Schuldrecht - Schriftform bei Verträgen und deren Modifikation

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
70 Unterstützende 70 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

70 Unterstützende 70 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

20.07.2016, 04:22

Pet 4-18-07-401-022750Schuldrecht

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und

beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden

konnte.

Begründung

Der Petent fordert, das Vertragsrecht dahingehend zu reformieren, dass Verträge und

Modifikation grundsätzlich der Schriftform bedürfen.

Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dass andernfalls Unternehmen

die Möglichkeit hätten, Verträge zu fingieren, indem sie behaupten, es habe ein

Gespräch gegeben und Unternehmensmitarbeiter als Zeugen für dieses Gespräch

benennen. Verbraucher könnten sich dagegen nicht wehren, da ihnen keine Zeugen

zur Verfügung ständen. Das gelte insbesondere auch für Telefonate, deren Mitschnitt

verboten sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten

Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen

Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 70 Mitzeichnern unterstützt,

und es gingen 24 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung

zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich

unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt

zusammenfassen:

Das Gesetz ordnet eine besondere Form nur dort an, wo dies aus besonderen

Gründen geboten ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn Dritte über den Inhalt des Geschäfts

informiert werden sollen, z. B. bei Mietverträgen mit einer Laufzeit über einem Jahr

(§ 550 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB): bei einer Veräußerung des



Grundstücks soll der Vertrag dem Erwerber, der gemäß § 566 Absatz 1 BGB in die

Rechte und Pflichten des Vermieters eintritt, sicheren Aufschluss über den Inhalt des

Mietvertrages geben können.

Formvorschriften existieren auch, um vor einem unüberlegten oder übereilten

Abschluss eines Rechtsgeschäfts zu schützen, so z. B. bei der Schenkung (§ 518

Absatz 1 BGB), dem Leibrentenversprechen (§ 761 Satz 1 BGB), der Bürgschaft

(§ 766 Satz 2 BGB) sowie dem Schuldversprechen (§ 780 Satz 1 BGB) und dem

Schuldanerkenntnis (§ 781 Satz 1 BGB).

Über die bloße Warnung hinaus dienen Formerfordernisse wie die notarielle

Beurkundung (§ 128 BGB) der Sicherstellung, dass der Erklärende über die Tragweite

des Rechtsgeschäfts ausreichend beraten und belehrt wurde. Dies gilt z. B. für den

Grundstückskauf (§ 311b Absatz 1 Satz 1 BGB), für Eheverträge (§ 1410 BGB) oder

für Erbverträgen (§ 2276 BGB).

Im Übrigen bedürfen Rechtsgeschäfte grundsätzlich keiner Form. Dies dient nicht nur

den Bedürfnissen des Wirtschaftsverkehrs, sondern erleichtert auch für Verbraucher

die Teilnahme am Rechtsverkehr. So haben z. B. ältere Leute, die in ihrer Mobilität

eingeschränkt sind und über keinen Internetanschluss verfügen, die Möglichkeit,

Verträge über das Telefon abzuschließen.

Ein Schriftformerfordernis schließt weder Irrtümer noch Mehrdeutigkeit der

Formulierungen aus, sodass sich Streit über den Inhalt des Vertrages dadurch nicht

per se vermeiden lässt. Die Erfahrungen mit Schriftformerfordernissen in anderen

Rechtsordnungen zeigen zudem, dass bei Geschäften des täglichen Lebens die Form

in der Regel nicht eingehalten wird. Hat sich eine derartige Verkehrsgewohnheit

eingebürgert, so führt sie dazu, dass die redliche Partei in Missbrauchsfällen ohne

rechtlichen Schutz ist, weil kein gültiger Vertrag vorliegt.

Zur Beweislage gilt Folgendes: Wer sich auf den Abschluss eines Vertrages beruft,

muss dessen Existenz beweisen. Bei schriftlichen Verträgen kann dies durch

Vorlegung der Urkunde geschehen (§§ 416, 420 der Zivilprozessordnung – ZPO), bei

mündlichen Verträgen u. a. durch Zeugenbeweis. Das Gericht entscheidet über die

Beweiswürdigung gemäß § 286 Absatz 1 ZPO nach freier Überzeugung. Dabei muss

es unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Verhandlungen und des

Ergebnisses der Beweisaufnahme von der Wahrheit der Tatsachenbehauptung

überzeugt sein, um den Beweis als geführt anzusehen.



Bei Vieraugengesprächen oder Telefonaten, bei denen eine Partei sich vertreten lässt,

sodass ihr ein Zeuge zur Verfügung steht, während die andere Partei selbst

verhandelt, muss das Gericht, wenn es seine Überzeugung allein auf die Aussage des

gegnerischen Zeugen stützen will, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die

Partei entweder gemäß § 141 ZPO anhören oder förmlich vernehmen gemäß § 448

ZPO (vgl. BGH-Urteil vom 27.09.2005, Az.: XI ZR 216/04). Daher ist es nicht so, dass

Verbraucher stets im Nachteil sind; vielmehr kommt es auf die Beweiswürdigung im

Einzelfall an.

Der Ausschuss hält vor diesem Hintergrund die geltende Rechtslage für sachgerecht

und vermag sich nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition

auszusprechen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil

dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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