Hilfsmittel/Heilmittel - Berücksichtigung persönlicher Belange bei Ausschreibungen/Beitrittsverträgen für Inkontinenzhilfsmittel

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
932 Unterstützende 932 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

932 Unterstützende 932 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.08.2016, 04:22

Pet 2-18-15-82714-021683



Hilfsmittel/Heilmittel



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und

beschlossen:



1. Die Petition der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Gesundheit - zur

Erwägung zu überweisen, soweit es um die Durchsetzung verbesserter

Qualitätsstandards in der Versorgung von Betroffenen mit Inkontinenzhilfsmitteln

geht,

2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung



Mit der Petition wird gefordert, dass bei Ausschreibungen und Beitrittsverträgen von

ableitenden und aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln die persönlichen Belange,

u. a. die Schwere der Harn- und/oder Stuhlinkontinenz, die ausreichende Anzahl und

Typ, Passform, Handhabung und die Eignung für den persönlichen Alltag

gewährleistet werden und für diese Versorgung keine Mehrkosten von den

Versicherten zu tragen sind.

Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten

Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen

Bundestages eingestellt. Es gingen 932 Mitzeichnungen sowie

17 Diskussionsbeiträge ein.

Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter

Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen

parlamentarischen Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um

Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden

kann.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage einer

Stellungnahme der Bundesregierung wie folgt dar:



Gemäß § 126 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dürfen Hilfsmittel an

Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 und 3 SGB V

abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können dabei nur

Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende,

zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der

Hilfsmittel erfüllen. Die in dem vom GKV-Spitzenverband geführten

Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V festgelegten Anforderungen an die Qualität

der Hilfsmittel sind zu beachten. Im Fall von Ausschreibungen nach § 127 Abs. 1

SGB V sind die Krankenkassen ausdrücklich verpflichtet, neben der Qualität der

Hilfsmittel auch die notwendigen Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen

sicherzustellen und für eine zeit- und wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu

sorgen.

Danach bestehen für die Gewährleistung einer sowohl in qualitativer als auch in

quantitativer Hinsicht ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen

Hilfsmittelversorgung der Versicherten umfangreiche gesetzliche Vorgaben. Dennoch

mehren sich in letzter Zeit Berichte über Fehlentwicklungen in der

Hilfsmittelversorgung, insbesondere im Zusammenhang mit

Ausschreibungsverträgen nach § 127 Abs. 1 SGB V. Vielfach würden die Qualität

und die Menge der aufzahlungsfrei gelieferten Produkte nicht den Bedarfen der

Versicherten entsprechen. Zu den in diesem Zusammenhang besonders häufig

genannten Produktgruppen zählen die Inkontinenzhilfen.

In ihren Verträgen zur Versorgung mit Inkontinenzhilfen verpflichten die

Krankenkassen die Leistungserbringer auf Produkte, die im Hilfsmittelverzeichnis

nach § 139 SGB V gelistet oder in Qualität und Ausführung gleichwertig sind. Im

Hilfsmittelverzeichnis sind Angaben zu den Indikationsbereichen, in denen eine

Versorgung mit dem jeweiligen Produkt grundsätzlich infrage kommt, sowie

Anforderungen an den Aufbau eines Produkts und seine Funktionsfähigkeit

enthalten. So wird zum Beispiel in der Untergruppe "Saugende Inkontinenzvorlagen"

zwischen Produkten unterschiedlicher Größe und Saugleistung unterschieden und

an die Produkte jeweils die Anforderung gestellt, den Urin aufzusaugen, ihn

möglichst hautfern zu speichern und eine rückläufige Befeuchtung der Haut zu

vermeiden.

Produkte, die diesen und weiteren Anforderungen gerecht werden, werden nach

Antrag des Herstellers und erfolgter Prüfung durch den GKV-Spitzenverband in das

Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen. Allerdings sind die im Hilfsmittelverzeichnis



enthaltenen Vorgaben für die Produktgruppe "Inkontinenzhilfen" seit 1993

unverändert und entsprechen deshalb möglicherweise nicht mehr dem aktuellen

Stand der Technik. Der GKV-Spitzenverband bereitet deshalb eine Aktualisierung

dieser Produktgruppe vor. Angepasst werden u. a. Qualitätsparameter wie

Rücknässung und Aufsauggeschwindigkeit. Danach will der GKV-Spitzenverband

gelistete Produkte, die den neuen Anforderungen nicht mehr entsprechen, aus dem

Hilfsmittelverzeichnis streichen.

Die Bundesregierung erwartet, dass die Aktualisierung der Produktgruppe

"Inkontinenzhilfen" des Hilfsmittelverzeichnisses durch den GKV-Spitzenverband

möglichen Qualitätsdefiziten bei der Versorgung mit Inkontinenzhilfen entgegenwirkt.

Darüber hinaus prüft die Bundesregierung, welche gesetzlichen Regelungen ggf.

erforderlich sind, um über die aktuelle Fortschreibung der Produktgruppe

"Inkontinenzhilfen" hinaus eine regelmäßige Aktualisierung aller 33 Produktgruppen

des Hilfsmittelverzeichnisses zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang prüft die

Bundesregierung auch Regelungen, die Krankenkassen zu einer verbesserten

Erhebung der Ergebnisqualität der Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten

verpflichten. Dies hätte auch Auswirkungen auf die Versorgung mit Inkontinenzhilfen.

Im Rahmen ihrer Verträge mit Leistungserbringern vereinbaren die Kassen in der

Regel monatliche Versorgungspauschalen, die auf einer Mischkalkulation von Kosten

für die Versorgung von Patienten mit unterschiedlich starker Inkontinenz beruhen.

Dabei obliegt die Entscheidung über die Auswahl des konkreten Produkts und auch

über die Menge der im Einzelfall abgegebenen Produkte im Wesentlichen dem

Leistungserbringer. Durch eine Erhebung der Ergebnisqualität z. B. durch

Versichertenbefragungen würden die Voraussetzungen geschaffen, um

Leistungserbringer zu identifizieren, die entgegen vertraglicher Vorgaben

unzureichend versorgen.

Soweit mit der Petition gefordert wird, dass der Versicherte für die notwendige

Versorgung keine Aufzahlungen zu leisten hat, ist darauf hinzuweisen, dass auch für

die Versorgung mit Hilfsmitteln im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung

(GKV) das Sachleistungsprinzip gilt. Die Versicherten haben gemäß § 33 SGB V

einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um

den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung

vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als

Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4

SGB V aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen sind. Für die



erforderliche Versorgung dürfen weder Krankenkassen noch Leistungserbringer von

den Versicherten eine Aufzahlung über die gesetzliche Zuzahlung hinaus verlangen.

Verschiedene Berichte und Befragungen deuten darauf hin, dass in einigen

Produktgruppen Aufzahlungen inzwischen verbreitet sind. Dazu zählt auch die

Produktgruppe der Inkontinenzhilfen. Eine Aufzahlung ist gerechtfertigt, wenn ein

Versicherter eine Versorgung wünscht, die das Maß des Notwendigen übersteigt.

Abzulehnen ist es indes, wenn ein Leistungserbringer versucht, den-Versicherten

durch fehlerhafte oder unvollständige Informationen über die Qualität der

aufzahlungsfreien Versorgung zum Kauf eines aufzahlungspflichtigen Hilfsmittels zu

bewegen. Die Bundesregierung prüft derzeit gesetzliche Regelungen, die über die

bestehenden Vorschriften hinaus die Wahlmöglichkeiten der Versicherten zwischen

aufzahlungsfreien Produkten stärken und eine verbesserte Information der

Versicherten durch die Krankenkasse über Vertragsinhalte und ihren Anspruch auf

eine aufzahlungsfreie Versorgung vorsehen.

Durch die bevorstehende Aktualisierung der Qualitätsanforderungen an

Inkontinenzhilfen im Hilfsmittelverzeichnis und durch die beabsichtigte

Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen für die Hilfsmittelversorgung wird

dem Anliegen des Petenten nach Aussage der Bundesregierung entsprochen.

Vor dem Hintergrund des Dargelegten empfiehlt der Petitionsausschuss, die Petition

der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Gesundheit - zur Erwägung zu

überweisen, soweit es um die Durchsetzung verbesserter Qualitätsstandards in der

Versorgung von Betroffenen mit Inkontinenzhilfsmitteln geht und das

Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung (PDF)


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