13. 05. 2017. 04:22
Pet 2-18-18-270-024430
Immissionsschutz
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird ein Beschluss des Deutschen Bundestages gefordert, wonach
die Bundesregierung den internationalen Verpflichtungen zur Minderung der
Ammoniak-Emissionen nachkommt und bis zum Erreichen dieser Verpflichtungen,
die Genehmigung von Massentierhaltungen aussetzt.
Zur Begründung seiner Eingabe führt der Petent im Wesentlichen an, Ammoniak
breite sich in der Atmosphäre aus und schädige die Umwelt gleich in mehrfacher
Hinsicht. Es führe zu einer Versauerung des Bodens, könne Pflanzen und Wälder
schädigen und belaste indirekt das Klima. Laut Umweltbundesamt (UBA) entstehe
das umweltschädliche Ammoniak zum überwiegenden Teil (ca. 95 Prozent) durch
Tierhaltung und in erhöhtem Maße durch die sogenannte Massentierhaltung. Die
Parteien der Genfer Luftreinhaltekonvention, wozu auch Deutschland gehöre, hätten
2005 das Multikomponenten-Protokoll beschlossen und sich durch die Einführung
nationaler Höchstmengen verpflichtet, die Ammoniak-Emissionen zu vermindern. Ab
dem Jahr 2010 dürften 550.000 Tonnen Ammoniak nicht mehr überschritten werden.
Ausweislich einer Antwort der Bundesregierung vom 21. Mai 2015 auf eine Kleine
Anfrage einer Fraktion des Deutschen Bundestages habe Deutschland seit 2010 in
keinem Jahr die maximal zulässige Grenze an Ammoniak-Emissionen eingehalten,
sondern liege vielmehr deutlich darüber. So hätten die Ammoniak-Emissionen in
jedem Jahr deutlich über 600.000 Tonnen gelegen, im Jahr 2011 sogar bei
675.000 Tonnen und im Jahr 2014 bei 671.000 Tonnen. Laut weiterer Auskunft der
Bundesregierung seien die höheren Werte der Emissionen auf die Umstellung des
Messverfahrens auf "internationale Standards" zurückzuführen. Der Petent vertritt die
Auffassung, die wenigen bisher beschlossenen und getroffenen Maßnahmen seien
offensichtlich erfolglos oder führten nicht zu der gewünschten Reduzierung der
Ammoniak-Emissionen bis zur maßgeblichen Höchstgrenze. Daher halte er seine
geforderten Beschlüsse für gerechtfertigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen des Petenten wird auf die
von ihm eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlich
worden. Sie wurde durch 133 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen
9 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss äußert Verständnis für das vorgetragene Anliegen.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass Ammoniak eine
chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff mit der Summenformel NH3
ist. Es ist ein stark riechendes, farbloses, wasserlösliches und giftiges Gas, das zu
Tränen reizt und erstickend wirkt. Ammoniak ist eine der meist produzierten
Chemikalien und Grundstoff für die Produktion aller weiteren Stickstoffverbindungen.
Der größte Teil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln, insbesondere Harnstoff und
Ammoniumsalzen, weiterverarbeitet. Wichtige Quellen für Ammoniak-Emissionen
sind Vulkanausbrüche, die Viehhaltung sowie die Rindermast und auch der Verkehr.
Eine besondere Bedeutung hat Ammoniak in der Ökologie der Gewässer. Da es für
die meisten Organismen der Gewässer toxisch ist, kann bei einer Überschreitung
des kritischen ph-Wertes plötzliches Fischsterben auftreten.
Wie der Petent ausgeführt hat, hat sich Deutschland in dem sogenannten
Multikomponenten-Protokoll der Wirtschafskommission für Europa der Vereinten
Nationen (ONECE), das die jährlichen Emissionen durch Einführung nationaler
Höchstmengen begrenzt, verpflichtet, die Ammoniak-Emissionen zu vermindern. Ab
dem Jahr 2010 dürfen 550.000 Tonnen Ammoniak nicht mehr überschritten werden.
Weiterhin hat Deutschland im Zuge der Novellierung des Protokolls eine Reduktion
der Ammoniak-Emissionen bis 2020 um 5 Prozent gegenüber dem Wert von 2005
zugesagt. Eine Emissionshöchstmenge von 550.000 Tonnen sieht auch die auf
EU-Ebene gültige Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie)
vor.
Die vom Petenten thematisierten, seitens der Bundesregierung im Dezember 2014
berichteten Ammoniak-Emissionen haben im Wesentlichen folgende Ursachen:
a) Änderung der Emissionsfaktoren für stickstoffhaltige Mineraldünger. Die
nunmehr anzuwendenden internationalen Berichterstattungsleitlinien (EMEP-
Guidebook 2013) führten für die in Deutschland verwendeten stickstoffhaltigen
Mineraldünger rechnerisch etwa zu einer Verdoppelung dieser Teilemissionen.
Hierzu merkt der Petitionsausschuss an, dass es Hinweise darauf gibt, nach
denen die internationalen Emissionsfaktoren für stickstoffhaltige
Mineraldünger unter den Bedingungen in Deutschland zumindest teilweise
wesentlich zu hoch sein könnten. Dies wird gegenwärtig auf nationaler und
internationaler Ebene geprüft. Mit Ergebnissen ist allerdings nicht vor 2018 zu
rechnen.
b) Wegfall der Berücksichtigung von Leerstandszeiten in der Tierhaltung.
c) Aktualisierung der Geflügelzahlen.
d) Berücksichtigung der Emissionen aus vergorenem Wirtschaftsdünger.
Der Petitionsausschuss begrüßt, dass zur Minderung der Ammoniak-Emissionen im
Rahmen der Novellierung der Düngeverordnung (DüV), zusätzliche Maßnahmen
verbindlich eingeführt werden sollen. Der Petitionsausschuss ergänzt, dass die DüV
die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und
Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen
regelt. Sie ergänzt damit die Düngemittelverordnung für die Zulassung und das
Düngegesetz für den Vertrieb von Düngemitteln etc. Die Maßnahmen sind:
a) Ausdehnung der Vorschrift zur unverzüglichen Einarbeitung von bestimmten
flüssigen Wirtschaftsdüngern auf unbestellten Ackerflächen auf alle
organischen oder organisch-mineralischen Düngemittel mit jeweils
wesentlichem Gehalt an verfügbaren Stickstoff oder Ammoniumstickstoff.
Zudem ist vorgesehen, die maximal zulässige Einarbeitungszeit nach einer
Übergangsfrist weiter zu verringern.
b) Einführung von Vorschriften zur Verwendung emissionsarmer
Ausbringungsverfahren für alle flüssigen organischen oder organisch-
mineralischen Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an verfügbaren Stickstoff
oder Ammoniumstickstoff auf bewachsenen Flächen.
c) Auf unbestelltem Ackerland sollen künftig auch Harnstoffdünger unverzüglich
eingearbeitet werden. Alternativ können Ureasehemmstoffe zugegeben
werden; diese mindern die Zersetzung des ausgebrachten Harnstoffs und
damit die Ammoniak-Emissionen.
Der Petitionsausschuss geht davon aus, dass diese Novellierung der DüV im Laufe
des ersten Halbjahres 2017 abgeschlossen werden kann.
Hinsichtlich einer Minderung der Emissionen aus genehmigungsbedürftigen Anlagen,
zu denen unter anderen große Tierhaltungsanlagen zählen, wird derzeit eine
Anpassung der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) an den
aktuellen Stand der Technik vorbereitet. Nach Kenntnis des Petitionsausschusses
werden im Zuge der Anpassung Maßnahmen zur Minderung der Emissionen geprüft,
beispielsweise der verpflichtende Einbau von Abluftreinigungsanlagen bei
bestimmten großen Tierhaltungsanlagen. Außerdem wird eine Anpassung der
Anforderungen hinsichtlich der Abdeckung von Lagerbehältern für flüssige
Wirtschaftsdünger diskutiert. Der Petitionsausschuss ergänzt, dass die
umfangreichen Beratungen zur TA Luft nach seiner Kenntnis gerade erst begonnen
haben. Mit einem Abschluss ist frühestens in ein bis zwei Jahren zu rechnen.
Nach dem Dafürhalten des Petitionsausschusses erscheinen die beschriebenen
Maßnahmen aus Düngung, Abluftreinigung und Lagerung insgesamt geeignet ein
Minderungspotential darzustellen, das ausreicht, um die geltende
Emissionshöchstmenge für Ammoniak zu unterschreiten.
Soweit der Petent eine generelle Aussetzung der Erteilung von Genehmigungen für
große Tierhaltungsanlagen bis zur sicheren Einhaltung der nationalen Vorgaben der
Höchstmengen für Ammoniak-Emissionen fordert, weist der Petitionsausschuss
darauf hin, dass dies nach geltendem Recht unzulässig ist. Denn die erforderliche
immissionsschutzrechtliche Genehmigung für große Tierhaltungsanlagen ist bei
Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen zu erteilen. Dies verlangt die Erfüllung
der maßgeblichen anlagenbezogenen Vorgaben. Im Fall von Tierhaltungsanlagen
zielen diese unter anderem auf die Minderung der Ammoniak-Emissionen ab. Der
Petitionsausschuss betont, dass der Betreiber gemäß § 5 des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes Maßnahmen nach dem Stand der Technik zu ergreifen
hat, um Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen zu treffen. Der Stand der
Technik wird für genehmigungsbedürftige Anlagen in der TA Luft konkretisiert. Diese
wird vielfach auch bei der Festlegung von Anforderungen für
nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen als Erkenntnisquelle herangezogen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen werden wird.
Begründung (PDF)