2016-05-31 04:24
Pet 3-18-11-8222-002967
Regelungen zur Altersrente
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 12.05.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass die jetzige Rentenregelung (67 Jahre)
beibehalten, jedoch individuell flexibilisiert und - nach oben und nach unten - geöffnet
wird.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass es unter den Aspekten
„Demografischer Wandel“ und „Fachkräftemangel“ unverantwortlich sei, das
Rentenalter auf 63 Jahre abzusenken. Die Überregulierung im Bereich des
Rentenrechts müsse beendet werden. Zudem erreiche nur eine Minderheit
45 Beitragsjahre zur gesetzlichen Rentenversicherung. Durch den Gesetzgeber
seien vielmehr flexible Modelle bezüglich der Festlegung des Renteneintrittsalters zu
schaffen. Die Entscheidung, ob eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer über das
67. Lebensjahr hinaus in einem Unternehmen verbleiben möchte, sollte allein den
davon Betroffenen obliegen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 188 Mitzeichnern
unterstützt. Außerdem gingen 47 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weiterhin mehrere Eingaben mit
verwandter Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs mit dieser Petition
einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um
Verständnis gebeten, dass möglicherweise nicht alle der vorgetragenen Aspekte im
Einzelnen dargestellt werden.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der
seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und sinkender
Geburtenzahlen wurde mit dem Rentenversicherungs-
Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 durch den Gesetzgeber die
stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf das vollendete 67. Lebensjahr
beschlossen. Gleichzeitig wurde eine abschlagsfreie Altersrente ab 65 Jahren für
besonders langjährig Versicherte geschaffen. Diese Altersrente berücksichtigt schon
heute den durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit, Pflege sowie
Kindererziehung geleisteten Beitrag der Versicherten zur Stabilisierung der
gesetzlichen Rentenversicherung.
Durch die Verabschiedung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der
gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) wird die
Altersrente für besonders langjährig Versicherte durch die vorübergehende
Möglichkeit, bereits ab Vollendung des 63. Lebensjahres in Rente zu gehen,
erweitert. Demnach können langjährig Versicherte, die durch 45 Beitragsjahre
– einschließlich bestimmter Zeiten einer Arbeitslosigkeit – ihren Beitrag zur
Stabilisierung der Rentenversicherung erbracht haben, ab dem vollendeten
63. Lebensjahr abschlagsfrei in Rente gehen. Gleichzeitig wird das Zugangsalter, ab
dem der abschlagsfreie Rentenzugang möglich ist, schrittweise parallel zur
Anhebung des allgemeinen Renteneintrittsalters auf das vollendete 65. Lebensjahr
angehoben.
Der Petitionsausschuss sieht in der befristeten Sonderregelung keine Abkehr von der
Rente mit 67. Es ist unbestritten, dass die Anhebung der Regelaltersgrenze auf
67 Jahre vor dem Hintergrund des tiefgreifenden demografischen Wandels zur
Wahrung der Stabilität der Rentenversicherung weiterhin notwendig ist. Die
stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze wird daher auch unverändert
fortgeführt.
Flankierend zum damaligen Beschluss für die Altersgrenzenanhebung wurde eine
Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer eingefordert. Diese hat zwar bereits deutliche Erfolge gezeigt. Jedoch
müssen aktuell diejenigen in den Blick genommen werden, die ihr Arbeitsleben in der
Vergangenheit bereits im Jugendalter, oftmals bereits mit 15 oder 16 Jahren,
begonnen und über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit
und Pflegearbeit sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur Stabilisierung der
gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Sie haben von der
fortschreitenden Verbesserung der Arbeitsbedingungen der vergangenen Jahre
weniger oder gar nicht profitiert.
Dass die demografischen Entwicklungen, die Grundlage für die Anhebung der
Regelaltersgrenze waren, nicht unbeachtet bleiben, wird durch die
Altersgrenzenanhebung deutlich, die auch für die Rente ab 63 vorgesehen ist: Die
Altersgrenze von 63 Jahren wird stufenweise wieder auf das vollendete 65.
Lebensjahr angehoben und damit der bisherige Rechtszustand wiederhergestellt.
Soweit der Petent eine Flexibilisierung des Renteneintritts fordert, weist der
Petitionsausschuss darauf hin, dass das Renteneintrittsalter in der gesetzlichen
Rentenversicherung nicht starr ist. Heute – aber auch weiterhin nach Abschluss der
stufenweisen Altersgrenzenanhebung – besteht die Möglichkeit, eine Altersrente
vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Werden die jeweiligen Voraussetzungen vom
Versicherten erfüllt, kann z. B. die Altersrente für langjährig Versicherte bereits nach
Vollendung des 63. Lebensjahres bezogen werden. Versicherte haben damit
grundsätzlich die Möglichkeit ab Vollendung des 63. Lebensjahres frei über ihren
Rentenbeginn zu entscheiden. Dies schließt auch die Möglichkeit ein, eine Rente
erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze (derzeit 65 Jahre und fünf Monate, künftig
67 Jahre) in Anspruch zu nehmen, also über dieses Alter hinaus zu arbeiten.
Letztere Möglichkeit – also die Inanspruchnahme der Regelaltersrente erst nach
Erreichen der Regelaltersgrenze – ist in zweifacher Hinsicht lukrativ für die
Versicherten. Denn mit jedem Jahr der weiteren Beschäftigung erwerben sie
zusätzliche Entgeltpunkte und erhöhen damit ihren Rentenanspruch. Zusätzlich wird
für jeden Monat der Inanspruchnahme einer Rente erst nach Vollendung der
Regelaltersgrenze die Rente um einen Zuschlag in Höhe von 0,5 Prozent erhöht.
Soweit die Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom
Petenten angesprochen wird, weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass es von
Gesetzes wegen grundsätzlich keine festgeschriebene Altersgrenze für die
Beendigung von Arbeitsverhältnissen gibt. Allein das Erreichen der gesetzlichen
Regelaltersgrenze für die Altersrente hat nicht unmittelbar das Ende des
Arbeitsverhältnisses zur Folge.
In der Praxis gibt es Wünsche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auch nach
Erreichen der Regelaltersgrenze und darauf bezogener Beendigungsvereinbarungen
einvernehmlich das Arbeitsverhältnis für einen von vornherein bestimmten Zeitraum
rechtssicher fortsetzen zu können. Dieses Anliegen wurde mit einer Ergänzung des
§ 41 Sechstes Buches Sozialgesetzbuch – (SGB VI) – aufgegriffen, indem ein bereits
vereinbarter Beendigungszeitpunkt nun zeitlich hinausgeschoben werden kann.
Erforderlich für das Hinausschieben des bereits vereinbarten
Beendigungszeitpunktes über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus ist eine
vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des
laufenden Arbeitsverhältnisses. Mit dem Hinausschieben des
Beendigungszeitpunktes über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus können
Arbeitnehmer und Arbeitgeber beispielsweise reagieren, wenn eine Nachbesetzung
der entsprechenden Stelle nicht nahtlos erfolgen kann. Auch können Arbeitnehmer
laufende Projekte mit ihrer Sachkunde erfolgreich zum Abschluss bringen oder neu
eingestellte, jüngere Kollegen in ihre Tätigkeit einarbeiten. Die sonstigen im
jeweiligen Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen bleiben von der
Neuregelung unberührt.
In Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag kann vereinbart
werden, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Beschäftigte
das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen einer abschlagsfreien
Regelaltersrente vollendet, „automatisch" endet, ohne dass es einer Kündigung
bedarf. Entscheidend für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen
der Regelaltersgrenze ist, dass der Arbeitnehmer einer solchen Vereinbarung (z. B.
im Arbeitsvertrag) zugestimmt hat oder der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende
Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung eine solche Regelung enthält.
Sofern es eine Vereinbarung oder Regelung über die „automatische" Beendigung
des Arbeitsverhältnisses nicht gibt, besteht das Arbeitsverhältnis nach Erreichen der
Regelaltersgrenze für die Altersrente fort und es gelten weiterhin die allgemeinen
arbeitsrechtlichen Vorschriften. Das Arbeitsverhältnis kann von Arbeitgeber und
Arbeitnehmer einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag oder einseitig durch
Kündigung beendet werden. Bei einer Kündigung sind die gesetzlichen
Kündigungsfristen (§ 622 Bürgerliches Gesetzbuch), tarifvertragliche oder
einzelvertraglich vereinbarte Kündigungsfristen einzuhalten.
Ein weiterer Schritt zu Flexibilisierung des Renteneintrittsalter soll durch weitere
flexiblere Übergänge in den Ruhestand (Stichwort: „Flexi-Rente“) erreicht werden. Mit
dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen (Bundestags-Drucksache
18/1507) sollen diese Vorschläge für entsprechende Übergänge geschaffen werden.
Der Deutsche Bundestag hat diesem Entschließungsantrag ebenfalls am 23. Mai
2014 mehrheitlich zugestimmt. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.
Eine koalitionsinterne Arbeitsgruppe soll Vorschläge für weiter reichende
Regelungen zur Flexi-Rente erarbeiten bzw. verhandeln.
Der Petitionsausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht. Zudem gelangt
er aufgrund der vorangegangenen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass das
deutsche Rentenrecht bereits jetzt schon eine Vielzahl von flexibilisierten Elementen
bezüglich des Renteneintrittsaltes bereithält, die sich zumindest teilweise auch mit
den von dem Petenten vorgetragenen Vorschlägen decken. Allerdings sieht der
Petitionsausschuss keine darüber hinausgehenden Möglichkeiten, mit der er das
Anliegen des Petenten unterstützen könnte.
Daher empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten teilweise entsprochen worden ist.
Begründung (pdf)