Petition richtet sich an:
Bezirksamt Pankow von Berlin und BVV Berlin-Pankow
Petition zur Einstellung des politischen Verfahrens der Umbenennung der
Robert Rössle-Straße in Berlin-Buch (Drucksache – IX-0070)
Bezirk Pankow von Berlin
Begründung
Das politische Verfahren zur Umbenennung der Robert-Rössle-Strasse ist aus politischer und historische Sicht ungeeignet, Geschichte aufzuarbeiten. Warum?
- Robert Rössle war einer der bedeutendsten Pathologen der 1. Hälfte des 20.Jahrhunderts mit internationaler Anerkennung. Sein ihm vorgeworfenes Verhalten als Direktor der Pathologie der Charité während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland zwischen 1933 und 1945 kann am ehesten mit den Begriffen „Mitläufer“ und Karrierist beschrieben werden. Es sind keine schwerwiegenden moralischen, ethischen, medizinischen und juristischen Verfehlungen von Robert Rössle in dieser Zeit bekannt geworden ( Literatur 2 ).
- Nach dem 2. Weltkrieg hat er noch seine Kraft als über Siebzigjähriger in den Dienst des Wiederaufbaus der Charité gestellt. Seine Verdienste wurden mit hohen Auszeichnungen der DDR und der BRD gewürdigt.
- Die Einschätzung einer Persönlichkeit sollte eine umfassende Würdigung der gesamten Lebensleistung im Für und Wider darstellen. Der historische Kontext muss berücksichtigt werden. Allein aus dem heutigen Erkenntnisstand des jeweiligen wissenschaftlichen bzw. medizinischen Fachgebietes (heute z.B.: Es gibt keine menschlichen Rassen) eine Beurteilung abzugeben ist einseitig und ungenau. Das Wirken und Verhalten einer historischen Persönlichkeit in nur einer Lebensphase einzuschätzen, birgt die Gefahr der Einseitigkeit.
- Demokratische Entscheidungen im 21. Jahrhundert in Deutschland benötigen immer eine geeignete Form der Bürgerbeteiligung, wenn sie direkt oder indirekt die Bevölkerung betreffen. Das Straßenamensuchverfahren ist nicht ausreichend.
- In Zeiten, in denen die Mitglieder einer Zivilgesellschaft mehreren Krisen gleichzeitig ausgesetzt sind, ist es unverantwortlich, ihnen zusätzliche unnötige Lasten (Verlust von Heimatgefühl, finanziellen und adminstrativen Aufwand …) aufzubürden, die mit einer Straßenumbenennung einhergehen.
Literatur:
1. Synopse „Diskussion um die beantragte Umbenennung der Robert-Rössle-Straße in Berlin-Buch“ des Bezirksamtes Pankow von Berlin (Redaktionsschluss 17.5.2020)
2. Schleiermacher, Sabine; Schagen, U.: Die Charité im Dritten Reich.- 2.überarb. Auflage, 2019, www.charite.zeit-archiv.de, ISBN 978-3-9819887-1-0 (epub)
3. Prüll, C.-R.: Von „Akademischer Freiheit“ und „Akademischer Wehrfreiheit“: Das Pathologische Institut der Charité von 1933 bis 1945.- in 2.- S. 151 – 168
4. Wenda, V.: Schreiben des Bucher Bürgervereins e.V. an Herrn Dr. Jütting (Vorsitzender der BVV) und Herrn Benn (Bürgermeister von Berlin-Pankow) vom 13.12.2021
5. Bezirksverwaltungsgesetz in der Bekanntmachung der Neufassung vom 10. November 2011 (GVBl. S. 692), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze vom 27. August 2021 (GVBl. S. 982)
6. Ausführungsvorschriften zu § 5 des Berliner Straßengesetzes (AV Benennung)
Bekanntmachung vom 1. Februar 2017, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2020, SenUVK VI E 22, Tel.: 9025-1572, intern 925-1572,
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
7.Reich, Anja: Eine Frage der Hausnummer?.- Berliner Zeitung, Nr. 297, Mittwoch, 21.12.2022.-S.3