09/07/2020, 22:38
Liebe UnterstützerInnen,
es ist beschämend: seit März mahnen wir dringend nötige Nachbesserungen bei den Hilfsmaßnahmen an, und trotzdem ist keine Besserung in Sicht. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es nicht am Können scheitert, sondern am erklärten Willen, wirklich paßgenau nachzusteuern. Diesen Eindruck teilen zahlreiche Verbände, etliche Oppositionspolitiker, ja sogar vereinzelte kritische Stimmen aus den Koalitionsparteien. Aber die Minister Scholz, Altmaier, Grütters etc. erweisen sich nicht nur als beratungsresistent, sondern auch als nahezu unzugänglich, wenn es um direkten Austausch und persönliche Gespräche geht. Ein beredtes Beispiel gab unlängst Wirtschaftsminister Altmaier in einer sehenswerten ZDF-Doku, in der er gruß- und blicklos in den Aufzug flüchtete: www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-alleingelassen-in-der-krise-100.html
Umso wichtiger ist daher dieser Termin: am 09.09.2020 findet in Berlin die Demonstration #AlarmstufeRot statt! Zahlreiche Initiativen und Verbände der Veranstaltungswirtschaft haben sich zusammengeschlossen, um auf den drohenden Kollaps der gesamten Branche aufmerksam zu machen. Ich weiß, daß nicht alle Selbstständigen und Freiberufler sich der Veranstaltungswirtschaft zuordnen, bin jedoch sicher: wenn die Forderungen dieses breiten Bündnisses in die politischen Entscheidungen einflössen, wäre dies auch hilfreich für alle weiteren Betroffenen. Deshalb mein Aufruf: kommt am Mittwoch nach Berlin! Mehr Infos auf www.alarmstuferot.org
Nun zur Petition, um die es in den letzten Wochen etwas stiller war. Nach der Übergabe am Bundeswirtschaftsministerium erhielt ich eine längere Mail vom Referat Bürgerdialog im BMWi. Leider fiel diese aus wie erwartet: freundlich im Ton, unverbindlich in der Sache. Peter Altmaier wurden die Unterschriften und Anliegen vorgelegt. Mir wurde mitgeteilt, er sei sich der ernsten Lage bewußt, die Kultur- und Kreativwirtschaft sei bei den Hilfen von besonderer Bedeutung. Mit dem Verweis auf Rettungsschirm, Sofort- und Überbrückungshilfen sowie die „erweiterte Grundsicherung für die Kosten der privaten Lebensführung“, die „gerade auch für die Bedürfnisse von Solo-Selbstständigen eingeführt“ worden sei, erklärte man die Maßnahmen erneut für ausreichend. Auch das Kurzarbeitergeld wurde erwähnt, dieses sei „eine Versicherungsleistung der Arbeitslosenversicherung, die im Wesentlichen durch die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird“ – daß dieses Argument spätestens mit Ausdehnung der Kurzarbeitergeld-Regelung bis Ende 2021 obsolet geworden sein dürfte, ist nur ein weiterer trauriger Beleg für die gesellschaftliche Spaltung, die in den letzten Monaten hinsichtlich des Flickenteppichs der finanziellen Maßnahmen betrieben wurde. Erinnert sei nur an Kulturstaatsministerin Grütters, die nicht müde wurde, ihre immer wieder erwähnten (und selbstverständlich ebenso unterstützenswerten!) „Fußpfleger, Hausmeister“ usw. gegen eine angeblich geforderte Sonderrolle der Kulturschaffenden ins Feld zu führen und damit verschiedenste Branchen gegeneinander auszuspielen, die jedoch gerade hinter dieser Petition miteinander solidarisch waren.
Fakt ist: wir haben mit der Petition für enorme Aufmerksamkeit gesorgt. 290000 Betroffene aus unterschiedlichsten Berufen standen zusammen. Uns allen war von Anfang an klar, wie weitreichend die Folgen der staatlich verordneten Berufsverbote und der damit verbundenen enormen wirtschaftlichen Nöte sind. Wir haben nach vielen Anläufen Wahrnehmung bis in höchste Ebenen erreicht (BMWi, Kulturausschuß des Bundestages, Solidaritätserklärungen zahlreicher MdBs). Und ich danke Euch allen für alles Mittun und Eure enorme Unterstützung!
Dennoch bleibt am Ende nur die schriftliche „Beruhigungspille“: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und die gesamte Bundesregierung arbeiten mit Hochdruck daran, die Auswirkungen der Pandemie auf unsere Volkswirtschaft so gering wie möglich zu halten.“
Deshalb sei J.W.Goethe bemüht: „Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich auch endlich Taten sehn; indes ihr Komplimente drechselt, kann etwas nützliches geschehn.“
Nützliches sehnen wir alle herbei, denn von Komplimenten, seien sie noch so wohlmeinend, können wir nicht (über)leben!
Derweil können zumindest unsere Taten greifbar werden:
Bei der Großdemonstration der Veranstaltungswirtschaft #AlarmstufeRot in Berlin;
Mithilfe der Bundestagspetition 111001, die das Quorum erreicht und damit garantiert und hoffentlich zeitnah ihre öffentliche Anhörung hat;
Die Bundestagsabgeordneten, die in ihre neue Sitzungsperiode starten, freuen sich über freundlich-bestimmte Zuschriften, die ihnen verdeutlichen, daß noch immer eine ganze Branche unmittelbar vor dem Kollaps steht!
Bleibt mir noch zu wiederholen: gemeinsam weiter dranbleiben! Ich weiß, daß es nach nunmehr 6 Monaten schwer ist, aber bleibt dennoch präsent und kreativ, bringt Euch ein – und seid gesegnet und bleibt weiterhin zuversichtlich!
Euer David Erler