12/10/2016 04:23
Pet 1-18-06-26-020966Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass die Bundesrepublik Deutschland ein
Botschaftsasyl einrichtet, bei dem Flüchtlinge den Antrag auf Asyl direkt bei der
Botschaft stellen dürfen. Pet-ID 58540
Zu dieser auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 139 Mitzeichnungen und 73 Diskussionsbeiträge vor.
Darüber hinaus liegt dem Petitionsausschuss eine weitere sachgleiche Eingabe vor,
die gemeinsam einer parlamentarischen Prüfung unterzogen wird. Es wird um
Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen
eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass bei einem
Botschaftsasyl die Verfolgten den Asylantrag direkt bei der Auslandsvertretung stellen
könnten und dieser dann im regulären Verfahren, in Deutschland also vom Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge, geprüft werden würde. Auf diese Weise könnten die
Risiken für die Betroffenen gering gehalten werden. Die häufig als unmenschlich
empfundenen Folgen wie Abschiebungen aus der Bundesrepublik Deutschland nach
Jahren der Duldung und der Verwurzelung im Inland würden entfallen. Zugleich
könnten die Kosten für die Bundesrepublik Deutschland reduziert werden, da
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vor der Einreise nicht
gezahlt werden müssten. Zudem würden nicht mehr nur diejenigen Asyl bekommen,
welche die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer oder die illegale Einreise
auf dem Landweg auf sich genommen und überstanden haben. Die Rechte aus der
Genfer Flüchtlingskonvention und die Asylansprüche könnten auf diese Weise von den
Anspruchsinhabern auf verlässliche Weise wahrgenommen werden. Insoweit sollte
das bereits in der Schweiz von 1980 bis 2013 zugelassene Botschaftsasyl auch in
Deutschland durch ein neues Gesetz eingeführt werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Nach Ansicht des Petitionsausschusses sind die Ausführungen des
Bundesministeriums des Innern grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Der Ausschuss weist einführend darauf hin, dass nach derzeitiger Rechtslage die
Stellung eines Asylantrags im Ausland mit Wirkung für Deutschland nicht möglich ist.
Vielmehr ist sowohl die Asylgewährung nach Artikel 16a Absatz 1 Satz 1 des
Grundgesetzes als auch die Flüchtlingsanerkennung nach dem Abkommen über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge, die Genfer Flüchtlingskonvention, jeweils an das
Hoheitsgebiet gebunden. Zwar genießt das Botschaftsterritorium besonderen
völkerrechtlichen Schutz, allerdings sind sie Teil des Hoheitsgebietes des Gastlandes.
Nach der derzeitigen Rechtslage ist somit für die Asylantragsstellung Voraussetzung,
dass der Schutzsuchende deutsches Hoheitsgebiet erreicht hat.
Hinsichtlich der Forderung, ein Botschaftsasyl einzurichten, weist der Ausschuss
darauf hin, dass trotz der vorgeschlagenen Beibehaltung der Zuständigkeit des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufgrund der Vielzahl von Asylanträgen ein
erheblicher Mehraufwand in den Botschaften entstehen würde. Gerade kleine
Botschaften im Ausland würden sowohl in organisatorischer als auch personeller Sicht
an ihre Grenzen gelangen. Die Bearbeitung der Vielzahl von Asylanträgen in den
Botschaften würde diese auch aufgrund des Mangels an geschultem Personal vor
unlösbare Aufgaben stellen. Vor diesem Hintergrund stellen sich die Botschaften als
ungeeignete Stelle für die Bearbeitung von Asylanträgen dar.
Zudem weist der Ausschuss auf die Gefahren für die tatsächlich Schutzbedürftigen
hin, die sich regelmäßig aufgrund der eigenen Verfolgung nur unter erheblichem Risiko
Zutritt zu der Botschaft verschaffen könnten, da mit einer Überwachung durch den
Verfolgerstaat zu rechnen ist. Während der Dauer des Verfahrens muss die Sicherheit
des Verfolgten sichergestellt werden, was in der Verantwortung des Schutzsuchenden
liegen würde. Zudem müsste nach einer Anerkennung in Deutschland eine sichere
Ausreisemöglichkeit gefunden werden. Insofern würde sich nach Einschätzung des
Ausschusses die Lage der tatsächlich Verfolgten durch das geforderte Botschaftsasyl
nicht verbessern. Vielmehr bestehe die Gefahr des Missbrauchs des
Asylantragsrechtes durch nicht Schutzbedürftige, die massenhaft vom
Asylantragsrecht in der Botschaft Gebrauch machen würden, um auf einfache Weise
nach Deutschland zu gelangen. Diese Verlagerungseffekte widersprechen der
gesetzgeberischen Intention, das Asylverfahren für verfolgte und damit
schutzbedürftige Personen zu öffnen.
Darüber hinaus merkt der Ausschuss an, dass die Möglichkeit der Antragsstellung in
deutschen Auslandsvertretungen außerhalb des Herkunftslandes die Gefahr von
Sogwirkungen bergen würde. Gerade in Krisenregionen, wo massenhafte
Vertreibungen stattfinden, würde dies zu einem massiven Ansturm durch
Antragssteller führen, der nicht mehr zu bewältigen wäre. Diesbezüglich weist der
Ausschuss auf die Regelungen der §§ 22 und 23 des Aufenthaltsgesetzes hin, wonach
Schutzbedürftige grundsätzlich die Möglichkeit haben, ein Visum zur Aufnahme in
Deutschland zu erhalten. Dies hat sich bei der Aufnahme von syrischen und irakischen
Vertriebenen aus den Nachbarstaaten Syrien und Irak sowie im Rahmen des
deutschen Resettlement-Programms, durch das seit 2012 Schutzbedürftige ganz
unterschiedlicher Nationalität in Kooperation mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der
Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) in
Deutschland aufgenommen werden, gut bewährt.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen hält der Petitionsausschuss die geltende
Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für eine Gesetzesänderung im
Sinne der Petition auszusprechen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Der von der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist mehrheitlich abgelehnt
worden.
Begründung (PDF)