs-
fähigen Hilfebedürftigen als Einkommen berücksichtigt und mindert den Anspruch auf
das Arbeitslosengeld II. IV. Leben Hilfebedürftige nicht in Bedarfs-, aber in Haushaltsgemeinschaft mit Ver-
wandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen
erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann
(§ 9 Abs. 5 SGB II). Verwandte sind nach § 1589 BGB Personen, deren eine von der
anderen abstammt (zum Beispiel Eltern mit Kindern, Großeltern mit Enkeln) oder die
von derselben dritten Person abstammen (zum Beispiel Geschwister, Tante und
Nichte).
Zur Berechnung der Höhe der zumutbaren Unterhaltsleistung ist nach § 1 Abs. 2
ALG II-Verordnung von einem Freibetrag in Höhe des doppelten Regelsatzes nach
§ 20 Abs. 2 SGB II zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Hei-
zung auszugehen. Das nach § 11 Abs. 2 SGB II bereinigte Einkommen, welches den
Freibetrag übersteigt, ist zur Hälfte auf den Bedarf des Hilfebedürftigen anzurechnen.
Zwar gilt diese Regelung grundsätzlich auch bei Kindern, die mit ihren hilfebe-
dürftigen Eltern in Haushaltsgemeinschaft leben. In der Regel werden die gewährten
Ausbildungsvergütungen jedoch den Freibetrag nicht übersteigen, so dass bei in
Ausbildung befindlichen Kindern, die über kein sonstiges Einkommen oder Vermögen
verfügen, Leistungen nach § 9 Abs. 5 SGB II nur in Ausnahmefällen vermutet werden
können. V. Der Petitionsausschuss kann das Anliegen des Petenten aus den oben genannten
Gründen nicht unterstützen. Er empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzu-
schließen.