Petycja jest adresowana do:
Sächsischer Landtag Petitionsausschuss
„Bescheidenheit ist eine Tugend, die man vor allem an anderen schätzt.“ (François de La Rochefoucauld)
Zu diesem Schluss kommt man, wenn man die Pläne von CDU, SPD und Grünen zur Erhöhung der Diäten im Sächsischen Landtag liest.
Im Jahr der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, wie es die Bundeskanzlerin formulierte, stehen viele Menschen vor einer ungewissen Zukunft, sie haben Angst um ihre Existenz, um ihren Job und ihr Unternehmen und sorgen sich um ihre Familien und Freunde. Sie nehmen allerstärkste Belastungen auf sich. Sie leben mit massiven Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte und müssen auch materiell schwere Einbußen in Kauf nehmen. Über Monate leben sie vom Kurzarbeitergeld oder wie viele Unternehmer, Selbständige und Freiberufler einzig und allein vom Ersparten oder von Hartz IV. Von der Politik versprochene staatliche Hilfen kommen nicht selten erst sehr spät oder gar nicht oder nicht ausreichend. Auf der anderen Seite erleben die Menschen seit nunmehr einem Jahr permanent gravierende Fehler, Unzulänglichkeiten und unerklärliche Eigentümlichkeiten bei der Bekämpfung der Pandemie. Bis heute fehlt vielen Menschen die Perspektive.
In dieser dramatischen Situation beabsichtigen die Landtagsabgeordneten von CDU, SPD und Grünen eine weitere Erhöhung ihrer ohnehin sehr auskömmlich bemessenen Diäten und die Aufbesserung zahlreicher Privilegien, die sie als Mandatsträger bereits jetzt haben.
Dazu gehören neben den Diäten, die sie von 5.943 Euro auf 6.237 Euro monatlich erhöhen wollen, eine deutlich erhöhte steuerfreie monatliche Kostenpauschale (je nach Entfernung des Hauptwohnsitzes vom Sächsischen Landtag soll es zwischen 3.330 Euro und 4.354 Euro geben), ein um 25 Prozent erhöhtes Budget für die Beschäftigung von Mitarbeitern sowie eine von 5.124 Euro auf 9.000 Euro erhöhte einmalige Einrichtungspauschale für Wahlkreisbüros. Außerdem wollen sie auch noch erhebliche zusätzliche Haushaltsmittel in die Kassen der Fraktionen leiten.
2010 hatte der Landtag mit der damaligen Mehrheit von CDU und FDP ein Vergütungssystem für Abgeordnete eingeführt, das erstmalig in Deutschland die Entwicklung der Diäten an die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer (zu 45 Prozent), des Bruttoinlandsprodukts (zu 45 Prozent), der Regelleistung für Empfänger von Arbeitslosengeld II (zu 5 Prozent) und den aktuellen Rentenwert (zu 5 Prozent) koppelte. Kurz gesagt war der Maßstab für die Diätenanpassung der gewichtete Durchschnitt der Veränderungsraten dieser vier Kenngrößen. Nach dem Motto, wenn es dem Land und den Menschen gut geht, dann sollen auch die Volksvertreter davon profitieren.
Im Umkehrschluss hieß das aber auch: Geht es dem Land schlecht, stagnieren oder sinken Löhne, Gehälter, Renten und Sozialhilfe, dann stagnieren oder sinken auch die Diäten.
Ein gerechtes und transparentes System, sollte man meinen. Übrigens hat ein ähnliches Vergütungsmodell im Deutschen Bundestag in diesem Jahr erstmals zu sinkenden Diäten bei den Bundestagsabgeordneten geführt.
Dieses Vergütungssystem soll nun, da es infolge der Corona-Krise sehr wahrscheinlich erstmals tatsächlich zu sinkenden Diäten im Sächsischen Landtag kommen würde, abgeschafft werden.
Künftig soll nur noch der Nominallohn-Index zur Berechnung der Diäten herangezogen werden, was praktisch sinkende Diäten ausschließt und künftig zu weit größeren jährliche Diätenerhöhungen führt als bisher. Man begibt sich mit diesem Modell auf eine Straße, die nur noch eine Richtung kennt und auf der man schnell fahren kann.
Ausgerechnet jetzt verabschiedet sich der Sächsische Landtag vom Prinzip der Solidarität mit der eigenen Bevölkerung und einer weitgehend erfolgsabhängigen Bezahlung. Ausgerechnet in einer Zeit, in der das Parlament in kritikwürdiger Weise zahlreiche Mitwirkungsrechte und Mitsprachemöglichkeiten an die Exekutive abgetreten hat und in der Krise eher Zaungast als Gestalter ist, gönnt man sich mit dem Systemwechsel und der höchsten Diätenerhöhung in der Geschichte des Landtages von in diesem Jahr 4,9 Prozent eine besonders kräftige Honorierung der eigenen Leistung. Das passt nicht in diese Zeit und das passt nicht zu Sachsen.
Wir fordern alle Abgeordneten des Sächsischen Landtages auf, sich solidarisch mit der Bevölkerung in Sachsen zu zeigen und die geplanten Erhöhungen komplett abzulehnen.
Erstunterzeichner
Antje Hermenau, Susanne Dagen, Holger Zastrow, Robert Malorny, Jens Genschmar
Uzasadnienie