S20-273 Autofreies Blockland

Petent/Petentin
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft
1.343 Unterstützende 1.343 in Freie Hansestadt Bremen

Sammlung beendet

1.343 Unterstützende 1.343 in Freie Hansestadt Bremen

Sammlung beendet

  1. Gestartet 2022
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog mit Empfänger
  5. Entscheidung

Dies ist eine Online-Petition der Bremischen Bürgerschaft.

Weiterleitung

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Jahresbeginn 2022 wurde ein Versuch gestartet, das Bremer Blockland für den motorisierten Individualverkehr (MIV) freizugeben (Weser-Kurier, 31.12.2021). Der Versuch wird, so berichtet die gleiche Quelle, von der Polizei Bremen begleitet. Die Unterzeichnenden bitten Bremer Bürgerschaft und Verwaltung mit allem Nachdruck, das Bremer Blockland schnellstmöglich und weiterhin innerhalb der bislang gültigen Regelungen autofrei zu halten. Wir, die Unterzeichnenden, begründen dies wie folgt:

1.Empirische Verkehrsforschung: Die Forschung belegt weltweit, dass sich der Verkehr angebotsorientiert bildet: Wo Straßen für den MIV sind oder gebaut werden, folgt der MIV. Neue oder mehr Straßen können also nie zur Entlastung anderer Straßen beitragen. Mehr Straßen erzeugen nur mehr Verkehrsprobleme mit mehr Kosten für alle (auch und gerade die, die kein Kraftfahrzeug fahren!).

2.Naherholung: Durch seine Lage rechts der Weser, an den Stadträndern Bremens, seine Verbindungen nach Bremen-Nord sowie unzählige, weiter im Norden liegende Landschaften hat das Bremer Blockland für die Menschen in Bremen, aber auch für den Tourismus einen außerordentlichen Stellenwert. Bremen ist bekannt für seine im deutschlandweiten Vergleich (relativ) überdurchschnittliche Fahrradfreundlichkeit – und wirbt auch überregional mit diesem Charakteristikum um Tourist*innen, um Unternehmen sowie um Beschäftigte: Rein quantitativ kann Bremen mit den Angeboten der Metropolen hierzulande nicht mithalten – dafür bietet es das stadtnahe Blockland als vielfältiges Naherholungsgebiet.

3.Corona: Die Bedeutung dieses Naherholungsgebietes für die individuelle Gesundheit, für Public Health und die doch aufgeräumte Stimmung in der Stadt kann in Zeiten von Corona sicher kaum überschätzt werden; im Blockland kann man sich auf dem Velo, joggend, wandernd, auf Inline-Skatern oder verliebt flanierend zu allen Tages- und Jahreszeiten tummeln. Im Blockland finden sich auch die Sportskanonen wieder, die nach dem – unter Vorwand von Corona geschlossenen – Uni-Bad darben. Das Blockland ist immer anders – und immer schön. Wir befürchten, dass das Blockland mit der Öffnung für den MIV seinen Charme dauerhaft verliert – und damit die Stadt auch insgesamt an Anziehungskraft für Tourist*innen, für Unternehmen und für Beschäftigte. Die damit entstehenden Einnahmeverluste und Kosten werden letztlich wir alle übernehmen müssen.

4.Bedarf? Auch nach Lektüre des o.g. Artikels können wir keinerlei Bedarf nach Freigabe des Blocklands für den MIV erkennen oder nachvollziehen. Die im Blockland ansässigen, landwirtschaftlichen Betriebe können kein Interesse daran haben, die eher engen Straßen im Blockland mit fahrenden oder parkenden Kraftfahrzeugen teilen zu müssen. Das im Artikel genannte und im Blockland ansässige Yoga-Studio kann damit punkten, draußen und in Ruhe praktizieren zu können. Wer hingegen meint, mit dem KFZ zum Yoga ins Blockland fahren zu müssen, kann dieses Recht zur Nutzung der Blocklander Straßen (im Lande des Kategorischen Imperativs, der „Dichter und der Denker“) aber Anderen nicht verwehren. Dann aber ist es logischerweise mit der Ruhe draußen als dem Alleinstellungsmerkmal des dortigen Yoga-Studios vorbei – und es gibt keinen Grund mehr für Yoga im Blockland, denn für MIV-bedingten Lärm und Gestank muss man nicht ins Blockland fahren. Die ansässige Gastronomie wird mit der Freigabe des Blocklands für den MIV mit Einnahmeeinbußen durch die Masse von Fahrradfahrerinnen und Wanderinnen rechnen müssen. Die Versuchung hingegen ist – gerade für Fahrerinnen von MIV - groß, in den im Blockland ansässigen Gaststätten auch mal „über den Durst“ zu trinken. Denn entsprechende Kontrollen im eher abgelegenen Blockland sind für die Polizei ergo besonders personal- und zeitintensiv (Unfallaufnahmen nach Alkoholkonsum sind noch zeit- und personalintensiver – übrigens auch ressourcenintensiver als die Ausstellung von Deichscheinen, über deren Rückgang der Sprecher der Polizei im o.g. Artikel spekuliert). Wir befürchten zahllose Gefährdungen, und auch manifeste Unfälle, zwischen KFZ und den zahlreichen Radfahrerinnen. Oder klagen die im Blockland ansässigen Gaststätten, Yoga-Studios und Andere uni sono über Einnahmeverluste? Über 8 000 000 000 Menschen dieser Welt leben nicht im Blockland und berichten seit rund 2 Jahren ebenfalls von Einnahmeeinbußen – der Grund hierfür kann also nicht das Leben im Blockland sein.

5.Lokal handeln: Die zunächst einstweilige Freigabe auch noch des Blocklands für den MIV ist unseres Erachtens außerdem auch mit Blick auf den Klimawandel das völlig falsche Signal, denn damit bliebe der MIV weiterhin der (überkommene) Standard aller Mobilität. So gab es die in o.g. Zeitungsartikel beschriebene „freie Fahrt über den Deich“ auch bislang, nur eben nicht mit Auto oder Motorrad ohne Deichschein. Es gibt inzwischen aber Hinweise auf eine Verbindung von Klimawandel (bedingt auch durch Bodenversiegelung, wie gerade für den MIV nötig) und Corona (Beyer, Manica, Mora 2021, ZEIT 2021). Sollten wir nicht alles tun, um Corona endlich hinter uns zu lassen und den Klimawandel zu bremsen – statt Verhältnisse zu stärken, die die Risiken neuer Zoonosen und einer ungebremsten Erderhitzung weiter forcieren? Wohlgemerkt, Zoonosen und Erderhitzung werden nicht im Blockland vermieden – aber mit Haltungen, die wir Menschen auch gegenüber dem Blockland haben.

6.Zeitraum / Partialinteressen: Mit Blick auf den Beginn des „Versuchs“ Anfang Januar treibt uns außerdem die Sorge um ein bereits vorab feststehendes Ergebnis: Von bspw. den Wintermonaten aber zu schließen, es gebe keine Probleme mit anderen Verkehrsteilnehmerinnen, erscheint uns nicht valide. Uns treibt vielmehr auch die Sorge um Risiken und Unfälle in den Frühlings-, Sommer- und Herbstmonaten, unter denen in erster Linie aber eben nie Autofahrerinnen zu leiden haben.

7.Benchmarks: Es gibt also keinen Grund, das Blockland dauerhaft für den gesamten MIV zu öffnen – aber absehbar nur Kosten und Widerstände, das einmal geöffnete Blockland wieder für den MIV zu sperren: Wie ein doch so oft propagiertes „Miteinander“ von MIV und anderen Verkehrsteilnehmerinnen aussehen kann, kann man am und – leider eben auch - im (!) Bremer Bürgerinnenpark (Freimarkt?!), in den Rieselfeldern Münsters oder unzähligen, anderen Anziehungspunkten regelmäßig beobachten (und, übrigens, endlich auch mal angemessen ahnden!).

8.Mythos „Steuern“: Menschen, die, trotz allem, noch immer Auto fahren, führen wiederholt an, dass sie schließlich auch Steuern dafür zahlten. Zahlreiche Untersuchungen aber haben inzwischen belegt, dass und wie sehr unzureichend KFZ- und Mineralölsteuer die direkten (aber auch indirekten und, nolens volens, auch intangiblen) Kosten des Auto- (und Motorrad-)fahrens decken. M.a.W.: Der motorisierte Individualverkehr ist ein Zuschussgeschäft, das öffentlich wir alle (! -also auch Menschen ohne Auto etc.) durch Steuern, Beiträge, Leistungsverzichte u.v.m. mehrfach zu finanzieren haben. Menschen ohne KFZ sind sozial sowie normativ vielschichtiger; sie sind deshalb weniger organisiert und leiser als Menschen mit Auto und ihre Interessensorganisationen. Wir halten es auch deshalb für ein angemessenes Signal, das Blockland nicht nur autofrei zu lassen – sondern, nach diesem Feldversuch, auf seine Autofreiheit auch verstärkt zu kontrollieren.

Der Rückmeldung aus Bürgerschaft und Verwaltung sehen wir mit besonderem Interesse entgegen.

Link zur Petition

Bild mit QR code

Abrisszettel mit QR Code

herunterladen (PDF)

Ich bin Vorstandsmitglied in einen Kanuverein der auf den Oberblockländerdeich steht. Die bisherige Regelung ist gut und sollte beibehalten werden, es ist jeden Anwohner zuzumuten sich für eine geringe Gebühr einen Deichschein zu besorgen. Diese Regelung und die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km sollte aber auch überwacht werden, was zu zeit überhaupt nicht gemacht wird und daher werden die enge und unübersichtlichen Wege im Blockland als Abkürzung zu nicht in Blockland gelegenen Orte oder zu Umfahrung des Feierabendstaus auf der A27 benutzt wird.

Noch kein CONTRA Argument.

Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern