Region: Germany

Hilfe für Behinderte - Ergänzung des § 3 der Schwerbehindertenausweisverordnung

Petitioner not public
Petition is directed to
Deutschen Bundestag
283 supporters 283 in Germany

Petition process is finished

283 supporters 283 in Germany

Petition process is finished

  1. Launched 2012
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08/29/2017, 16:55

Pet 3-17-11-2171-039120Hilfe für Behinderte
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.06.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales – als Material zu überweisen, soweit es um die Verbesserung der
Situation und die Inklusion der taubblinden Menschen geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass im Rahmen des SGB IX in die
Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) § 3 das Merkzeichen "Tbl" für
taubblinde/hörsehbehinderte Menschen aufgenommen und im SGB IX Teil 1 Kapitel
7 Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft das Recht auf
umfassende"Assistenz" für taubblinde/hörsehbehinderte Menschen festgeschrieben
wird.
Der Petent erinnert daran, dass die Bundesrepublik Deutschland die UN-
Behindertenrechtskonvention im März 2009 ratifiziert habe und damit eine
verbindliche Rechtsgrundlage für die Rechte behinderter Menschen vorhanden sei.
Zu seinem speziellen Anliegen führt er aus, dass Taubblindheit keine Behinderung
sei, die sich erst aus der Addition von Blindheit und Gehörlosigkeit ergebe, sondern
schon eintrete, wenn der eine Fernsinn nicht durch den anderen Fernsinn
kompensiert werden könne, z. B. bei Gehörlosigkeit in Verbindung mit
Sehbehinderung oder Blindheit in Verbindung mit Hörbehinderung. Da diese beiden
Sinne unabdingbar für eine gelingende Kommunikation seien, sei es nicht
ausreichend, wenn im Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen „Bl“ und „Gl“
nebeneinander stünden. Ein eigenes Merkzeichen „Tbl“ sei unverzichtbar.
Die meisten Dinge könnten von den Menschen mit der Doppelbehinderung nicht
ohne spezifische Hilfen und/oder Assistenz bewältigt werden. Auch seien präventive
Maßnahmen erforderlich, um rechtzeitig Kommunikationstechniken und den Umgang
mit Hilfsmitteln zu erlernen und damit schon im Vorfeld Isolation zu vermeiden. Daher

sollten Leistungen zur Teilhabe nach § 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)
ausdrücklich auch für von Taubblindheit bedrohte Menschen zur Verfügung stehen.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 21 Diskussionsbeiträge
und 285 Mitzeichnungen eingegangen.
Der Petitionsausschuss hat im Rahmen der parlamentarischen Prüfung eine
Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt.
Unter Berücksichtigung der Stellungnahme sieht das Ergebnis der parlamentarischen
Prüfung folgendermaßen aus:
Die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind seit langem im Neunten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen)
verankert. Der Petitionsausschuss weist hier im Zusammenhang mit den in der
Petition hervorgehobenen taubblinden Menschen auf die §§ 55 ff. SGB IX,
besonders aber auf den § 57 SGB IX hin, wo es heißt: „ Bedürfen hörbehinderte oder
behinderte Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit
aufgrund ihrer Behinderung zur Verständigung mit der Umwelt aus besonderem
Anlass der Hilfe Anderer, werden ihnen die erforderlichen Hilfen zur Verfügung
gestellt oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet.“ Auf diese gesetzliche
Regelung können sich taubblinde Menschen schon abstützen.
Die vom Petenten angesprochene UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, die
seit März 2009 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich ist, will sicherstellen,
dass Menschen mit Behinderungen den gleichen menschenrechtlichen Schutz
erhalten wie Menschen ohne Behinderungen. Sie schafft also keine Sonderrechte,
sondern konkretisiert die universellen Menschenrechte für die Bedürfnisse und
Lebenslagen behinderter Menschen. Das Ziel ist dabei die inklusive Gesellschaft, in
der Menschen mit und ohne Behinderungen von Anfang an gemeinsam in allen
Lebensbereichen selbstbestimmt leben und zusammenleben. Dies ist ein ganz neuer
Akzent hinsichtlich der Teilhabe der behinderten Menschen und wird die schon
bestehenden Rechte, wie sie im SGB IX niedergelegt sind, transformieren. Dieser
Transformationsprozess stützt sich vor allem auf den von der Bundesregierung
erarbeiteten Nationalen Aktionsplan (NAP) und hat in vielen Bereichen bereits
begonnen. Auch bei der Situation der taubblinden Menschen geht es darum, wie ihre
Situation im Sinne der UN-Konvention und damit im Sinne der Inklusion konkret
verbessert werden kann. Das BMAS geht nach eigener Aussage davon aus, dass
das Vorliegen sowohl einer Hör- als auch einer Sehbehinderung die damit befassten
Leistungsträger nicht grundsätzlich vor eine besonders schwierige Herausforderung

stellt, da viele behinderte Menschen mehr als eine Behinderung haben. Die Situation
und die daraus abzuleitenden Herausforderungen sind also nicht ganz unvertraut. Da
die Lage der taubblinden Menschen wegen der Beeinträchtigung der Fernsinne
jedoch eine ganz besondere ist, hat das BMAS Gespräche mit den Ländern
aufgenommen, die für die Durchführung des Schwerbehindertenrechts zuständig
sind, um zu erörtern, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden
besser für die Belange taubblinder Menschen sensibilisiert werden können.
Der Petitionsausschuss begrüßt es ausdrücklich, dass das BMAS darüber hinaus im
März 2012 gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange
behinderter Menschen und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband mehrere von
Taubblindheit betroffene Menschen, Angehörige von solchen und Verbände zu
einem Fachgespräch eingeladen hat, um Informationen aus erster Hand zu
gewinnen. Dabei wurde deutlich, welche Herausforderungen Menschen zu meistern
haben, die sowohl seh- als auch hörbehindert sind und die deshalb Einschränkungen
bei der Nutzung des einen Sinns nicht oder nur teilweise durch die Nutzung des
anderen Sinns kompensieren können. Das Gespräch zeigte aber auch die schon
erbrachte verantwortungsbewusste Arbeit der Leistungsträger, besonders der
Integrationsämter und der Träger der Eingliederungshilfe. Die Betroffenen sprachen
jedoch auch an, dass nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den zuständigen
Behörden mit der Situation der taubblinden Menschen genug vertraut seien, um
angemessen damit umgehen zu können. Daraufhin wurden die oben genannten
Gespräche mit den Ländern aufgenommen.
Hinsichtlich einer umfassenden Assistenz für taubblinde Menschen, die der Petent
ebenfalls anspricht, weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass vom Ministerium
für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ein
wissenschaftliches Gutachten zur Lebenslage taubblinder und hörgeschädigter
Menschen in Auftrag gegeben wurde, dessen Schlussbericht Mitte 2013 vorliegen
soll. Das Ergebnis der Untersuchung wird die Bundesregierung als Grundlage für die
weiteren Schritte nehmen. Dabei wird es nach Ansicht des Petitionsausschusses
auch um die Ausbildung und Verfügbarkeit von Assistentinnen und Assistenten für
taubblinde Menschen gehen müssen. Dass mehr qualifizierte
Taubblindenassistentinnen und -assistenten gebraucht werden, liegt auf der Hand.
Auch die Frage eines eigenen Merkzeichens für taubblinde Menschen im
Schwerbehindertenausweis wird nach Vorliegen der Ergebnisse der Studie geprüft
werden. Dabei wird zu beachten sein, ob und inwieweit ein eigenes Merkzeichen

„Tbl“ die Situation der betroffenen Menschen tatsächlich verbessern könnte. Das
bisher geltende Recht lässt ja bereits die Kombination der Merkzeichen „Bl“ (blind)
und „Gl“ (gehörlos) zu, die auch aussagefähig ist.
Der Petitionsausschuss unterstützt die vorliegende Petition und hält es für
angebracht, dass die darin vorgetragenen Anliegen in die weiteren Überlegungen
und Planungen der Bundesregierung zur Verbesserung der Situation der taubblinden
Menschen einfließen können. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition
der Bundesregierung – dem BMAS – als Material zu überweisen, soweit es um die
Verbesserung der Situation und die Inklusion der taubblinden Menschen geht, und
das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung (PDF)


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