10. 06. 2016. 04:24
Pet 1-17-06-201-055531
Personalrecht des öffentlichen Dienstes
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Eingabe wird gefordert, für die Besoldung und Versorgung aller Bundes-,
Landes- und Kommunalbeamten wieder eine einheitliche Gesetzgebungskompetenz
des Bundes zu schaffen.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 383 Mitzeichnungen und
60 Diskussionsbeiträgen sowie mehrere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor,
die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der
vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die
Rückübertragung der Kompetenz für die Besoldung, Versorgung und das
Laufbahnrecht der Landesbeamten auf die Bundesländer durch die am
1. September 2006 in Kraft getretene Föderalismusreform I zu einem anhaltenden
Prozess des Auseinanderdriftens der Beamtenbesoldung der Bundesländer und des
Bundes geführt habe. Die Folge seien erhebliche Besoldungsdifferenzen von deutlich
über zehn Prozent. Gerade ärmere Bundesländer, deren Haushalt überwiegend
durch die Personalkosten belastet würde, machten von den neuen Regularien der
Föderalismusreform dahingehend Gebrauch, dass insbesondere der Beamtenschaft
Sonderopfer abverlangt würden. Dies erschwere die Nachwuchsgewinnung und
führe zu einer Personalabwanderung in besser zahlende Bundesländer. Ferner
bestünden im Hinblick auf den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besoldungsregelungen einzelner
Bundesländer. Vor diesem Hintergrund sei eine Korrektur der Fehlentwicklungen der
Föderalismusreform angezeigt, da nur durch eine Vereinheitlichung des zersplitterten
Dienstrechts für alle Bundes-, Landes- und Kommunalbeamten die Wahrung der
hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums möglich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Zunächst weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass der Themenbereich
Gegenstand parlamentarischer Fragen war. Verwiesen wird insbesondere auf die
Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage (Drucksache 16/13710,
Frage 12), die unter www.bundestag.de aufgerufen und eingesehen werden kann.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass nach derzeitiger Rechtslage dem Bund die
Gesetzgebungskompetenz für die Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes
stehenden Beamten sowie die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder
gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nr. 8 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 74 Absatz 1
Nr. 27 GG sowie den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für Laufbahnen,
Besoldung und Versorgung der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen
Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern gemäß
Artikel 70 GG zusteht. Vor der im Jahr 2006 im Rahmen der Föderalismusreform I
vorgenommenen Grundgesetzänderung bestand eine konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung und Versorgung der Beamten sowie
eine Rahmengesetzgebung für deren Statusrechte und -pflichten. Die derzeitige
Gesetzgebungskompetenzlage entspricht im Übrigen der Kompetenzlage, die bis
zum Jahr 1971 galt.
In diesem Zusammenhang macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass es
ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes
(Drucksache 16/813, S. 7 f.) Ziel der Föderalismusreform war, demokratie- und
effizienzhinderliche Verflechtungen zwischen Bund und Ländern abzubauen und
wieder klare Verantwortlichkeiten zu schaffen, um so die föderalen Elemente der
Solidarität und der Kooperation einerseits und des Wettbewerbs andererseits neu
auszubalancieren. Insgesamt ging es um eine nachhaltige Stärkung der Handlungs-
und Entscheidungsfähigkeit sowohl des Bundes als auch der Länder (einschließlich
der Kommunen). Ausdrückliches Ziel der Übertragung der Gesetzgebungsbefugnis
für die Laufbahnen, Besoldung und Versorgung der Landes- und Kommunalbeamten
war es, die Länder in ihrer Organisations- und Personalhoheit zu stärken. Die
Personalausgaben binden im Durchschnitt mehr als 40 Prozent der Mittel der
Länderhaushalte. Trotzdem kamen den Ländern aufgrund der fehlenden
Gesetzgebungskompetenz nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der
Arbeits- und Gehaltsbedingungen ihrer Beschäftigten zu. Durch die Verlagerung der
Gesetzgebungsbefugnis sollten die Länder einen größeren Einfluss auf die
Besoldung und Versorgung ihrer Beamten und damit auch auf ihre Aufgaben
bekommen.
Daher stellt der Ausschuss fest, dass die mit den Petitionen gerügten Unterschiede
in der Besoldung der Beamten Ergebnis dieser grundsätzlich gewünschten
Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz sind. Die dadurch geschaffene
Entscheidungshoheit der Länder über ihre Ausgaben dient dem rechtsstaatlichen
und demokratischen Anliegen einer klaren Aufgaben- und Verantwortungsverteilung.
Soweit bislang relevante Unterschiede bestehen, resultieren diese hauptsächlich aus
der Wahrnehmung von Entscheidungsspielräumen, die für Bund und Länder bereits
aufgrund früherer Regelungskompetenzen bestanden.
Weiterhin weist der Ausschuss darauf hin, dass nach Artikel 33 Absatz 5 GG
insbesondere die Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation besteht, welche auch
gleichzeitig die Grenze der Gestaltungsfreiheit setzt. So begründen allein die
Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Herausforderung durch die
Globalisierung, der demografische Wandel und die finanziellen Nachwirkungen der
Wiedervereinigung keine Einschränkung des hergebrachten Grundsatzes der
amtsangemessenen Besoldung und Versorgung. Vielmehr besteht ein weiter
politischer Gestaltungsspielraum, wobei sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung
der Höhe der amtsangemessenen Besoldung u. a. auch an den wirtschaftlichen
Verhältnissen sowie dem allgemeinen Lebensstandard zu orientieren hat. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht jedoch kein Anspruch auf
eine Besoldung in einer bestimmten Höhe. Der Ausschuss geht aber davon aus,
dass der jeweilige Dienstherr seine aus Artikel 33 Absatz 5 GG resultierenden
Pflichten ernst nimmt. Die amtsangemessene Alimentation dient nicht allein dem
Lebensunterhalt, sie hat zugleich qualitätssichernde Funktion und trägt dazu bei, im
politischen Kräftespiel eine stabile und gesetzestreue Verwaltung und Justiz zu
gewährleisten. Dass diese Anforderungen in der Gesamtschau je nach Bundesland
und seinen unterschiedlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten verschieden
ausfallen können, ist nach Auffassung des Ausschusses im Hinblick auf die
Errungenschaft der Entscheidungskompetenz für die Länder über ihre
Personalausgaben zwingende und hinnehmbare Konsequenz.
Abschließend macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass eine
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Besoldung und Versorgung von
Landes- und Kommunalbeamten nur im Wege einer Grundgesetzänderung gemäß
Artikel 79 GG wieder herbeigeführt werden könnte. Eine derartige
Verfassungsänderung würde nach Artikel 79 Abs. 2 GG die Zustimmung von zwei
Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des
Bundesrates, mithin einen breiten parteien- und länderübergreifenden Konsens,
voraussetzen. Von einer solchen politischen Mehrheit für eine Grundgesetzänderung
ist nach Ansicht des Ausschusses derzeit indes nicht auszugehen.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss keinen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf zu erkennen und die Forderung der Petenten nicht zu unterstützen.
Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)