23/03/2017 à 03:22
Pet 1-18-06-26-018510
Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass es Flüchtlingen unmittelbar nach ihrer
Ankunft in Deutschland ermöglicht wird, eine Arbeit aufzunehmen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 198 Mitzeichnungen und 38 Diskussionsbeiträge vor.
Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im
Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass infolge des
demographischen Wandels in Deutschland mehr Arbeitskräfte benötigt würden. Daher
sei eine Integration der Flüchtlinge in das Erwerbsleben geboten, um deren Potenziale
zu nutzen. Erwerbstätige Personen würden für ihre Kosten selbst aufkommen, sodass
mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt auch Staatskosten eingespart
werden könnten. Die Flüchtlinge würden sich in Deutschland ein neues Leben
aufbauen wollen. Daher sollten ihnen auf diese Weise Chancen und Perspektiven für
ihre Zukunft geboten werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung – dem Bundesministerium des
Innern (BMI) – Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht zu der Eingabe darzulegen. Zudem
hat der Ausschuss gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages (GOBT) eine Stellungnahme des Ausschusses für Arbeit und Soziales
des Deutschen Bundestages eingeholt, dem ein Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Integrationsgesetzes
(Bundestagsdrucksache 18/8615), ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf
eines Integrationsgesetzes (Bundestagsdrucksachen 18/8829 und 18/8883), ein
Antrag der Fraktion DIE LINKE., Flüchtlinge auf dem Weg in Arbeit unterstützen,
Integration befördern und Lohndumping bekämpfen
(Bundestagsdrucksache 18/6644), ein Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge – Praxisnahe
Förderung von Anfang an (Bundestagsdrucksache 18/7653) und ein weiterer Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Integration ist gelebte Demokratie und stärkt
den sozialen Zusammenhalt (Bundestagsdrucksache 18/7651), vorlagen. Alle
Drucksachen sowie die dazugehörigen Protokolle der Plenardebatten des Deutschen
Bundestages (Bundestagsdrucksachen 18/174 und 18/183) können unter
www.bundestag.de eingesehen werden. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
lässt sich unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung und der des
Ausschusses für Arbeit und Soziales angeführten Gesichtspunkte wie folgt
zusammenfassen:
Der Ausschuss weist einführend darauf hin, dass in den letzten Monaten eine Vielzahl
von Rechtsänderungen erlassen wurde, welche die Arbeitsmarktintegration von
Flüchtlingen und Asylsuchenden verbessern. Dies sind insbesondere das
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (Asylpaket I) – Inkrafttreten: 24. Oktober 2015
und das Integrationsgesetz – Inkrafttreten: 6. August 2016.
Der Begriff „Flüchtling“ ist in der Rechtsordnung so nicht vorgesehen. Vielmehr hat der
Gesetzgeber auch hinsichtlich der Rechte des Einzelnen in Bezug auf den Zugang
zum Arbeitsmarkt eine Differenzierung nach Personengruppen vorgenommen. Es ist
zu unterscheiden zwischen den Ausländern, die einen Flüchtlingsstatus beantragen
und entsprechend das Asylverfahren durchlaufen und denjenigen, bei denen bereits
eine Entscheidung im Asylverfahren getroffen wurde. Daneben werden Ausländer, die
im Rahmen von Aufnahmeprogrammen nach Deutschland gekommen sind, allgemein
als Flüchtlinge bezeichnet. Ein Beispiel hierfür stellen die derzeit im Rahmen des
humanitären Aufnahmeprogramms übernommenen syrischen Staatsangehörigen dar.
Hintergrund für die Differenzierung, auch in Bezug auf die Voraussetzungen zum
Arbeitsmarktzugang, ist die Absicht, insbesondere Menschen mit Bleibeperspektive zu
fördern.
Die Möglichkeit des Arbeitsmarktzugangs knüpft je nach Status an unterschiedliche
Voraussetzungen an. Asylbewerber erhalten für die Dauer des Asylverfahrens eine
Aufenthaltsgestattung. Während dieser Zeit darf keiner Beschäftigung nachgegangen
werden, da der Betroffene dem Asylverfahren uneingeschränkt zur Verfügung stehen
muss. Dies ist Voraussetzung für eine schnelle Bearbeitung des Antrags und im Fall
einer bereits aufgenommenen Beschäftigung nicht gewährleistet. Der Ausschuss
begrüßt, dass im Herbst des Jahres 2014 die Wartezeit für Asylbewerber zur ersten
Aufnahme einer Beschäftigung auf drei Monate verkürzt wurde.
Sofern dem Asylbewerber im Rahmen des Asylverfahrens oder anderweitig ein
Schutzstatus zuerkannt wurde, erhält der Betroffene eine Aufenthaltserlaubnis. Sobald
diese erteilt wurde, kann jede Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. Insofern ist der
Ausländer dem deutschen Staatsbürger gleichgestellt. Entsprechendes gilt für
diejenigen, die im Rahmen von Aufnahmeprogrammen nach Deutschland
übernommen werden und direkt nach der Einreise eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass bei Beendigung des Asylverfahrens ohne
Zuerkennung von internationalem Schutz oder aufgrund der Feststellung von
Abschiebungsverboten der Ausländer grundsätzlich ausreisen muss. Tut er dies nicht,
besteht die Möglichkeit der Abschiebung. Andererseits kann eine Duldung erteilt
werden, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten
nicht möglich ist. Der Betroffene bleibt gleichwohl ausreisepflichtig, da lediglich die
zwangsweise Aufenthaltsbeendigung vorübergehend ausgesetzt wird. In dieser Zeit
kann eine Beschäftigung aufgenommen werden, wenn weder Deutsche noch
bevorrechtigte Ausländer zur Verfügung stehen und die Arbeitsbedingungen denen
der deutschen Staatsbürger entsprechen. Zwar besteht auch bei dieser
Personengruppe grundsätzlich die Wartefrist wie für Asylbewerber, allerdings beginnt
sie mit der Einreise und übernimmt somit kaum Bedeutung.
Mit dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetztes (Asylpaket I)
erfolgte ab Oktober 2015 die Öffnung der Integrationskurse für Asylbewerber/innen,
bei denen ein „rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“. Für diesen
Personenkreis wurde gemäß § 44 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Möglichkeit
geschaffen, im Rahmen verfügbarer Kursplätze, bereits während des Asylverfahrens
zum Integrationskurs zugelassen zu werden. Neben der frühzeitigen Öffnung der
Integrationskurse für Asylbewerber/innen wurde zur Unterstützung der Integration in
den Arbeitsmarkt mit dem neugeschaffenen § 45a AufenthG die berufsbezogene
Deutschsprachförderung als ergänzendes Angebot geregelt.
Darüber hinaus wurde das Leiharbeiterverbot gelockert, um Asylbewerber/innen sowie
Geduldeten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Demnach sollte das
Leiharbeitsverbot für diesen Personenkreis bereits nach drei Monaten entfallen, wenn
es sich um beruflich qualifizierte Fachkräfte handelt. Die Möglichkeit einen Teilzeit-
Bundesfreiwilligendienst zu leisten, wurde mit der Neuschaffung des § 18
Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) auch für Asylberechtigte, Personen mit
internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder Asylbewerber/innen, bei
denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist und die das
27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eröffnet.
Darüber hinaus kann Asylbewerber/innen, die über eine abgeschlossene Ausbildung
als Arzt beziehungsweise Ärztin verfügen, eine befristete Ermächtigung zur
vorübergehenden Ausübung der Heilkunde in einer Aufnahmeeinrichtung erteilt
werden, wenn keine ausreichende medizinische Versorgung in den
Aufnahmeeinrichtungen durch Ärztinnen und Ärzte sichergestellt werden kann.
Der Ausschuss stellt weiter fest, dass das am 6. August 2016 in Kraft getretene
Integrationsgesetz für die schnelle Integration von anerkannten Flüchtlingen,
Asylbewerber/innen und Geduldeten in den Arbeitsmarkt nun weitere Möglichkeiten
vorsieht.
Über das Arbeitsmarktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM)“ können
Asylbewerber/innen bereits vor Abschluss des Asylverfahrens sinnvolle und
gemeinnützige Beschäftigungen in und um Aufnahmeeinrichtungen aufnehmen.
Hierfür stehen 100.000 Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung. Asylbewerber/innen und
Geduldete, die keinem Beschäftigungsverbot unterliegen, dürfen nach einem
Aufenthalt von drei Monaten in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen, wenn die
Ausländerbehörde die Beschäftigung erlaubt und die Bundesagentur für Arbeit der
Beschäftigung zustimmt. In Abhängigkeit vom regionalen Arbeitsmarkt wird für drei
Jahre generell auf die Vorrangprüfung verzichtet. Damit wird auch eine Tätigkeit in
Leiharbeit ermöglicht und der Zugang zum Arbeitsmarkt weiter vereinfacht.
Des Weiteren können Asylbewerber/innen und Geduldete, die keinem
Beschäftigungsverbot unterliegen, mit Erlaubnis der Ausländerbehörde eine
betriebliche Ausbildung aufnehmen. Einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit
bedarf es hierbei nicht. Auch wurde durch das Integrationsgesetz die Rechtssicherheit
für Arbeitgeber und Geduldete weiter verstärkt. Demnach erhalten Personen, deren
Asylantrag nach Beginn der Ausbildung negativ beschieden wurde, unabhängig von
ihrem Alter für die gesamte Dauer der Berufsausbildung eine Duldung.
Der Ausschuss hält fest, dass das Integrationsgesetz überdies, erstmalig für
anerkannte Flüchtlinge, Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte und auch
Geduldete den Zugang zu allen Instrumenten und Leistungen der
Ausbildungsvorbereitung eröffnet. Der Zugang wird zwischen den zuvor genannten
Personengruppen ausdifferenziert ermöglicht. Die Instrumente und Leistungen der
Ausbildungsförderung umfassen ausbildungsbegleitende Hilfen, Assistierte
Ausbildung und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen sowie den Zugang zur
Berufsausbildungsbeihilfe und zum Ausbildungsgeld.
Der Ausschuss stellt abschließend fest, dass mit den zuvor aufgeführten gesetzlichen
Neuerungen das Ziel verfolgt wird, den Menschen, die in der Bundesrepublik
Deutschland Asyl beantragt haben, für den Zeitraum ihres Aufenthaltes die Integration
in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dabei berücksichtigen die
Gesetze die unterschiedlichen Perspektiven und Lebenssituationen der Menschen.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden
ist.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)