27/10/2016, 04:22
Pet 2-18-02-1101-023335
Deutscher Bundestag
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 20.10.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass alle Ausschusssitzungen im Deutschen
Bundestag öffentlich zugänglich sind und über das Parlamentsfernsehen live
übertragen werden.
Zur Begründung wird ausgeführt, es dürfe auch im parlamentarischen Bereich keine
Geheimniskrämerei geben. Demokratie solle im Lichte der Öffentlichkeit stattfinden.
Es sei schon schlimm genug, dass das Freihandelsabkommen TTIP geheim
verhandelt werde, obwohl es die Interessen aller Bürger betreffen werde. Angesichts
dessen werde deutlich, dass die deutsche Bevölkerung ein Recht darauf habe, freien
Zugang zu den Ausschusssitzungen zu erhalten.
Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 170 Mitzeichnungen sowie 12 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat die Eingabe unter Zugrundelegung der relevanten
Sachzusammenhänge geprüft. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt
sich wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass die Beratungen der Ausschüsse des
Deutschen Bundestages nach § 69 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages (GO-BT) grundsätzlich nicht öffentlich sind. Öffentliche
Sitzungen der Ausschüsse können nur dann stattfinden, wenn die Zulassung der
Öffentlichkeit gesondert beschlossen werde (§ 69 Abs. 1 Satz 2 GO-BT).
In der 18. Wahlperiode haben die Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag
einen Antrag eingebracht (Bundestags-Drucksache 18/3045) mit dem das Ziel
verfolgt wird, dass bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis der
Nichtöffentlichkeit/Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen umzukehren. Damit soll
dem demokratischen Öffentlichkeitsprinzip hinreichend Geltung verschafft werden.
Ziel des Antrages ist es insbesondere, dass § 69 GO-BT so zu fassen, dass die
Beratungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestages künftig grundsätzlich
öffentlich sind. Nur in Ausnahmefällen soll ein Ausschuss die Öffentlichkeit
ausschließen können. Öffentliche Sitzungen der Ausschüsse sollen zudem als
Echtzeitübertragungen im Internet verbreitet werden.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages hat den Antrag auf Drucksache 18/3045 nach Durchführung einer
öffentlichen Anhörung in seiner 26. Sitzung am 17. März 2016 abschließend beraten
und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung des Antrages
empfohlen. In der Begründung der Beschlussempfehlung und des Berichtes des
Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf Bundestags-
Drucksache 18/8299 ist hierzu Folgendes festgehalten:
"Die Fraktion der CDU/CSU hebt hervor, dass kein verfassungsrechtliches Gebot
bestehe, die Ausschussöffentlichkeit in der Geschäftsordnung des Bundestages zum
Regelfall zu machen. Im Grundgesetz sei lediglich festgelegt, dass das Plenum des
Bundestages stets öffentlich entscheide. Dieses betreffe jedoch nicht die
Ausschüsse. Ebenso folge aus dem Gesichtspunkt der Transparenz nicht, dass
Ausschusssitzungen im Regelfall öffentlich sein müssten. So kenne das Grundgesetz
beispielsweise den Begriff der Transparenz nicht. Schon nach der geltenden
Rechtslage sei es möglich, Anhörungen und einzelne Ausschusssitzungen öffentlich
durchzuführen. Zudem werde die Öffentlichkeit über die Arbeit im Parlament in ganz
verschiedenen Formaten und Medien bereits jetzt umfänglich unterrichtet. Der
Schluss, dass die Öffentlichkeit einer Ausschusssitzung deren Qualität und die
Ergebnisse automatisch verbessere, sei falsch. Richtig sei häufig das Gegenteil, da
sich bei einer zu weitgehenden Öffentlichkeit und Transparenz von
Ausschusssitzungen die tatsächliche Entscheidungsfindung in andere Bereiche
verschiebe, die der Öffentlichkeit entzogen seien. Insoweit sei das derzeitige Regel-
Ausnahme-Verhältnis für die Nichtöffentlichkeit/Öffentlichkeit von
Ausschusssitzungen ein ausgewogenes System, das eine hinreichende Transparenz
ermögliche und an dem festzuhalten sei.
Die Fraktion der SPD befürwortet ebenfalls die Beibehaltung der derzeitigen
Regelungen in der Geschäftsordnung des Bundestages zur
Nichtöffentlichkeit/Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen, auch wenn sie
grundsätzlich den Wunsch nach mehr Transparenz, mehr öffentlichen
Ausschusssitzungen und der Einführung von Livestreams teilt. Hierfür sei aber keine
Umkehrung der derzeitigen Regelung in der Geschäftsordnung notwendig.
Die Fraktion DIE LINKE. betont, dass die Ausschussöffentlichkeit einen Eckpfeiler für
die Transparenz parlamentarischer Prozesse darstelle. Sie diene dazu, Bürgerinnen
und Bürgern zu ermöglichen, ihr Interesse an dem Zustandekommen von
Entscheidungen im Bundestag zu befriedigen. Die regelmäßige Öffentlichkeit von
Ausschusssitzungen wäre eine Möglichkeit, die Bürgerinnen und Bürger über
bestimmte Themen authentisch zu informieren, was sicherstelle, dass die
Deutungshoheit über diese Themen in der öffentlichen Auseinandersetzung beim
Parlament liege. Ziel des Antrags sei es, die Umkehrung des bestehenden Regel-
Ausnahme-Verhältnisses zwischen Nichtöffentlichkeit und Öffentlichkeit von
Ausschusssitzungen in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu
erreichen. Insoweit solle künftig die Nichtöffentlichkeit von Ausschusssitzungen
besonders begründet werden und der Grundsatz gelten, dass Ausschusssitzungen
öffentlich seien. Die grundsätzliche Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen sei – wie
sich auch aus der Anhörung ergeben habe – verfassungsrechtlich nicht
problematisch. Auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts seien öffentliches Verhandeln von Argumenten und
Gegenargumenten sowie die öffentliche Debatte wesentliche Elemente der
parlamentarischen Demokratie. Für den Grundsatz der Öffentlichkeit spreche
weiterhin, dass es in einzelnen Landtagen, in anderen europäischen Ländern sowie
auf der EU-Ebene durchaus Vorbilder gebe und politische Entscheidungsprozesse
nicht erschwert worden seien. Dem Erfordernis der Vertraulichkeit einzelner
Ausschussberatungen könne damit Rechnung getragen werden, dass künftig
weiterhin die Möglichkeit bestehe, eine nichtöffentliche Ausschusssitzung zu
beschließen und durchzuführen. Im Ergebnis sei die Nichtöffentlichkeit nicht
ausgeschlossen, es gehe lediglich um die Umkehrung des bestehenden Regel-
Ausnahme-Verhältnisses in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Im
Übrigen könne auch erwogen werden, die im Regelfall öffentliche Ausschusssitzung
zunächst als befristetes Pilotprojekt mit Evaluierung einzuführen und erst in der
Geschäftsordnung der nächsten Legislaturperiode die Ausschussöffentlichkeit
endgültig zu verankern.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht sich ebenfalls dafür aus, das
bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis hinsichtlich der Nichtöffentlichkeit/
Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen umzukehren. Künftig solle deshalb die
öffentliche Ausschusssitzung der Regelfall sein. Es bestehe kein Grund, der
Öffentlichkeit Ausschusssitzungen vorzuenthalten. Hierdurch würden die
Funktionsfähigkeit der Ausschussarbeit und die Arbeitsfähigkeit des Bundestages
nicht beeinträchtigt. Im Übrigen habe der Bundestag mit öffentlichen
Ausschusssitzungen schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. So
hätten einzelne Ausschüsse (Ausschuss für Kultur und Medien, Sportausschuss,
Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement) regelmäßig öffentlich getagt und
nicht nur im Ausnahmefall."
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/3045 in seiner
Plenarsitzung am 9. Juni 2016 abgelehnt. Vor dem dargelegten Hintergrund kann der
Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht stellen, im Sinne des vorgetragenen
Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen.
Der abweichenden Antrag der Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis
zu geben, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Begründung (PDF)