Der Petent fordert, dass bei freiwilligen molekulargenetischen Reihenuntersuchung festgestellte DNA-Identifizierungsmuster auf verwandtschaftliche Ähnlichkeiten abgeglichen werden dürfen und im weiteren Verfahren gegen potentielle Gewaltverbrecher verwertet werden können.
Motivazioni:
Dies betrifft Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, oder die sexuelle Selbstbestimmung begangen haben, § 81a Strafprozessordnung muss dahingehend ergänzt werden.Hintergrund: In einem Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12 hat der Bundesgerichtshof entscheiden das Identifizierungsmuster, die zur Festname eines Vergewaltigers geführt haben, rechtswidrig erlangt wurden, da der Tatverdacht und der ermittlungsrichterliche Beschluss, welcher die Entnahme von Körperzellen beim Angeklagten zur Feststellung dieses Musters nach § 81a StPO anordnete, auf eine unzulässige Verwendung der Daten aus einem DNA-Reihenuntersuchung hergeleitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Umgang mit Beinahetreffern bei DNA-Reihenuntersuchungen völlig ungeklärt und das Vorgehen der Ermittlungsbehörden daher noch keine willkürliche Missachtung des Gesetzes. Durch das Urteil des Bundesgerichtshof vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12 werden DNA-Reihenuntersuchung als Mittel der Strafverfolgung erheblich geschwächt, denn es ist in den oft ländlich, oder kleinstädtisch geprägten Einsatzgebieten (denn nur in solch überschaubaren Gebieten machen diese DNA-Reihenuntersuchung Sinn), nicht auszuschließen und eher wahrscheinlich, dass sich Beinahetreffern aus verwandschaftlichen Beziehungen ergeben. Da sich solche Treffer somit immer ergeben können und im Rahmen des Abgleichs festgestellt werden, können diese von den Strafverfolgern schlicht nicht ignoriert werden. Sie befinden sich somit in einem erheblichen Zielkonflikt, denn alleine die Kenntnis, dass sich Verwandte des Täters unter den Freiwilligen befinden, könnte im weiteren Verfahren ganze Beweisketten ungültig machen, da sich die Verteidigung des Verdächtigen auf einen rechtswidrig erlangten Anfangsverdacht berufen könnte, somit können DNA-Reihenuntersuchung insgesamt nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden, da eine solche Gefahr immer besteht.
Strafprozessordnung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.11.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz – als Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben. Begründung
Der Petent fordert, dass bei freiwilligen molekulargenetischen Reihenuntersuchung
festgestellte DNA-Identifizierungsmuster auf verwandtschaftliche Ähnlichkeiten
abgeglichen werden dürfen und im weiteren Verfahren gegen potentielle
Gewaltverbrecher verwertet werden können.
Zur Begründung trägt der Petent unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs
vom 20. Dezember 2012 im Wesentlichen vor, ohne die mit der Petition angestrebte
Regelung würden DNA-Reihenuntersuchungen als Mittel der Strafverfolgung
erheblich geschwächt. Gerade in ländlich oder kleinstädtisch geprägten
Einsatzgebieten sei es eher wahrscheinlich, dass sich Beinahetreffer aus
verwandtschaftlichen Beziehungen ergäben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 69 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 27 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20. Dezember 2012 (3 StR 117/12)
festgestellt, dass ein sog. DNA-Beinahetreffer grundsätzlich nicht als Tatverdacht
begründender Ermittlungsansatz verwertbar ist und ein ermittlungsrichterlicher
Beschluss nach § 81a Strafprozessordnung (StPO) für die Entnahme von Blut, das
gemäß § 81e StPO molekulargenetisch untersucht und mit dem DNA-Material vom
Tatort abgeglichen werden soll, nicht auf diese Erkenntnis gestützt werden darf.
Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof unter anderem darauf hingewiesen, dass
§ 81h Absatz 1 StPO nur den Abgleich von DNA-Identifizierungsmustern erlaube,
soweit dies zur Feststellung erforderlich sei, ob Spurenmaterial von einem der
Teilnehmer der DNA-Reihenuntersuchung stamme. Die Feststellung einer
wahrscheinlichen Verwandtschaft zwischen einem Teilnehmer der
Reihenuntersuchung und dem mutmaßlichen Täter sei eine über diese enge
Zweckbestimmung hinausgehende Erkenntnis, deren Erhebung nicht zulässig sei.
Die Frage, ob im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember
2012 ein Bedarf für eine entsprechende Änderung der Regelungen der
Strafprozessordnung besteht und in welcher Weise dem gegebenenfalls Rechnung
getragen werden könnte, gab es Beratungen zwischen den
Landesjustizverwaltungen und eine Prüfung vom Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz (BMJV).
Die Bundesregierung hat zum Sach- und Verfahrensstand mitgeteilt, dass die
Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Rahmen ihrer
Frühjahrskonferenz am 12. und 13. Juni 2013 in Perl-Nenning die von der Petition
angesprochene Thematik erörtert und folgenden Beschluss gefasst hat:
„Behandlung von sog. Beinahetreffern
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich darüber einig, dass
die Verwertung sog. Beinahetreffer, die im Rahmen einer molekular-
genetischen Reihenuntersuchung anfallen, im Anschluss an das Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember 2012 (Az. 3 StR 117/12)
nicht mehr zulässig ist. Sie sehen hierin die Gefahr, dass die
Ermittlungsbehörden an einer effizienten Verfolgung und Aufklärung
schwerster Straftaten gehindert werden können.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister halten deshalb die
Schaffung einer Rechtsgrundlage für erforderlich, die regelt, dass und
unter welchen Voraussetzungen solche Beinahetreffer zur Aufklärung
schwerster Straftaten unter Berücksichtigung bestehender
Zeugnisverweigerungsrechte verwendet werden dürfen. Sie bitten die
Bundesministerin der Justiz, einen entsprechenden Gesetzentwurf
vorzulegen.“
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode vom
Dezember 2013 ist vereinbart, dass Beinahetreffer zur Aufklärung von Sexual- und
Gewaltverbrechen verwertet werden sollen, wenn die Teilnehmer vorab über die
Verwertbarkeit zulasten von Verwandten belehrt worden sind.
Ferner ist bekannt geworden, dass gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom
20. Dezember 2012, das Anlass der Petition ist, Verfassungsbeschwerde zum
Bundesverfassungsgericht eingelegt wurde, die sich auch gegen § 81h StPO richtet.
Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme angekündigt, dass bei der
Vorbereitung eines Gesetzentwurfs, der die Thematik im Sinne des zitierten
Beschlusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister und der
Koalitionsvereinbarung aufgreift, auch die noch ausstehende Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts einbezogen werden soll.
Vor diesem Hintergrund hält es der Petitionsausschuss für sachgerecht, die Eingabe
der Bundesregierung zuzuleiten, da sie die bestehende Problematik gut verdeutlicht.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Eingabe der Bundesregierung – dem
BMJV – zu überweisen, damit sie bei zukünftiger Gesetzgebung in die Überlegungen
mit einbezogen wird, und die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages
zur Kenntnis zu geben, da sie als Anregung für eine parlamentarische Initiative
geeignet erscheint.Begründung (pdf)