12.10.2019, 04:22
Pet 3-17-17-2162-041217 Gleichstellungsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.09.2019 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Der Petent möchte erreichen, dass keine verpflichtende Frauenquote in
Unternehmensvorständen beschlossen wird.
Er führt an, dass es in Unternehmen mit vielen Ingenieuren, wie z. B. in der
Automobilbranche, nur wenige weibliche Fachkräfte gebe. Der Anteil betrage ca.
5 Prozent und entspreche damit in etwa dem Anteil der Frauen, die
Ingenieurwissenschaften studieren. Daher sei es nicht möglich, dass Unternehmen
verpflichtet würden, eine Frauenquote von 40 Prozent zu erreichen. Zudem seien
Frauen möglicherweise auch nicht an einer derart anstrengenden Tätigkeit
interessiert.
Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die auf den Internetseiten des
Deutschen Bundestages eingestellt und diskutiert wurde. 590 Mitzeichnende haben
das Anliegen unterstützt.
Der Petitionsausschuss hat im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung gemäß
§ 109 Absatz 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mehrfach
eine Stellungnahme des Rechtsausschusses eingeholt. Dies ist erforderlich, wenn
die Petition einen Gegenstand der Beratung dieses Fachausschusses betrifft. Das
Verfahren stellt sicher, dass der Petitionsausschuss bei seinen Entscheidungen die
Erfahrungen und Erkenntnisse der Fachausschüsse einbeziehen kann und der
Fachausschuss seine Entscheidungen in Kenntnis der vorliegenden Petitionen trifft.
Gegenstand der Beratung im Rechtsausschuss waren der „Entwurf eines Gesetzes
zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten“ (Bundestags-Drucksache
17/3296), der Antrag „Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich
festschreiben“ (Bundestags-Drucksache 17/4685) und der Antrag
„Geschlechtergerechte Besetzung von Führungspositionen in der Wirtschaft
(Bundestags-Drucksache 17/4842). Zudem behandelte der Rechtsausschuss den
„Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und
Frauen in Wirtschaftsunternehmen“ (Bundestags-Drucksache 17/8878), den „Entwurf
eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern
in Führungsgremien“ (Bundestags-Drucksache 17/11139) und den Gesetzentwurf
des Bundesrates zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und
Männern in Führungsgremien (Bundestags-Drucksache 17/11270). Die
Gesetzentwürfe und Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt. In der 18. Wahlperiode
behandelte der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den
Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Entwurf eines Gesetzes zur
geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und
Führungsebenen“ (Bundestags-Drucksache 18/1878) sowie den Gesetzentwurf der
Bundesregierung für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst
(Bundestags-Drucksachen 18/3784, 18/4053). Der Ausschuss hat mehrheitlich die
Annahme des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (Drucksachen 18/3784,
18/4053) in geänderter Fassung empfohlen sowie die Ablehnung des
Gesetzentwurfes auf Drucksache 18/1878.
Der Petitionsausschuss hat weiterhin im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung
der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zu dem Anliegen
darzustellen. Die Prüfung des Petitionsausschusses hatte das im Folgenden
dargestellte Ergebnis:
Frauen sind in Deutschland heute genauso gut, oft sogar besser ausgebildet als
Männer. Der Anteil von Frauen nimmt jedoch mit steigender Hierarchieebene und
Unternehmensgröße ab. Zwar hat sich 2013 insgesamt der Trend zu mehr Frauen in
Spitzengremien fortgesetzt, jedoch nur in geringem Ausmaß. Laut DIW
Managerinnenbarometer 1/2014 liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten in den 200
größten Unternehmen bei 15,1 Prozent. Der Frauenanteil in den Vorständen der 200
größten Unternehmen beträgt 4,4 Prozent. Dies zeigt, dass die bisherigen vielfältigen
untergesetzlichen Maßnahmen zur Steigerung des Anteils von Frauen in
Aufsichtsräten, Vorständen und höheren Führungspositionen in der Privatwirtschaft
unbefriedigend sind.
Trotz erster Verbesserungen bei der Erhöhung des Frauenanteils in
Führungspositionen folgte in der Vergangenheit der sehr guten Entwicklung bei den
Berufs- und Studienabschlüssen von Frauen nicht automatisch deren
gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen. Auch die vom Deutschen
Corporate Governance Kodex vorgesehenen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft
führten nicht zu besseren Ergebnissen.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass mehr Frauen in Führungspositionen jedoch
ein Gebot der Chancengleichheit sind. Sie können ein entscheidender Faktor zu
wirtschaftlichem Erfolg sein und sind zugleich eine zentrale Antwort auf den
demografischen Wandel und seine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.
Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG gebietet die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Art. 3
Abs. 2 Satz 2 GG regelt weiterhin, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert und auf die Beseitigung
bestehender Nachteile hinwirkt. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Politik werden
damit verfassungsrechtlich in die Pflicht genommen, den Auftrag aus Art. 3 Abs. 2
GG unter sich wandelnden Bedingungen der Gesellschaft stets neu zu erfüllen und
an die Herausforderungen der jeweiligen Zeit anzupassen. Als Folge der
Gleichstellungspolitik wurden bereits deutliche Verbesserungen der
Rahmenbedingungen und Fortschritte insbesondere bei der Frage der Vereinbarkeit
von Familie und Beruf erzielt. Ein Fortschritt bei der Repräsentanz von Frauen in
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst konnte jedoch
nicht erreicht werden. Frauen sind in beiden Bereichen noch heute stark
unterrepräsentiert. Unter den 200 größten Unternehmen in Deutschland lag im Jahr
2013 der Frauenanteil im Aufsichtsrat nur bei knapp 16 Prozent, während er im
Vorstand sogar nur 4,4 Prozent betrug. Die von politischer Seite initiierten freiwilligen
Selbstverpflichtungen der Unternehmen zu einer Erhöhung des Frauenanteils an
Führungspositionen haben nicht ausreichend gewirkt. Der geringe Frauenanteil
widerspricht einer geschlechtergerechten Teilhabe an verantwortungsvollen
Positionen in der deutschen Wirtschaft und Verwaltung.
Der Deutsche Bundestag hat daher am 6. März 2015 das Gesetz zur
gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der
Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst verabschiedet. Es basiert auf 3 Säulen:
1. Einer Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte,
börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen,
2. der Festlegung von Zielgrößen für Aufsichtsräte, Vorstände und oberste
Managementebenen für börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen und
3. der Novellierung der gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des
Bundes - das Bundesgremienbesetzungsgesetz und das
Bundesgleichstellungsgesetz -, die im Wesentlichen die Vorgabe der
Geschlechterquote und die Festlegung von Zielgrößen in der Privatwirtschaft
widerspiegeln.
Nach Auffassung des Petitionsausschusses geht die Bedeutung des Gesetzes weit
über die Festlegung von Quoten oder verbindlichen Zielgrößen hinaus. In den vom
Gesetz betroffenen über 3500 Unternehmen arbeiten mehrere Millionen Menschen
und entsprechend viele weibliche Beschäftigte. Diese Unternehmen müssen sich
durch die Verpflichtungen aus dem Gesetz nachhaltig mit ihrer Unternehmenskultur
und den Chancen von Frauen auseinandersetzen. Hierdurch wird ein Wandel in der
Arbeitswelt vorbereitet, der Frauen und Männern eine gleichberechtigte Teilhabe im
Berufsleben allgemein, aber eben auch besonders auf allen Hierarchieebenen
ermöglicht.
Der Petitionsausschuss weist ergänzend darauf hin, dass das am 1. Mai 2015 in
Kraft getretene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern
an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst keine Quote
für Vorstände enthält. Auch im Koalitionsvertrag für diese Wahlperiode ist keine
verpflichtende Quote vereinbart worden.
Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung des Petenten daher nicht. Er
empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen durch die
Rechtslage entsprochen ist.
Begründung (PDF)