representative Lennart Meyer

Opinion on the petition NEIN zum Abriss der "Stübing-Villa" in Finkenkrug, jetzt!

Bündnis 90/DIE GRÜNEN & Jugendbündnis, last edited on 02/21/2022

I agree / agree mostly.
I´ll support the request if there will be enough other representives joining.
I support a public hearing in the technical committee.
I support a public hearing in the parliament/plenum.

Ich bin allen Initiator*innen und Unterzeichnenden sehr dankbar, dass Sie für Ihre Überzeugung und Interessen eintreten und sie auf diesem Weg kommunizieren. Wünschenswert wäre gewesen, dass die Initiative zu einer Diskussion über die weitere Nutzung des Grundstücks von der Stadt und der Stadtverordnetenversammlung ausgegangen wäre, um sich gemeinsam über Wünsche, Ideen und Ziele auszutauschen und gemeinsam eine optimale und praktikable Lösung zu finden. Statt die Bürger*innen ins Boot zu holen und die Idee gemeinsam zu diskutieren, sollen hier schnell Fakten geschaffen werden. Tenor: Man will nicht mehr reden, sondern endlich machen. Dass die Lösung dann vielleicht nicht optimal ist oder von den Bürger*innen nicht gewollt ist, wird in Kauf genommen. Im Sinne einer ehrlichen Beteiligung der Bürgerschaft wäre zumindest eine angemessene Information zu erwarten gewesen. Stattdessen wurde über den Abriss ausschließlich in nichtöffentlicher Sitzung gesprochen, sodass ein Abriss völlig überraschend gekommen wäre. Doch vielleicht von vorne:

Auf der vierten Stadtverordnetenversammlung am 04. bzw. 10. Dezember 2019 wurde von den Stadtverordneten im nichtöffentlichen Teil der Sitzung der Ankauf des Grundstückes in der Karl-Liebknecht-Straße 130 mit 27 Ja-Stimmen, 5 Gegenstimmen und 1 Enthaltung beschlossen.
In der Begründung dazu heißt es „Das Grundstück ist durch seine Lage in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Finkenkrug und einer Fläche von 3.811 m2 perspektivisch für eine kommunale Nutzung gut geeignet.“ Auf Nachfrage erklärt der Bürgermeister, dass ‚langfristig die überbelegten Stellflächen für PKW/Fahrräder am Bahnhof Finkenkrug entkrampft werden sollen‘.
Das Thema kam nun mit dem näher rückenden Abriss wieder auf die Tagesordnung. Zum Verständnis muss ich erst einmal klarstellen, dass ich erst seit September 2021 Stadtverordneter in Falkensee bin und an der Entscheidung zum Ankauf des Grundstückes nicht mitgewirkt habe.
Ich halte die Petition für wichtig und richtig, zeigt sie doch deutlich, dass in der Frage nach der Zukunft des Gebäudes und der Gestaltung des Geländes Diskussionsbedarf besteht. Im Rahmen einer ehrlichen Beteiligung der Bürger:innen, sollten die eingebrachten Kommentare und Meinungen berücksichtigt werden und ein Dialog zum weiteren Verfahren angestrebt werden. Grundlage dafür ist, dass der Abriss vorerst nicht durchgeführt wird, wie im gemeinsamen Antrag der Linken und der Grünen gefordert (vgl. Antrag „Moratorium gegen den Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück der Karl-Liebknecht-Straße 130).
Aus folgenden drei Gründen spreche ich mich gegen einen Abriss aus:

1. Bedeutung für die Siedlung Finkenkrug:
Die Besiedelung Finkenkrugs begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Parzellierung des Gebietes und dem Anlegen von Straßen. Noch davor ist Theodor Fontane auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg an dieser Stelle 1873 aus dem Zug gestiegen, um zum alten Finkenkrug zu wandern. Zentraler Ausgangs- und Fixpunkt der Besiedlung war der alte Bahnhof, der lange als sozialer Mittelpunkt der Siedlung fungierte. Um 1912 wurde dann das alte Bahnhaus (wie ich das Gebäude in der Karl-Liebknecht-Straße 130 der Einfachheit halber nenne) errichtet, um Bahnbediensteten Wohnraum zu bieten. Stilistisch orientiert sich das dreigeschossige Gebäude (zwei Vollgeschosse, ein Dachgeschoss) an der Bebauung in der Villenkolonie Finkenkrug zu dieser Zeit. Das alte und sehr schöne Bahnhofsgebäude wurde dann 1992 aufgrund akuter Einsturzgefahr abgerissen. Bis zu diesem Zeitpunkt war es als Baudenkmal geschützt. Im Zuge des Ausbaus der Bahnstrecke Berlin – Hamburg wurde das gesamte Bahnareal umgestaltet und der Bahnhofsbereich verlor sein Gesicht und seine einstige Bedeutung. Einzig das alte Bahnhaus ist heute noch erhalten.
Zugegebener Maßen steht und stand das Bahnhaus immer etwas abseits und war nie prägend für den Bereich. Dennoch zeugt es von der Siedlungsgeschichte Finkenkrugs, die es zu großen Teilen miterlebt hat, und bietet heute noch eine Orientierung bei der Betrachtung historischer Fotos. Und auch in sich besitzt das Haus aus meiner Sicht einen hohen Wert. Die Raumaufteilungen, die Türen und Fensterläden sind noch original von 1912 erhalten und viele kleine Details verleihen dem Haus einen erhabenen Charakter. Aufgrund von Veränderungen am Dach, der Giebelverkleidung, den Fenstern, im Sockelbereich und angebauten Überdachungen ist das Erscheinungsbild aus Sicht des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege zu stark überformt, um es in die Denkmalliste aufzunehmen. Dennoch stellen sie fest, dass „als letzte überkommene Bauten des historischen Bahnhofensembles und unter städtebaulichen Gesichtspunkten sowie aus Gründen der Nachhaltigkeit und des guten Bauzustandes es sich bei der Villa und ihrem Nebengebäude gleichwohl um erhaltenswerte Gebäude [handelt], deren Weiternutzung wünschenswert wäre.“
In den Kommentaren zu der Petition wurde deutlich, dass viele Menschen beklagen, dass in den letzten Jahren viel historische Bausubstanz abgerissen wurde und Falkensee so Stück für Stück sein Gesicht verliert. An vielen Stellen ist dies aufgrund der Eigentumsverhältnisse nicht zu verhindern. Nichtsdestotrotz sollten diese Stimmen endlich erhört werden und sich die SVV an dieser Stelle, auch als Signal, bewusst für den Erhalt eines historisch bedeutsamen Gebäudes aussprechen.
Aus Gründen der historischen Bedeutung kann ich dem Abriss nicht zustimmen.

2. Ökologische und soziale Gründe
Jährlich werden in Deutschland etwa 517 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe verbaut. (vgl. www.quarks.de/umwelt/darum-brauchen-wir-eine-bauwende/) Nach einer Studie im Auftrag des Bayerischen Landesamt für Umwelt entstehen 11% der globalen CO2-Emissionen bei der Herstellung von Baustoffen, was im Neubau wiederum bedeutet, dass knapp 50 % des Energieverbrauchs eines Neubaus in seinem Lebenszyklus durch die sogenannte graue Energie (Herstellung von Baustoffen) verursacht wird. (vgl. bauwende.de/factsheetgraueenergie/)
Aus diesem Grund sollte genau überlegt werden, in welchen Situationen Gebäude abgerissen werden und wann man sich für den Erhalt eines Gebäudes einsetzt. Während einer Begehung konnten wir in der Fraktion feststellen, dass das Gebäude sehr gut erhalten ist und mehr oder weniger bezugsbereit ist. Einzig die Ölheizung im Keller ist aus ökologischen Gründen nur schwer zu verantworten. Während also an anderer Stelle in Falkensee dringend Räume benötigt werden, große Neubauvorhaben stattfinden (Wohnbauprojekte in der Leipziger Straße, Friedenstraße, Fehrbelliner Straße; Rathauserweiterung; ggf. Neubau am Standort der Alten Stadthalle) und die Nachfrage nach Wohnraum stetig hoch ist, soll ein bestehendes und funktionsfähiges Mehrfamilienhaus abgerissen werden. Natürlich ist die Heizung oder auch das fehlende Baurecht (kein B-Plan, kein Siedlungsgebiet im Flächennutzungsplan) ein Problem, welches sich aber lösen lässt. Die Frage, die sich stellt, ist, wie will man die Fläche nutzen und gestalten was ist dafür nötig. Denn auch für eine andere Nutzung, wie zum Beispiel einen P&R-Parkplatz, müsste wahrscheinlich das Baurecht angepasst werden.
Aus Gründen des Klimaschutzes in Verbindung mit den Pariser Klimazielen kann ich dem Abriss nicht zustimmen.
2020 wurde der Jugendclub des ASB in der Alten Post am Bahnhof Finkenkrug dauerhaft geschlossen. Seitdem gibt es keine räumlichen Angebote für Jugendliche aus Finkenkrug. Selbst wenn Interesse bestehen würde, fehlen die Räume. Zur Gestaltung einer solchen Nutzung im alten Bahnhaus sind einige An- und Umbauten am Haus nötig, die auch einiges an Geld kosten werden. Die Aussagen, dass eine öffentliche Nutzung unter keinen Umständen möglich sei, halte ich für nicht zutreffend, da keinerlei Dokumente vorgelegt werden könnten, die das Gegenteil aufzeigen oder zumindest aufzeigen, dass sich fachlich mit dem Gebäude auseinandergesetzt wurde. Mit einem kreativen Planungsbüro ließe sich mit Sicherheit eine passende Lösung entwickeln. Am 27.01.2021 hat die SVV auf Antrag der CDU den Beschluss gefasst, die Bedarfe „für interkulturelle und generationenübergreifende Begegnungsräume in ganz Falkensee mit Vorschlägen für inklusive, barrierefreie, zentreale wie dezentrale Lösungen sowie inhaltliche Angebote und möglichen Standorten“ zu prüfen. Das alte Bahnhaus würde sich für ein solches Angebot als dezentrale Lösung anbieten. Allerdings sollten Planungen in diese Richtung erst unternommen werden, wenn die Trassenplanungen der Bahn zum Projekt i2030 abgeschlossen sind. Dies soll nach aktuellen Aussagen bereits Anfang 2023 der Fall sein. Man muss an dieser Stelle allerdings auch betonen, dass einige Umbauten am Gebäude mit Sicherheit notwendig sind und im Zuge dessen ggf. auch höhere Kosten entstehen können, die den Stadthaushalt belasten.
Damit der Bahnhof in Finkenkrug wieder zu einem wichtigen Teil der Siedlung wird, kann ich dem Abriss nicht zustimmen.

3. Verkehrspolitische Gründe
Zentrales Argument für den Abriss des Alten Bahnhauses ist die provisorische Einrichtung eines weiteren P&R-Parkplatzes am Bahnhof Finkenkrug. Aktuell gibt es nach Aussagen der Stadt als Antwort einer schriftlichen Anfrage unserer Fraktion 128 Stellplätze am Bahnhof Finkenkrug sowie 35 weitere, die aktuell als Ersatz in direkter Nähe zum Penny-Markt errichtet werden. Insgesamt existieren dann also 163 Stellplätze. Eine Bedarfserfassung im Umfeld des Bahnhofs fand bisher nicht statt, man beruft sich auf subjektive Eindrücke vor der Corona-Pandemie und das Ziel, den ruhenden Verkehr (gemäß Verkehrsentwicklungsplan und Parkraumkonzept) aus dem Zentrum nach Finkenkrug und Seegefeld zu verdrängen. Eine Prüfung zum Ausbau des bestehenden P&R, beispielsweise durch ein Parkdeck hat nicht stattgefunden. In der Bürgerbeteiligung zum Parkraumkonzept wurde dies vorgeschlagen und von der Planung darauf verwiesen, dass dies in den Planungen zum Ausbau des P&R geprüft wird. Aus meiner Sicht wird hier der Planung vorgegriffen. Es werden durch den Abriss Tatsachen geschaffen, ohne Alternativen realistisch prüfen zu lassen. Ob die Bedarfe überhaupt bestehen, konnte bisher objektiv nicht geklärt werden. Gerade die Entwicklungen der vergangenen Jahre, verstärkt durch die Corona-Pandemie, deuten darauf hin, dass sich die Arbeitswelt wandelt und Home-Office und Gleitzeit zum Alltag werden. Viele Experten gehen davon aus, dass Erkenntnisse aus der Pandemie erhalten bleiben. Der Pendlerverkehr könnte somit auch in Zukunft auf dem jetzigen Stand bleiben bzw. nur leicht ansteigen. Aktuell ist der P&R nur schwach ausgelastet und ob der Auslastungsdruck wieder eklatant steigen wird, kann aktuell nicht gesagt werden.
Im Rahmen der Bemühungen zum Klimaschutz spielt der Verkehr eine große Rolle. Dieser Sektor ist in Deutschland im Vergleich zu allen anderen (Landwirtschaft -24%, Industrie -34%, Haushalte -34%, Energiewirtschaft -45%) der Einzige, der seit 1990 seine CO2-Emission praktisch nicht reduzieren konnte. (vgl. www.allianz-pro-schiene.de/themen/umwelt/daten-fakten/) Bis 2040 muss nach dem Ziel der Bundesregierung allerdings eine Einsparung von 40 % erfolgen. In 18 Jahren müssen wir also fast die Hälfte der CO2-Emissionen im Verkehrssektor einsparen. Ein reiner Umstieg auf Elektromobilität oder Wasserstoff reicht da wahrscheinlich nicht aus, da der Energiebedarf parallel massiv ansteigt. Effektiv kann dieser Wandel nur erfolgen, wenn wir andere Verkehrsträger stärken. Dies können in diesem Fall das Fahrrad oder der Bus sein. Auch der Ausbau von Gehwegen wäre möglich. Fokussieren möchte ich mich auf den Radverkehr, der praktisch seit der Wende in Falkensee zu wenig Beachtung findet. Notwendig dafür sind eine attraktive Anbindung des Bahnhofs an ein Radverkehrsnetz mit sicheren Radverkehrsanlagen und Straßenquerungen. Radverkehrsanlagen fehlen im Umkreis weitestgehend. Zusätzlich weisen die Kreuzungen Karl-Marx-/Karl-Liebknecht-Straße und Karl-Marx-Straße/Friedrich-Engels-Allee ein hohes Gefahrenpotenzial auf, da geeignete Querungshilfen fehlen. Maßnahmen dazu werden Im RVK definiert, wann eine Umsetzung erfolgt, ist jedoch unklar. Hinzu kommt, dass man sein Fahrrad am Bahnhof nicht sicher abstellen kann. Entweder fehlt eine Überdachung zum Regenschutz, ein geeigneter Fahrradständer, um das Rad sicher am Rahmen abschließen zu können oder eine geeignete Beleuchtung, um auch bei Dunkelheit das Rad nutzen zu können. Dies muss am Bahnhof Finkenkrug dringend angepasst werden.
Ziel der Stadt ist es, den Umstieg auf die Bahn attraktiver zu gestalten, hier ist wohl konkret vom Auto auf die Bahn gemeint. Dazu wird auf die Planung zum Bahnausbau i2030 verwiesen und die Angebote, die ggf. in Finkenkrug entstehen. Die Entscheidung zum Angebot in Finkenkrug steht aktuell noch aus, sodass die Planungen nicht beginnen konnten. Gleichzeitig möchte man der Entscheidung zur Entwicklung des Bahnhofs Finkenkrug vorgreifen und zusätzliche Stellplatzangebote entwickeln. Bisher besteht allerdings keine Klarheit darüber, wie der Haltepunkt Finkenkrug in Zukunft an das SPNV-Netz angebunden sein wird. Im Raum steht ein S-Bahn-Anschluss, ein Regionalbahn-Anschluss oder eine Kombi aus beidem. Anstatt auf den Abschluss der nächsten Planungsphase (nach Aussagen wohl 4. Quartal 2022) zu warten und anhand des Ergebnisses dann Planungen vorzubereiten, soll dem vorgegriffen werden. Ohne Planung und konkreten Anlass oder Druck, da der Parkplatz momentan schwach frequentiert ist, soll ein Grundstück beräumt und provisorisch zum Parken zur Verfügung gestellt werden für Menschen, die dies aktuell gar nicht benötigen.
Wie bereits festgestellt, wird immer wieder das Ziel geäußert, den Pendlerverkehr an die Bahnhöfe Finkenkrug und Seegefeld zu verdrängen, um das Zentrum vom Verkehr zu befreien. Ich befürchte, dass das jedoch die Verkehrsbelastung im gesamtstädtischen Raum dadurch erhöht wird. Finkenkrug ist nur durch drei angemessen ausgebaute Straßen erschlossen, die das gesamte Verkehrsaufkommen tragen müsse. Weder in der Karl-Marx-Straße, noch in der Karl-Liebknecht-Straße oder in der Rudolf-Breitscheid-Straße ist ein nennenswerter Ausbau möglich um die Verkehrslast erhöhen zu können. Sollte Finkenkrug als Pendlerbahnhof attraktiver werden (beispielsweise durch weitere Parkplätze) wird die Anfahrt potenziell auch für Menschen aus Schönwalde oder Dallgow-Döberitz attraktiv, was das MIV-Aufkommen weiter erhöhen würde. Die anliegenden Wohngebiete müssten dann mit diesem erhöhten Verkehrsaufkommen umgehen. Hinzu kommt, dass der aktuelle P&R und der potenziell neue P&R durch eine große Kreuzung voneinander getrennt sind. Um die Auslastung und den Verkehr sinnvoll zu steuern, wäre ein digitales Parkleitsystem nötig. So könnt eine zusätzliche Belastung der Kreuzung durch Suchverkehre verhindert werden. Dies ist aktuell jedoch nicht in Planung.
Darüber hinaus empfinde ich die Idee zu einem P&R Parkplatz an benannter Stelle als äußerst unglücklich. Direkt am Wald ist gerade im Winter dringend eine Beleuchtung notwendig, um für Sicherheit zu sorgen. Diese Beleuchtung wird in der jetzigen Umsetzung als Provisorium wohl nicht umgesetzt. Hinzu kommt, dass man von dem Parkplatz aus, mehr als 200 Meter entlang der Gleise laufen soll und dann noch die Bahn unterqueren muss, um in den Zug nach Berlin zu steigen. Dies erscheint für mich in der Nutzung äußerst unattraktiv, insbesondere für Radfahrende, die hier auch
Abschließend möchte ich noch feststellen, dass ich glaube, dass viele Menschen bereit sind, mit dem Fahrrad zum Bahnhof zu fahren, wenn sich die Bedingungen für Radfahrende verbessern. Doch dafür müssten wir statt weiterer Infrastruktur für den MIV endlich mehr Geld in Radwege, Querungshilfen und Abstellanlagen investieren. Nur wenn wir zeigen, dass man sich gut mit dem Fahrrad in Falkensee bewegen kann, wird das Fahrrad auch zu einer echten Alternative zum Auto. Stattdessen werden Ideen von der autogerechten Stadt aus den 70er Jahren reproduziert und als Mobilitätswende gefeiert, weil man nur noch einen Teil der Strecke mit dem Auto fährt. An der grundsätzlichen Idee, dass alle baulichen Anlagen auf das Auto zugeschnitten sein müssen und das Auto im Mittelpunkt sehen, hat sich nichts geändert.
Aus verkehrspolitischen Gründen kann ich dem Abriss und einer Nutzung der Fläche als Parkraum nicht zustimmen.

Aus meiner Sicht ist die Idee, an dieser Stelle einen Parkplatz zu errichten in keiner Weise nachhaltig. Es entstehen Kosten für den Abriss und die Herstellung der Parkflächen, was wiederum neuen MIV anzieht, sodass die umliegenden Straßen stärker belastet werden und ausgebaut werden müssen, was wiederum Kosten verursacht. Die CO2-Emissionen verursachen auf lange Sicht ebenfalls hohe Kosten, die stetig steigen werden. Im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung hat der Parkplatz wenig Zukunft, sodass in spätestens 5 bis 10 Jahren neue Kosten für den Rückbau entstehen. Aus ökonomischer Sicht ist das Projekt somit nicht nachhaltig.
Zu den ökologischen Auswirkungen habe ich bereits einiges gesagt. Abriss und Versiegelung produzieren Müll und schädigen die Umwelt. Und mit dem neuen Anreiz für Autofahrende steigen die MIV-Zahlen weiter an. Dies führt zu einem steigenden CO2-Ausstoß und mehr Luftschadstoffen. Im Bezug auf bundesdeutsche Zahlen ist das sicher zu vernachlässigen, für die Menschen in der Umgebung ist es jedoch von höherer Bedeutung. Das Argument der Fahrradstellplätze erscheint vorgeschoben, da die bisherigen Stellplätze wenig attraktiv gestaltet wurden und auch näher am Bahnhof Potenzialflächen zur Umsetzung von Fahrradabstellplätzen vorhanden sind. Hinzu kommt, dass das gesamte Fahrradnetz um den Bahnhof bisher praktisch nicht existent ist. Auch aus ökologischer Sicht ist das Projekt somit nicht nachhaltig.
Betracht man die dritte Säule der Nachhaltigkeit, lässt sich nichts Soziales an dem Projekt finden. Ein Parkplatz schafft keinen Kontakt oder Situationen des Austausches. Einen Großteil des Tages wird die Fläche nicht belebt, sondern liegt brach. Statt den Bestand zu nutzen und kreativ Lösungen zu schaffen, um Orte des Austausches und der Begegnung oder der sozialen Hilfe zu schaffen, wird lieber abgerissen.
Aus den genannten Gründen setze ich mich dafür ein, dass vor einem möglichen Abriss die Planungen zu i2030 vorliegen und im Anschluss eine ordentliche Planung beauftragt wird, die eine umfangreiche Bürger*innenbeteiligung beinhaltet. Alles andere wäre vorschnell und nicht durchdacht.

Abschließend lohnt ein Blick in die verschiedenen Konzepte und Planwerke der Stadt Falkensee:
Im INSEK heißt es unter Z4: Aufwertung Bahnhöfe/Haltepunkte/Bushaltestellen inkl. barrierefreie Erschließung, Überdachung und Ausstattung sowie Möblierung von Wartebereichen
Die Nutzung und das Image von Verkehrsmitteln wie Fahrrad, Bus und Bahn werden durch qualitative Aspekte an den jeweiligen Zugangsstellen gesteigert. Zielsetzung der Stadt ist es, dass diese Verkehrsarten stärker genutzt werden. Gleichzeitig sind diese Gebäude und Nutzungen im öffentlichen Raum sichtbar. Deren Gestaltung und Zustand hat eine direkte prägende Wirkung auf die Wahrnehmung der Stadt.
Im Verkehrsentwicklungsplan (VEP) von 2018 werden im Umkreis zum Bahnhof Finkenkrug große Lücken im Radwegenetz festgestellt. Dazu wird zwei entscheidenden Kreuzungen (Karl-Marx-/Karl-Liebknecht-Straße und Karl-Marx-Straße/Friedrich-Engels-Allee) eine unklare Verkehrsführung konstatiert, die in beiden Fällen ein hohes Gefahrenpotenzial aufweisen. Hinzu kommt, dass die Bike-and-Ride-Anlagen ausgebaut werden sollten. Keinem dieser Punkte ist die Stadt bisher in ausreichender Weise nachgekommen, um die Situation für Radfahrende nennenswert zu verbessern. Für den MIV wird festgestellt, dass Park & Ride-Anlagen ausgebaut werden sollen, um den Wechsel vom MIV zum ÖPNV zu erleichtern. Gleichzeitig werden auch Bike-and-Ride-Anlagen im selben Punkt genannt. Außerdem wird das Ziel formuliert neue Gebiete vorrangig durch den Umweltverbund zu erschließen. Zum Kfz-Verkehr heißt es noch: Verringerung der Durchgangsverkehre, Stadt der kurzen Wege. Im Maßnahmenkonzept steht dann zuvorderst "Um langfristig ein leistungsfähiges Straßennetz zu gewährleisten und um den Belangen des verkehrlichen Immissionsschutzes Rechnung zu tragen, sind Strategien zur Reduzierung von Fahrtenanzahl und Fahrtenlänge des Kfz-Verkehrs unumgänglich." Dies ist die Kernprämisse des VEP. In den Maßnahmen wird die Ausstattung von Bushaltestellen mit Fahrradabstellanlagen vorgeschlagen, um die Einzugsbereiche zu erweitern. Hier wurden von der Stadt bisher keine Vorschläge unterbreitet. Zum Parkraummanagement wurde eine Bewirtschaftung der Stellflächen vorgeschlagen, um Kfz-Verkehre zu reduzieren bzw. auf andere Verkehrsträger zu verlagern. Zusätzlich wird ein Park-Leitsystem vorgeschlagen, um den Verkehr besser zu verteilen. In Finkenkrug wird eine Untersuchung und ggf. Erweiterung des P&R empfohlen und mit mittlerer Priorität versehen.
In Parkraumkonzept (PRK) wurde ausschließlich der Verkehr rund um den Bahnhof Falkensee genauer betrachtet. In der Strategie werden dann drei Ansätze skizziert, um den innerstädtischen Verkehr zu bändigen: Verlagern (nach Finkenkrug uns Seegefeld mit gleichzeitigem Ausbau der Radabstellanlagen), Ordnen (Umorganisation von Parkraum und Bewirtschaftung), Anpassen (Erweiterung der Abstellanlagen), die zusammen umgesetzt werden sollen. Die Erweiterung des P&R in Finkenkrug ist erst in der dritten Stufe vorgesehen. Alle Maßnahmen aus Stufe eins und zwei sollten dementsprechend zum Gelingen des Konzeptes davor umgesetzt werden.
Das Radverkehrskonzept (RVK) stellt fest: „Durch Covid-19 hat sich im ersten Halbjahr 2020 viel verändert. Unter anderem auch das Mobilitätsverhalten. Der Radverkehr erlebt einen unerwarteten Boom, sodass Sätze aus der Fahrradbranche, wie „50 Prozent und mehr als im Vorjahr“ oder „bester Monat aller Zeiten“ keine Seltenheit sind. Das Radfahren findet immer mehr Anhänger. Ziel ist es nun, eine geeignete, nachhaltige und vor allem sichere Infrastruktur zu schaffen, um den Trend weiterhin zu unterstützen und das Radfahren attraktiver zu gestalten.“ Ein relevanter Zielort des Radverkehrs ist laut RVK der Bahnhof Finkenkrug, der auch im Netzkonzept im Mittelpunkt Westfalkensees steht und mehrere Radrouten bündelt. Zum Bahnhofsbereich heißt es in der Öffentlichkeitsbeteiligung „Die Einrichtung von Querungshilfen am Knotenpunkt Karl-Marx-Straße / Karl-Liebknecht-Straße wird begrüßt.“ Unter Stadtplanerische Werkzeuge wird die Verknüpfung von ÖPNV-Zugangspunkten mit Subzentren beschrieben: „Sie [Subzentren] können sinnvoll mit Mobilitätsstationen kombiniert werden, die Sharing-Angebote sowohl für Kfz und Fahrräder, evtl. auch Scooter, bereithalten. Sie sind sinnvoll mit ÖPNV-Zugangspunkten zu kombinieren, dabei ist auf kurze Wege zwischen Subzentrum und ÖPNV zu achten, ebenso wie auf eine ansprechende und fahrradfreundliche Gestaltung.“ In der Maßnahmenliste werden zwei Querungshilfen am Bahnhof Finkenkrug vorgeschlagen, die bisher nicht umgesetzt wurden.

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