30-05-2017 04:22
Pet 1-18-09-742-011882
Kontrolle von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.05.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und
dem Auswärtigen Amt – zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
soweit es um eine Evaluation und Weiterentwicklung der Rüstungsexportrichtlinien
geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition soll ein Verbot des Waffenexportes in Krisengebiete erreicht werden.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 268 Mitzeichnungen und 29 Diskussionsbeiträge vor. Zudem gingen mehrere
sachgleiche Petitionen ein. Sie werden aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung
einer gemeinsamen parlamentarischen Beratung zugeführt. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass
amerikanische Waffen, die an die irakische Armee geliefert worden seien, sich
mittlerweile im Besitz von Terrorarmeen befänden. Niemand könne garantieren, dass
auch neuere Waffenlieferungen nicht für Verstöße gegen das Internationale
Völkerrecht verwendet würden. Durch Waffenlieferungen an Kriegsparteien würden
Kriege stets verlängert werden, denn Waffen – dies zeige die Geschichte – seien der
„Brennstoff“ des Krieges.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Zudem hat der Ausschuss gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2
der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) eine Stellungnahme des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages eingeholt, dem
der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Eckpunkte für ein
Rüstungskontrollgesetz“ (Bundestagsdrucksache 18/4940) zu diesem Thema vorlag.
Der Deutsche Bundestag hat über den Antrag beraten. Das Plenarprotokoll
(Plenarprotokoll 18/109) und die Beschlussempfehlung des Ausschusses
(Bundestagsdrucksache 18/7030) können unter www.bundestag.de eingesehen
werden. Weiterhin liegen in der 18. Legislaturperiode bereits folgende Anträge zu
dem Thema Waffen-/Rüstungsexportverbot vor: Der Antrag der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD „Mehr Transparenz bei Rüstungsexportentscheidungen
sicherstellen“ (Bundestagsdrucksache 18/1334), die Anträge der Fraktion DIE
LINKE. „Waffenexporte in die Golfregion verbieten“ und „Fluchtursachen bekämpfen“
(Bundestagsdrucksachen 18/768 und 18/7039) sowie die Anträge der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Keine Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien“, „Echte
Transparenz und parlamentarische Beteiligung bei Rüstungsexportentscheidungen
herstellen“ und „Rüstungsexportkontrollgesetz vorlegen“ (Bundestagsdrucksachen
18/576, 18/1360 und 18/7546). Alle genannten Drucksachen sowie die
dazugehörigen Plenarprotokolle sind ebenfalls unter dem o. g. Link einsehbar.
Außerdem führte der Petitionsausschuss am 23. März 2015 eine öffentliche Beratung
zu einer weiteren Petition, mit der ein Waffenexportverbot gefordert wurde, durch.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der
seitens der Bundesregierung und des Wirtschaftsausschusses angeführten
Gesichtspunkte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass die Bundesrepublik
Deutschland eine zurückhaltende und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik
betreibt, indem sie keine Waffen an Länder liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht.
Auch Unrechtsregime erhalten keine Waffen, die zu internen Repressionen gegen
die eigene Bevölkerung eingesetzt werden könnten. Die deutsche
Rüstungsexportpolitik war und ist – im Gegensatz zu einer Reihe anderer Staaten –
kein Instrument außenpolitischer Einflussnahme.
Ein vollständiges Verbot von Rüstungsexporten kommt für die Bundesregierung
dennoch nicht in Betracht, da es gegen europarechtliche Bestimmungen verstoßen
und die Kooperation mit den Partnern in der Europäischen Union und der NATO
unmöglich machen würde. Zudem wäre Deutschland in Ausnahmesituationen nicht in
der Lage, im Rahmen eines UN-Einsatzes Hilfe zu leisten.
Die deutsche Rüstungsexportpolitik richtet sich nach den „Politischen Grundsätzen
der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000 und dem im Dezember 2008 verabschiedeten
rechtlich verbindlichen „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der
Europäischen Union“ betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr
von Militärtechnologie und Militärgütern.
Aktuelle Informationen zu den bestehenden Waffenembargos und den jeweiligen
(rechtlichen) Grundlagen, wie beispielsweise dem Runderlass Außenwirtschaft Nr.
6/2014 Ausfuhr, bestehende Waffenembargos vom 17. November 2014, finden sich
auf der Webseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
www.ausfuhrkontrolle.info unter „Embargos“.
Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit für die Genehmigung von Rüstungsexporten
liegt gemäß Artikel 26 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) bei der Bundesregierung.
Dem Deutschen Bundestag steht in diesem Zusammenhang jedoch ein Frage- und
Informationsrecht gegenüber der Bundesregierung zu, das für die Realisierung der
parlamentarischen Kontrolle der Regierung von großer Bedeutung ist. So muss die
Bundesregierung auf Anfrage grundsätzlich mitteilen, ob ein bestimmtes
Kriegswaffenexportgeschäft genehmigt oder nicht genehmigt worden ist. Darüber
hinaus gehende Angaben, etwa zu den Gründen der Entscheidung, sind
verfassungsrechtlich allerdings nicht geboten.
Die Notwendigkeit dieser Begrenzung des Informationsanspruchs ergibt sich aus
dem Gewaltenteilungsprinzip (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG) sowie aus Gründen des
Staatswohls und Grundrechten Dritter.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 21. Oktober
2014 – 2BvE 5/11) würde die Auskunft über Inhalt und Beratungen im
Bundessicherheitsrat einen erheblichen Eingriff in den Kernbereich der exekutiven
Eigenverantwortung darstellen, so dass insoweit eine parlamentarische Kontrolle
nicht mit Verfassungsrecht vereinbar wäre. Das Bekanntwerden
geheimhaltungsbedürftiger Informationen könnte zudem die außenpolitische
Handlungsfähigkeit der Bundesregierung beeinträchtigen und damit das Staatswohl
gefährden. Die Auskunft der Bundesregierung zu sensiblen Rüstungsexporten stellt
durch die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der jeweiligen
Rüstungsunternehmen auch einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Artikels 12 Abs. 1
GG dar. Dieser Eingriff ist nur insoweit gerechtfertigt, wie die Bundesregierung
Auskunft über die Genehmigungsentscheidung des Bundessicherheitsrates und die
Grunddaten des Kriegswaffenausfuhrgeschäfts gibt.
Aus den genannten Gründen ist die parlamentarische Kontrolle auf bereits
abgeschlossene Genehmigungsentscheidungen beschränkt. Weitergehende
Befugnisse des Deutschen Bundestages wären mit der verfassungsrechtlichen
Zuständigkeitszuweisung nicht vereinbar.
Der Petitionsausschuss betont jedoch, dass die Bundesregierung für die
18. Legislaturperiode festgelegt hat, dass im Hinblick auf Rüstungsexporte mehr
Transparenz gegenüber dem Deutschen Bundestag und damit auch der
Öffentlichkeit geschaffen werden soll. Bei abschließenden
Genehmigungsentscheidungen im Vorbereitungsausschuss des
Bundessicherheitsrates sowie im Bundessicherheitsrat wird künftig eine zeitnahe
Unterrichtung des Deutschen Bundestages gewährleistet sein. Über mögliche
Voranfragen, wie auch die Frage, ob ein Antrag auf Genehmigung gestellt worden
ist, informiert die Bundesregierung demgegenüber nicht, da alle Beratungen zu
Rüstungsexporten vor einer abschließenden Genehmigungsentscheidung
Gegenstand der internen Willensbildung der Bundesregierung sind und als solche
dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen. Genehmigungen für
Rüstungsgüter, die zu Menschenrechtsverletzungen oder interner Repression
eingesetzt werden können, werden nicht erteilt. Es erfolgt in jedem Fall eine strenge
Einzelfallprüfung.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss im
Ergebnis, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie und dem Auswärtigen Amt – zu überweisen und den Fraktionen des
Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um eine Evaluation und
Weiterentwicklung der Rüstungsexportrichtlinien geht, und das Petitionsverfahren im
Übrigen abzuschließen.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)