Pflegeversicherung - Reform der Pflegeversicherung auf der Grundlage eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
5.883 Unterstützende 5.883 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

5.883 Unterstützende 5.883 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2014
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

06.07.2016, 12:17

Pet 2-18-15-829-005552



Pflegeversicherung



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und

beschlossen:



Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.

Begründung



Der Deutsche Bundestag möge eine Reform der Pflegeversicherung auf der

Grundlage eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs beschließen, der den Hilfebedarf

eines Menschen ganzheitlich, d.h. unter Einbeziehung von seelischen, geistigen und

körperlichen Einschränkungen, beurteilt.

Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten

Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen

Bundestages eingestellt. Es gingen 5.883 Mitzeichnungen sowie

21 Diskussionsbeiträge ein. Weiterhin gingen 170.640 unterstützende Unterschriften

auf dem Postweg ein.

Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter

Zielsetzung vor, die wegen des Zusammenhangs einer gemeinsamen

parlamentarischen Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um

Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden

kann.

Die Petition wurde in der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am

01.12.2014 beraten.

Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen Stellungnahmen der Bundesregierung

eingeholt. Darüber hinaus hat der Ausschuss das Verfahren nach § 109 Abs. 1

Satz 2 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) eingeleitet und eine

Stellungnahme des Gesundheitsausschusses eingeholt, da die Petition einen

Gegenstand der Beratung in diesem Fachausschuss betrifft. Der Ausschuss für



Gesundheit hat mitgeteilt, dass er die Petition in seiner 59. Sitzung am 11.11.2015

beraten hat.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung der

Stellungnahmen der Bundesregierung und der Mitteilung des Ausschusses für

Gesundheit wie folgt dar:

Die Bundesregierung hat mit dem "Ersten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen

Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz -

PSG I") vom 17.12.2014 die Reform der Pflegeversicherung in dieser

Legislaturperiode eingeleitet (Entwurf eines "Fünften Gesetzes zur Änderung des

Elften Buches Sozialgesetzbuch - Leistungsausweitung für Pflegebedürftige,

Pflegevorsorgefonds [Fünftes SGB XI- Änderungsgesetz - 5. SGB XI-ÄndG"]),

Deutscher Bundestag Drucksache 18/1798 vom 23.06.2014. Das Gesetz stellt die

erste Stufe der Pflegereform dar. Es enthält Leistungsverbesserungen, die

insbesondere die häusliche Pflege stärken und bereitet die Einführung des neuen

Pflegebedürftigkeitsbegriffs vor, die in einer zweiten Reformstufe ebenfalls in dieser

Legislaturperiode erfolgt.

Zur Stärkung der häuslichen Pflege werden die Leistungen der Kurzzeit- und

Verhinderungspflege sowie der Tages- und Nachtpflege ausgebaut und flexibilisiert.

Pflegebedürftige, einschließlich Pflegebedürftige der so genannten Pflegestufe 0,

können danach Leistungen entsprechend ihrer individuellen Bedarfslage

"passgenau" zusammenstellen.

Bestehende Betreuungsleistungen in der ambulanten Pflege werden ebenso wie die

existierenden zusätzlichen Betreuungsangebote in der stationären Pflege zur

Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und zur Entlastung pflegender

Angehöriger ausgebaut. Darüber hinaus werden neue Entlastungsangebote

eingeführt. Damit werden wesentliche Vorschläge des Expertenbeirats zur konkreten

Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Fachkreise für

Leistungsverbesserungen kurzfristig umgesetzt, die bspw. die Ausweitung und

bessere Berücksichtigung von Betreuung, die Verbesserung der Betreuungsrelation

für die zusätzlichen Betreuungsangebote und flexiblere

Inanspruchnahmemöglichkeiten für Leistungen zum Inhalt hatten.

Darüber hinaus findet die bereits im geltenden Recht für 2015 vorgesehene

Dynamisierung der Sach- und Geldleistungen der Pflegeversicherung, die als Euro-



Beträge gesetzlich festgesetzt sind - orientiert an der Preisentwicklung der letzten

drei Jahre -, statt.

Die finanziellen Grundlagen der Pflegeversicherung werden verbessert. Der

Beitragssatz wurde zum 01.01.2015 um 0,3 Beitragssatzpunkte angehoben. Mit der

Bildung eines Pflegevorsorgefonds soll eine stabilisierende Wirkung auf den

Beitragssatz ab 2035 erreicht werden. Das PSG I trat im Wesentlichen am

01.01.2015 in Kraft.

In einem zweiten Schritt wird in dieser Legislaturperiode nach vorheriger Erprobung

der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt. Die entsprechende gesetzliche

Regelung erfolgt auf der Grundlage der Empfehlungen des Expertenbeirates in

Verbindung mit entsprechenden leistungsrechtlichen Bestimmungen. Der neue

Pflegebedürftigkeitsbegriff wird in Verbindung mit einem neuen

Begutachtungsverfahren alle wesentlichen Aspekte der Pflegebedürftigkeit

berücksichtigen. Neben körperlichen Einschränkungen werden auch solche

Problemlagen einbezogen, die etwa bei demenziell erkrankten Menschen häufig

vorkommen. Darüber hinaus gibt, wie der Expertenbeirat betont hat, das neue

Begutachtungsassessment Hinweise auf Rehabilitations- und Präventionsbedarfe. Im

Ergebnis all dieser Entwicklungen wird eine verbesserte Grundlage für die

Versorgungsberatung und -planung existieren.

Für die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind die begonnenen

Erprobungsprojekte zum neuen Begutachtungsverfahren wichtig:

• "Praktikabilitätsstudie zur Einführung des Neuen Begutachtungsassessments zur

Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI" (Medizinischer Dienst des

Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) und Hochschule für

Gesundheit Bochum);

• "Evaluation des Neuen Begutachtungsassessments NBA - Erfassung von

Versorgungsaufwänden in stationären Einrichtungen" (Zentrum für Sozialpolitik

der Universität Bremen).

Die Arbeit an beiden Projekten wird durch ein fachlich besetztes Begleitgremium

beim GKV-Spitzenverband begleitet.

Die umfassende Erprobung zielt nach Aussage der Bundesregierung darauf ab,

repräsentative und statistisch verlässliche Ergebnisse zur Praktikabilität des

Gesamtverfahrens nach dem neuen Begutachtungsassessment, einschließlich der

2013 durch den Expertenbeirat vorgeschlagenen Modifizierungen bei



Kinderbegutachtungen, bei besonderen Bedarfskonstellationen/Härtefällen und bei

der Klärung des Rehabilitationsbedarfs zu gewinnen und bezweckt ferner, dass

Leistungsbezieherinnen und -bezieher bei Einführung des neuen

Pflegebedürftigkeitsbegriffs nicht schlechter gestellt werden. Bei Begutachtungen von

etwa 4.000 Pflegebedürftigen werden Erfahrungen gesammelt, wie die neuen

Verfahren und die neuen Pflegegrade im Vergleich zur heutigen Zeitmessung

tatsächlich wirken und ob sie auch für die Gutachter praxistauglich sind.

Hinsichtlich der öffentlichen Beratung der Petition im Petitionsausschuss am

01.12.2014 wies die Bundesregierung mit Stellungnahme vom 18.03.2015

ergänzend auf Folgendes hin:

Es ist Ziel der Bundesregierung, die gesetzliche Einführung des neuen

Pflegebedürftigkeitsbegriffs und Begutachtungsverfahrens sowie die entsprechenden

leistungsrechtlichen Bestimmungen in dieser Legislaturperiode auf einer gesicherten

Grundlage vorbereiten zu können. Dafür sind die o.g. Erprobungsprojekte notwendig.

Im Rahmen einer Sitzung des "Gemeinsamen Begleitgremiums für die beiden

Modellprojekte zur Erprobung des Neuen Begutachtungsassessments NBA" beim

GKV-Spitzenverband am 27.01.2015 wurde als ein erstes, vorläufiges Fazit der

Gutachter und Experten von einer positiven Gesamteinschätzung des

Begutachtungsverfahrens berichtet. Zugleich wurden praxisorientierte

Empfehlungen, Hinweise und konkrete Lösungsvorschläge für Anpassungen, die auf

dem Weg zu einer Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu bewältigen

sind, sowie für die konkrete Umsetzung vorgestellt.

Der Deutsche Bundestag hat am 13.11.2015 das Zweite Gesetz zur Stärkung der

pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites

Pflegestärkungsgesetz - PSG II) beschlossen. Schwerpunkte des Gesetzes sind die

Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines neuen

Begutachtungsassessments mit fünf Pflegegraden sowie eines korrespondierenden

Leistungsrechts.

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff erfasst die Beeinträchtigungen der

Selbständigkeit und weiterer Fähigkeiten sowohl von vorrangig somatisch als auch

von vorrangig kognitiv und psychisch beeinträchtigten Menschen gleich. Diese

Gleichbehandlung wird künftig über den Grad der Selbständigkeit und über den Grad

der Abhängigkeit von personaler Hilfe in allen pflegerelevanten Bereichen erreicht

werden. Pflegebedürftige sollen nach einem einheitlichen Verfahren in die



Pflegegrade 1 bis 5 eingestuft werden. Die Höhe der Leistungsbeträge ist vom

Pflegegrad abhängig, soweit nicht pauschale Leistungsbeträge für alle

Pflegebedürftigen vorgesehen sind.

Das Leistungsrecht wird in verschiedenen Bereichen angepasst. Mit den

Neuregelungen soll eine regelhafte Berücksichtigung der Bedarfe kognitiv

beeinträchtigter Menschen erfolgen. So wird u. a. die häusliche Pflegesachleistung

regelhaft auch auf pflegerische Betreuungsmaßnahmen erstreckt. Damit werden

auch Hilfebedarfe von Menschen mit kognitiven Einschränkungen künftig

angemessen berücksichtigt.

Vor dem Hintergrund des Dargelegten empfiehlt der Petitionsausschuss, das

Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.

Der abweichende Antrag der Fraktion DIE LINKE., die Petition der Bundesregierung

- dem Bundesministerium für Gesundheit - zur Erwägung zu überweisen, den

Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit

Sofortmaßnahmen für mehr Pflegepersonal und die Auflösung des

Pflegevorsorgefonds gefordert werden und das Petitionsverfahren im Übrigen

abzuschließen, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Begründung (pdf)


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