Außenpolitik

Ukraine: Zu Waffen gehören Verhandlungen

Petition richtet sich an
Deutscher Bundestag Petitionsausschuss
42 Unterstützende 41 in Deutschland

Sammlung beendet

42 Unterstützende 41 in Deutschland

Sammlung beendet

  1. Gestartet Februar 2023
  2. Sammlung beendet
  3. Einreichung vorbereiten
  4. Dialog mit Empfänger
  5. Entscheidung

Diese Petition fordert den deutschen Bundestag auf, die deutschen und europäischen Waffenlieferungen einer veränderten Bewertung zu unterziehen. Sie müssen nicht aufhören. Aber sie sollten überzeugenderen politisch-moralischen Maßstäben unterworfen sein. Zu ergänzen sind sie um Verhandlungen, die deutlich intensiver als bisher anzustreben wären. Und es darf nicht mehr nur Verantwortung der Ukraine sein, über Kriegsziele, Kriegsverlauf und Verhandlungen zu entscheiden. Denn durch die Lieferung von Waffen, die das Gesamtgeschehen erheblich beeinflussen, wächst uns als Lieferanten auch eine Verantwortung für die Folgen ihrer Verwendung zu. Mit anderen Worten: Uns wächst eine Verantwortung für den Krieg zu. Darauf hat zuletzt Jürgen Habermas sehr überzeugend hingewiesen.

Begründung

Es liegt auf der Hand: Waffen im Krieg führen unmittelbar zu Tod und Zerstörung. Eine unterschätzte Folge ihres Gebrauchs jedoch liegt in der Eskalationsgefahr, die mit der schieren Verlängerung des Krieges verbunden ist. Die Summe der Schäden wächst täglich. Jede militärische Hilfe für die Ukraine führt damit notgedrungen in ein unlösbares moralisches Dilemma: Dass sich die Ukraine verteidigen kann, ist gut. Dass sich der Krieg verlängert, ist schlecht.

Unsere Moral ist ähnlich überfordert, wenn die Verhinderung eines globalen Atomkrieges mit der fortwährenden Hinnahme konventionell bleibender Angriffskriege durch Atommächte verrechnet werden müsste. Sie würden wahrscheinlicher, falls Putin konventionell am Ende siegt.

Warum gelangen wir zu keinem klaren Urteil? Eine Ursache ist, einem angegriffenen Staat ein universales Existenzrecht zuzumessen, so wie das Naturrecht es lebenden Wesen gewährt. Staaten müssen „beschützt“, sie dürfen nicht „angegriffen“, ihre Grenzen nicht „verletzt“ werden, so heißt es. Staaten hätten ein Recht auf „Selbstverteidigung“. All das sind verbale und gedankliche Anleihen aus ethischen Konzepten, wie sie unter Menschen gelten. Aber das führt zum Dissens statt zum Konsens. Denn Staaten sind keine Menschen. Dass staatliche Existenz im Fall eines Angriffskrieges mit der Vernichtung vieler eigener Bürger erkauft werden muss, führt in ein moralisches Dilemma. Das westliche Wertegerüst bleibt dessen Auflösung schuldig.

Staaten bzw. Nationen ein Existenzrecht völlig abzusprechen wäre allerdings ebenso falsch. Sie müssen existieren dürfen und existieren können. Aber anders als Menschen sind Staaten keine universalen Rechtsträger. Sie haben kein Recht auf Leben „an sich“. Ihr Existenzrecht ist geknüpft an die Bedingung, dass sie ihren Zweck als Garant für die Rechte der tatsächlich lebenden Menschen, nämlich die Rechte ihrer Bürger schützen. Ist das nicht mehr der Fall, dürfen, ja müssen Staaten sich anpassen, untergehen, verschwinden.

Die Ukraine macht da keine Ausnahme. Denn die Verteidigung bzw. die Rückeroberung ihres Territoriums schützt ihre Bürger nicht nur, sie gefährdet sie auch. Würde der Krieg durch Verhandlungen oder gar Kapitulation beendet, dann würde auch die unmittelbare Gefährdung seiner Bürger enden. Sie würden nicht mehr Angriffen zum Opfer fallen, vergewaltigt, verschleppt, ermordet oder sonstwie bedroht werden. Das werden die bereits heute russischen Bürger ja auch nicht.

Eine weitere Schärfung bekommen all diese Fragen durch die Tatsache, dass Waffenlieferungen im Zuge der Eskalation zum Atomkrieg führen könnten. Denn die Ukraine will Russland zurückschlagen, eine Macht mit den meisten Atomwaffen der Welt. Müssen wir dabei helfen? Ist die Vermeidung der ukrainischen Kapitulation, letztlich die Vermeidung der russischen Staatsangehörigkeit ihrer Bürger im Osten moralisch derart hoch zu bewerten, dass rund 8 Milliarden Menschen einem Risikoanstieg in Bezug auf einen globalen Atomkrieg ausgesetzt werden dürfen?

Die Antwort hierauf ist nicht ein simples Nein. Denn sogar die ukrainische Kapitulation kann die Folge haben, dass weitere Angriffskriege weltweit ermuntert werden. Der Verweis auf Taiwan ist hier nicht falsch. Zugleich aber kann die Fortsetzung des Krieges ein Fehler sein, denn auch sie kann Eskalation nicht stoppen.

Verhandlungen können Waffenlieferungen vielleicht nicht sofort ersetzen. Sie sollten aber in der Kriegsführung dieselbe Bedeutung gewinnen. Man könnte Waffen liefern und zugleich ernste und gesichtswahrende Angebote für Verhandlungen mit Putin machen. Wenn Dilemmata unausweichlich sind, muss auch widersprüchlich gehandelt werden.

Diese Petition will dafür werben, dass unsere Regierung sich in diesen Hinsichten mehr Handlungsspielraum gibt und die Rolle des bloßen Empfängers von Bedarfsmitteilungen über militärische Ausrüstung abstreift. Es ist gefährlich naiv zu glauben, man könne trotz fortlaufenden Nachschubes die europäische Rolle des Kriegsteilnehmers vermeiden, wo doch die kumulierten Verluste auf Seiten Russlands täglich durch europäische Lieferungen steigen. Freilich kann Putin uns ohne Grund angreifen. Aber dürfen wir deshalb starke Gründe auch noch liefern?

Die Intensivierung und Verlängerung des Krieges bringt fast unausweichlich mit sich, dass sein Ende durch Verhandlungen immer schwieriger wird. Neben militärischen Offensiven brauchen wir Verhandlungsoffensiven also von Anfang an. Keine Regierung ist zur Führung eines Krieges geeignet, so lang sie nicht nach seinem Ende selber aktiv strebt. Unsere Regierung ist gewählt, die Interessen der eigenen Bürger zu schützen. Abgeordnete sind uns als Bürger verantwortlich. Nicht ihrem Gewissen. Das alles kann die Lieferung von Waffen am Ende bedeuten. Aber diese Bedeutung müsste nachgewiesen werden. Der Nachweis fehlt bis heute schmerzlich.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Georg Strasser aus Herrsching
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Wie können wir eingefrorene Positionen aufweichen und Verhandlungen und Dialog in schwierigen Konflikten fördern? Wie können wir Mentale Modelle hinterfragen und vermeiden, dass Konflikte auf der Konflikttreppe in Richtung gemeinsamer Untergang eskalieren? Als Psychologen beschäftigt uns diese Frage immer wieder in unseren beruflichen Herausforderungen in Betrieben, Familien- und Paar-Systemen. Umso wichtiger ist das intensive Nachdenken darüber in kriegerischen Konflikten zwischen Staaten.

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