Grundgesetz - Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
746 Unterstützende 746 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

746 Unterstützende 746 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2017
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.12.2018, 03:26

Pet 4-18-07-10000-038933 Grundgesetz

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.11.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen wor-
den ist.

Begründung

Mit der Petition wird eine Änderung von Artikel 16 Grundgesetz in der Form gefordert,
dass die Regelungen zum Erhalt der doppelten Staatsbürgerschaft vereinfacht und
gelockert werden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass es in binationalen Familien
Bindungen an das Herkunftsland und an das Land des Ehepartners gebe. Um die
Integration in beiden Ländern zu erleichtern, sei es sinnvoll, die doppelte
Staatsbürgerschaft unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen. Die Aufgabe
der bisherigen Staatsbürgerschaft sei dagegen mit einer Desintegration verbunden
und dürfe nur freiwillig erfolgen. Außerdem gebe es nach der geltenden Rechtslage
unterschiedliche Hürden für die Einbürgerung, die vom Herkunftsland abhängen
würden. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Artikel 3 des
Grundgesetzes. Des Weiteren sei zu beachten, dass Deutsche teilweise die deutsche
Staatsangehörigkeit durch die Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit verlören,
ohne dass ihnen dies bewusst sei. Ein solcher Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit dürfe nicht weiter möglich sein bzw. müssten Betroffene ihre
Staatsangehörigkeit problemlos wiedererhalten können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die Eingabe
verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 747 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 41 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Thematik darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:

Die Grundrechte gewähren klassische Abwehrrechte gegen den Staat. Art. 16 Abs. 1
Grundgesetz (GG) stellt eine Reaktion auf die willkürliche Entziehung der
Staatsangehörigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus dar und soll zudem
Staatenlosigkeit von Menschen verhindern. Art. 16 Abs. 2 GG schützt Bürger davor,
„gegen ihren Willen aus der ihnen vertrauten Rechtsordnung entfernt (zu) werden"
(BVerfGE 113, 273, 293). Wie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben wird,
entscheidet sich nicht auf der Ebene der Verfassung, sondern wird durch das einfache
Gesetzesrecht bestimmt. Die gesetzlichen Erwerbstatbestände müssen allerdings der
objektiven Wertentscheidung des Art. 16 Abs. 1 GG gerecht werden, d. h. sie müssen
die Eigenart der Staatsangehörigkeit berücksichtigen, was eine nähere Beziehung
zwischen dem betroffenen Bürger und dem deutschen Staat voraussetzt.

Soweit der Petent anregt, das Grundgesetz solle ausdrücklich zulassen, neben der
deutschen Staatsangehörigkeit weitere Staatsangehörigkeiten zu haben, ist zu
berücksichtigen, dass das Grundgesetz schon in seiner jetzigen Fassung dem Erwerb
einer weiteren Staatsangehörigkeit neben der deutschen nicht entgegensteht (vgl.
BVerfGE 37, 217, 256 ff.). Insoweit wird dem Anliegen des Petenten bereits durch die
geltende Rechtslage entsprochen.

Die Verfassung ließe es allerdings auch zu, dass sich der einfache Gesetzgeber gegen
eine uneingeschränkte Hinnahme von Mehrstaatigkeit entscheidet (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 8. Dezember 2006 - 2 BvR 1339/06 - unter Hinweis auf BVerfGE 37,
257).

Ein verfassungsrechtlicher Schutz vor dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
bei Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit wird in begrenztem Umfang bereits
durch Art. 16 Abs. 1 GG vermittelt. Eine Entziehung ist nach Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG
ausnahmslos verboten. Eine solche „Beeinträchtigung der Verlässlichkeit und
Gleichheit des Zugehörigkeitsstatus" liegt insbesondere in jeder Verlustzufügung, die
der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann (vgl. BVerfGE
116, 24, 44). Auch insoweit wird dem Anliegen des Petenten bereits durch die geltende
Rechtslage entsprochen.
Im Gegensatz dazu kann ein sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit nach Art. 16
Abs. 1 S. 2 GG grundsätzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE
135, 48, 59). Nach diesen Maßstäben ist die gesetzliche Regelung des § 25
Abs. 1 S. 1 StAG, die den Verlust der Staatsangehörigkeit an den freiwilligen,
antragsgemäßen Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit knüpft,
verfassungsrechtlich grundsätzlich bedenkenfrei (BVerfG, Beschluss vom
8. Dezember 2006 – 2 BvR 1339/06). Die sich dabei nach einfachem Recht unter
Umständen ergebende Notwendigkeit, eine Entscheidung zwischen der deutschen
und der ausländischen Staatsangehörigkeit zu treffen, ist nach der Rechtsprechung
des BVerfG auch nicht per se unzumutbar.

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wegen des Erwerbs einer
ausländischen stellt aber dann eine verfassungsrechtlich unzulässige Entziehung der
deutschen Staatsangehörigkeit dar, wenn dem Betreffenden der Besitz der deutschen
Staatsangehörigkeit nicht bekannt war und auch nicht hätte bekannt sein müssen.

Die Koalitionsfraktionen der 19. Wahlperiode haben vereinbart, einen neuen
Verlusttatbestand in das Staatsangehörigkeitsgesetz einzufügen, wonach Deutsche,
die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, die deutsche Staatsangehörigkeit
verlieren können, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer
Terrormilz im Ausland nachgewiesen werden kann. Eine Änderung von Art. 16 GG,
wie mit der Petition gefordert, ist nach Auffassung des Petitionsausschusses nicht
angezeigt.

Der Ausschuss vermag die Eingabe daher nicht über das Dargelegte hinaus zu
unterstützen. Deshalb empfiehlt der Ausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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