06.07.2016, 12:15
Pet 2-18-08-640-020667
Liegenschaften des Bundes
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Landesvolksvertretung von Baden-Württemberg zuzuleiten, soweit
es um den Erhalt der Offizierssiedlung als Denkmal geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird der Erhalt der ehemaligen amerikanischen Offizierssiedlung auf
der Konversionsfläche Benjamin-Franklin im Stadtteil Mannheim-Käfertal nach einem
Verkauf gefordert.
Zur Begründung seiner Eingabe führt der Petent, Mitglied der Bürgerinitiative
Wasserwerkstraße/Beim Teufelsberg, im Wesentlichen an, die Stadt Mannheim,
vertreten durch die MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP), beabsichtige,
das Gelände der Offizierssiedlung von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
(BImA) zu erwerben und an einen Investor zu veräußern, der einen Abriss von
50 Prozent der Bestandsgebäude und eine massive Nachverdichtung plane. Dies sei
auch aus historischen Gründen nicht hinnehmbar. Daher solle ein Verkauf der
Konversionsflächen nur unter der Auflage erfolgen, dass die Offizierssiedlung in
ihrem einzigartigen Charakter vollständig erhalten bleibe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen des Petenten wird auf die
von ihm eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Sie wurde durch 52 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen
6 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass die BImA die
Konversionsliegenschaft "Benjamin-Franklin-Village (BFV), Sullivan-Barracks sowie
Funari-Barracks" in Mannheim im Mai 2013 bzw. im Jahr 2014 übernommen hat. Das
88 ha große BFV ist eines der größten geschlossenen Wohnorte der US-Streitkräfte
in Europa. Beim BFV handelt es sich um einen völlig autarken Stadtteil auf der
Gemarkung von Mannheim-Käfertal, dessen vorhandene Baustruktur alle
Gebäudetypen einer Kleinstadt umfasst. Auf dem Gelände des BFV befinden sich ein
Kindergarten, jeweils eine Elementary-, Middle- und Highschool. Die dazugehörigen
Sporteinrichtungen - Sporthallen und Sportplätze - sind vorhanden. Die
Nahversorgung der Bevölkerung wird durch ein Einkaufszentrum, Hotels bzw.
Gästehäuser, Kino, Kirche, Tankstelle sowie sonstige Sozialeinrichtungen
sichergestellt. Die Wohnbebauung umfasst die Gebäudetypen von rund
11 freistehenden Einfamilienhäusern, rund 46 Doppelhäusern sowie ca.
79 dreigeschossigen Wohnhäusern und ca. 24 viergeschossigen
Mehrfamilienwohnhäusern. Insgesamt umfasst die Wohnsiedlung
2.070 Wohneinheiten. Während das BFV-Süd hauptsächlich aus
Versorgungsgebäuden und 29 Mehrfamilienhäusern mit rund 700 Wohneinheiten
besteht, ist die ungefähr 12,1 ha große, in der Petition thematisierte Offizierssiedlung
mit 46 Doppelhäusern und 11 Einfamilienhäusern bebaut. Die Wohnsiedlung ist im
bestandskräftigen Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen. Die
planungsrechtliche künftige Nutzung der Liegenschaft befindet sich im Abstimmungs-
und Planungsprozess mit der Stadt Mannheim und ist im Gesamtkontext der
Konversion in der Metropolregion Rhein-Neckar zu betrachten. Der erste Entwurf für
ein Nutzungskonzept sieht den Umbau zu einem neuen Stadtquartier mit vielfältigen
Nutzungen im Zusammenhang mit der "Sullivan-Barracks" und "Funari-Barracks" vor.
Nach Kenntnis des Petitionsausschusses hat das Bundesministerium der Finanzen
nach Einwilligung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates zur
Veräußerung der in Rede stehenden Liegenschaft nach § 64 Abs. 2 BHO an die
MWSP die erforderliche Genehmigung des Kaufvertrages am 10. Dezember 2015
erteilt.
Die Veräußerung der Liegenschaft in Mannheim erfolgte in enger Abstimmung mit
den betroffenen Bedarfsträgern. Nach Auskunft der zuständigen Stellen wird die am
nördlichen Rand innerhalb der BFV gelegene Offizierssiedlung nicht zur Unterkunft
von Flüchtlingen genutzt.
Der Petitionsausschuss betont, dass der Bund keinen Einfluss auf die Forderung des
Petenten hat, die Offizierssiedlung in ihrem jetzigen Charakter vollständig zu
erhalten. Dies unterliegt dem Bauplanungsrecht der Stadt Mannheim, die Trägerin
der Planungshoheit für die in Rede stehende Liegenschaft ist. Der Bund kann im
Rahmen seines fiskalischen Handelns nicht in kommunale Belange eingreifen und
diese Planungshoheit durch privatschriftliche Vereinbarungen einschränken.
Unabhängig davon unterstreicht der Petitionsausschuss, dass jeder öffentliche bzw.
private Eigentümer, im vorliegenden Fall die Stadt Mannheim, hinsichtlich der
Nutzung seiner Liegenschaft an die öffentlich-rechtlichen Vorgaben gebunden ist.
Dies gilt insbesondere auch für die Einhaltung der Bestimmungen des
Denkmalschutzes sowie der einschlägigen naturschützenden Vorschriften.
Im Übrigen merkt der Petitionsausschuss abschließend an, dass nach seiner
Kenntnis die Aussage des Petenten, die BImA habe sich ebenfalls kritisch zu den
Abrissplänen der Offizierssiedlung geäußert, nicht zutreffend ist.
Dennoch hält der Petitionsausschuss das Anliegen des Petenten insbesondere aus
historischen Gründen für unterstützungswürdig. Vor dem Hintergrund der
Landeskompetenz für Denkmalschutz und -pflege sowie für die Entwicklung
städtebaulicher Konzepte empfiehlt der Ausschuss daher, die Petition der
Landesvolksvertretung von Baden-Württemberg zuzuleiten, soweit es um den Erhalt
der Offizierssiedlung als Denkmal geht, und das Petitionsverfahren im Übrigen
abzuschließen.
Begründung (pdf)