06.07.2016 12.16
Pet 1-18-12-9211-019640
Führerscheinwesen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass Führerscheininhaber der Klasse B Wohnmobile
bis zu einer Gesamtmasse von 4,25 Tonnen fahren dürfen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 77 Mitzeichnungen und 17 Diskussionsbeiträge vor.
Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen
Gesichtspunkte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es bereits
möglich sei, Wohnwagengespanne bis zu einer Gesamtmasse von 4,25 Tonnen (t)
als Inhaber eines Führerscheins der Klasse B und nach einer Einweisung zu führen.
Ferner könnte durch die Erlaubnis des Fahrens von Wohnmobilen mit einer höheren
Gesamtmasse die Gefahr des Überladens verringert werden. Diese Gefahr bestehe
bei der momentan zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t vor allem für Familien, die mit
viel Gepäck reisten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist daraufhin, dass mit der Überleitung der 2. EG-
Führerscheinrichtlinie in deutsches Recht zum 1. Januar 1999 das
Fahrerlaubnisrecht und im Besonderen die Fahrerlaubnisklassen neu geregelt
wurden. Diese Richtlinie verfolgt den Zweck der weiteren und schrittweisen
Harmonisierung des Rechts innerhalb der Europäischen Union. So waren vor
Einführung des neuen Klassensystems mehr als 80 gültige Führerscheinmodelle im
Europäischen Wirtschaftsraum im Umlauf.
Nach dieser Richtlinie können mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B für
Personenkraftwagen nur noch Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse
von 3,5 t gefahren werden, außerdem Kraftfahrzeuge mit einem Anhänger mit einer
zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit einer zulässigen
Gesamtmasse bis zur Leermasse des Zugfahrzeugs, sofern die zulässige
Gesamtmasse der Kombination 3,5 t nicht übersteigt.
Um ein Wohnmobil mit einer zulässigen Gesamtmasse von 4,25 t fahren zu dürfen,
ist eine Fahrerlaubnis der Klasse C 1 erforderlich. Dies gilt jedoch nur für private
Fahrten. Sind die Fahrten gewerblicher Art, so hat der Führer des Kraftfahrzeugs
zusätzlich die Anforderungen des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes zu erfüllen.
Grundsätzlich gilt für Kraftwagen – ausgenommen jene der Klasse D – mit einer
zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg das Erfordernis einer Fahrerlaubnis
der Klasse C. Innerhalb der Klasse C kann für das Führen von Fahrzeugen für die
Unterklassen C 1 „Kraftwagen – ausgenommen jene der Klasse D – mit einer
zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg, jedoch nicht mehr als 7.500 kg",
eine besondere Fahrerlaubnis ausgestellt werden.
Von dieser Möglichkeit hat Deutschland im Rahmen der Umsetzung der EU-
Richtlinien Gebrauch gemacht, um das Führen „leichterer" LKW bzw. Wohnmobile
unter erleichterten Bedingungen gegenüber Kraftfahrzeugen mit einer zulässigen
Gesamtmasse von mehr als 7.500 kg zu ermöglichen. Eine Abweichung von diesen
EU-rechtlichen Vorgaben ist nicht möglich.
Zur Erlangung einer Fahrerlaubnis der Klasse C, auch wenn es sich um die
„Unterklasse" C 1 handelt, ist eine spezielle theoretische Ausbildung erforderlich.
Diese berücksichtigt die besonderen Anforderungen an das Führen eines
Kraftfahrzeuges der Klasse C.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass auf die erneute theoretische Ausbildung für
die C-Klassen aus verkehrssicherheitstechnischen Gesichtspunkten nicht verzichtet
werden kann, auch wenn bereits eine Fahrerlaubnisklasse B vorhanden ist.
Die vorgebrachten Argumente im Hinblick auf das Überladen von Wohnmobilen sind
dem Ausschuss bekannt. Aber auch diese Argumente lassen kein Abweichen von
den EU-rechtlichen Vorgaben zu.
Zu den ebenfalls angesprochenen Gespann-Kombinationen bis 4,25 t gilt Folgendes:
Die Führerscheinklasse B mit der Schlüsselzahl 96 berechtigt PKW-Fahrer zum
Führen von Gespannen aus PKW & Anhänger bis zu einem zulässigen
Gesamtgewicht von 4,25 t. Wohnmobile dürfen mit der Führerscheinklasse B nur bis
zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t gefahren werden.
Abschließend ergänzt der Ausschuss, dass sich Deutschland im Rahmen der
Verhandlungen zur 3. EG-Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) bereits auf
europäischer Ebene für eine Aufweitung der Fahrerlaubnis der Klasse B für
Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 4.250 kg eingesetzt hat.
Diese Auffassung wurde auch zunächst vom Europäischen Parlament geteilt. Im
weiteren Verlauf der Verhandlungen fand diese Forderung jedoch bei den anderen
Mitgliedstaaten keine Unterstützung und wurde insbesondere von der Europäischen
Kommission strikt abgelehnt. Schwerere Fahrzeuge erfordern den Erwerb eines
weiteren Führerscheins in einer weiteren Klasse. Diese Vorgaben sind für alle
Mitgliedstaaten verbindlich und sorgen – wie bereits erwähnt – für eine
Harmonisierung des Rechts innerhalb der Europäischen Union. Ein Abweichen durch
die deutsche Gesetzgebung ist nicht möglich. Eine Modifizierung des
Klassensystems – bzw. dessen Bestimmungen zu den zulässigen Gesamtmassen –
ist nur auf europäischer Ebene möglich.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)