14-10-2016 04:22
Pet 1-18-09-9010-025252
Dienstleistungen im Postbereich
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird eine gesetzliche Vorgabe gefordert, wonach Postdienstleister
die voraussichtliche Beförderungsdauer eines Briefes angeben und bei einer
verspäteten Zustellung für Schäden haften müssten.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ein
fristgerechter Zugang von Briefsendungen auch heutzutage immer noch notwendig
sei, z. B. bei Kündigungen. Gleichzeitig gehe das Briefaufkommen immer weiter
zurück, so dass in der Briefzustellung gespart werde. So stelle die Deutsche Post AG
schon heute nicht mehr überall an allen Werktagen Post zu, sondern spare einzelne
Zustelltage ein. So werde insbesondere montags oft keine Post mehr zugestellt. Die
gängige Regel, dass am dritten Werktag nach Einwurf eines Briefes von dessen
Zustellung ausgegangen werden könne, sei daher in der Praxis nicht mehr haltbar.
Um die Liberalität des Postmarktes nutzen und bewusst einen Postdienstleister und
Einwurfzeitpunkt wählen zu können, sei die Information über die erwartete
Zustelldauer erforderlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 40 Mitzeichnungen und 13 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass die Deutsche Post AG in
einer Stellungnahme an die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) mitgeteilt hat, dass
sie mit ihrem Produktportfolio im Bereich der Standardbriefsendungen den Anspruch
der Allgemeinheit auf eine schnelle und kostengünstige Beförderung von schriftlichen
adressierten Mitteilungen erfülle. Eine Haftung für Verlust oder zu lange Laufzeiten
sei dabei nicht vorgesehen; eine derartige Haftung werde von den Kunden auch nicht
erwartet. Dem Interesse der Kunden an den Laufzeiten der Briefe, die in einer
bestimmten Leitregion (das sind die beiden ersten Stellen der Postleitzahl)
aufgegeben werden, werde bereits dadurch Rechnung getragen, dass die Deutsche
Post AG im Internet entsprechende E+1-Daten vorhalte, die sich spezifisch auf die in
einer Leitregion eingelieferten Briefsendungen beziehen (siehe
www.deutschepost de/de/d/qualitaet gelb.html#laufzeiten).
Im Übrigen stellt der Ausschuss fest, dass die Haftungsbeschränkungen im
Briefbereich auch vom Bundesgerichtshof (BGH) anerkannt werden (vgl. Beschluss
vom 7. Mai 1992 – III ZR 74/91, NJW 1993, 2235). Der BGH hat darauf abgestellt,
dass „die Massenbeförderung von Briefen möglichst schnell und zu möglichst
geringen Gebühren erfolgen soll“. Vor diesem Hintergrund seien die
Haftungsbeschränkungen nach Ansicht des BGH gerechtfertigt, da hierdurch
umfangreiche und kostspielige Überwachungs- und Sicherungsmaßnahmen
vermieden werden könnten, die anderenfalls zur Abwendung hoher
Schadensersatzforderungen notwendig wären.
Wenn die Deutsche Post AG verpflichtet wäre, für jede Briefsendung individuell die
voraussichtliche Beförderungsdauer anzugeben, und im Falle einer Abweichung von
der angegebenen Beförderungsdauer haften müsste, ließe sich das bestehende und
von der Rechtsprechung anerkannte Konzept einer kostengünstigen
Massenbeförderung von Briefsendungen nicht mehr realisieren. Der
Petitionsausschuss erachtet die mit der Petition begehrte gesetzliche Regelung
daher in einem Massenverfahren als nicht zweckmäßig.
Weiterhin macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass für die Fälle einer
dokumentierten oder sehr schnellen Beförderung von Briefsendungen bereits heute
spezielle Produkte von der Deutschen Post AG auf dem Markt angeboten werden.
Der Universaldienst umfasst nach dem Postgesetz nur solche Dienstleistungen, die
allgemein als unabdingbar angesehen werden. So ist entsprechend der
europäischen Postdiensterichtlinie als nachweisfähige Briefsendung das Produkt
„Einschreiben“ in der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV)
vorgegeben.
Für Kündigungen beispielsweise bieten sich die Zusatzleistungen „Einschreiben“
oder „Einschreiben mit Rückschein“ an. Wer sicherstellen möchte, dass seine
Briefsendung von einem Tag auf den anderen zugestellt wird, kann einen
Express-Brief verschicken („DHL Express Easy National“).
Die Deutsche Post AG hat jedoch hervorgehoben, dass sie einen individuellen
Zustellzeitpunkt für gewöhnliche Briefsendungen nicht garantieren könne. Aus den
einschlägigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB BRIEF NATIONAL) geht
explizit hervor, dass die Einhaltung einer bestimmten Lieferfrist nicht geschuldet ist.
Auch aus den Laufzeitvorgaben der PUDLV kann kein individueller Anspruch auf
eine schnelle Beförderung von gewöhnlichen Briefsendungen abgeleitet werden, da
diese an einen statistisch zu ermittelnden Jahresdurchschnitt anknüpfen, aber für
einzelne Sendungen keine bestimmte Laufzeit garantieren. Selbst wenn einzelne
Sendungen erst nach zwei oder drei Tagen beim jeweiligen Empfänger eingehen,
kann darin nach Ansicht des Ausschusses weder ein Universaldienstdefizit noch ein
vertragswidriges Verhalten der Deutschen Post AG gesehen werden.
Soweit der Petent beanstandet, dass ihn montags keine Post erreiche, hat die
Deutsche Post AG darauf hingewiesen, dass die Zustellung zwar nach wie vor
bundesweit flächendeckend auch an Montagen stattfinde, dass montags jedoch
generell weniger Briefe zur Zustellung vorlägen als an den übrigen Werktagen, weil
es sich bei der weit überwiegenden Zahl der von der Deutschen Post AG beförderten
Briefe um Geschäftspost handele. Soweit Unternehmen ihre Sendungen freitags
einlieferten, würden diese in der Regel bereits am Samstag zugestellt. Da bei den
meisten Unternehmen am Freitagnachmittag Büroschluss sei, werde an Samstagen
so gut wie keine Geschäftspost eingeliefert. Dementsprechend sei montags die Zahl
der zuzustellenden Sendungen sehr gering.
In diesem Zusammenhang hebt der Ausschuss jedoch hervor, dass nach den
Feststellungen der Bundesnetzagentur seit dem Sommer 2015 ein gehäuftes
Beschwerdeaufkommen infolge einer ausbleibenden Zustellung von Briefsendungen
an Montagen und anderen Werktagen bundesweit in einem besonderen Maße
auffällig ist, wobei für die Region Stuttgart aber kein besonders hohes
Beschwerdeaufkommen bei der Bundesnetzagentur erkennbar ist (bislang zwei
Beschwerden wegen zu langer Brieflaufzeiten im Jahr 2015).
Der Ausschuss begrüßt im Sinne des Verbraucherschutzes, dass die
Bundesnetzagentur hier auch weiterhin jedem Hinweis nachgehen wird, um etwaige
strukturell begründete Verstöße gegen die Universaldienstvorgaben möglichst
unmittelbar zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage derzeit im Ergebnis keinen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf zu erkennen und die mit der Petition erhobene Forderung nicht zu
unterstützen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)