Reisevertragsrecht - Kostenabschaffung/-vereinheitlichung hinsichtlich Datenänderungen für bereits erfolgte Reisebuchungen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
51 Unterstützende 51 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

51 Unterstützende 51 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

13.12.2016, 03:22

Pet 4-18-07-4013-025395



Reisevertragsrecht



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 01.12.2016 abschließend beraten und

beschlossen:



1. Die Petition

a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für

Verbraucherschutz – als Material zu überweisen,

b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,

soweit es um die nationale Umsetzung von Vorgaben der Europäischen Union

geht,

2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung



Mit der Petition wird gefordert, dass die Kosten für Änderungen von Daten bei bereits

durchgeführten Reisebuchungen entweder vereinheitlicht oder ganz abgeschafft

werden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass bei der Änderung von

Daten bereits gebuchter Tickets häufig horrende und je nach Anbieter auch

unterschiedliche Gebühren anfielen. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar,

weshalb bei Änderung eines falsch geschriebenen Namens eines Fluggastes

mitunter der ganze Flug storniert werden müsse. Die Änderung von Daten, welche

falsch eingegeben oder übermittelt wurden, sollte kostenlos bleiben bzw. für eine

geringe Gebühr vorgenommen werden können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten

Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen

Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 51 Mitzeichnern

unterstützt, und es gingen 10 Diskussionsbeiträge ein.



Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung

zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich

unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt

zusammenfassen:

Rechtlich muss zwischen Pauschalreisen und reinen Beförderungsverträgen

unterschieden werden.

Bei der Buchung einer Pauschalreise kommen die besonderen Regelungen zum

Reisevertragsrecht gemäß §§ 651a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur

Anwendung. Hierbei wird zwischen dem Reisenden und dem Reiseveranstalter ein

sogenannter Reisevertrag geschlossen (§ 651a Absatz 1 Satz 1 BGB). Der

Veranstalter verpflichtet sich dabei, dem Reisenden eine Gesamtheit von

Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der Reisende ist wiederum verpflichtet, dem

Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.

Beförderungsverträge hingegen sind nach allgemeiner Ansicht dem

Werkvertragsrecht zuzuordnen. Für Werkverträge gelten grundsätzlich die

Vorschriften der §§ 631 ff. BGB. § 631 Absatz 1 BGB verpflichtet den Unternehmer

(Beförderer) zur Herstellung und Verschaffung eines versprochenen Werkes, das

heißt eines bestimmten Erfolgs (Beförderung des Gastes und seines Gepäcks), und

den Besteller (Gast) im Gegenzug zur Bezahlung der vereinbarten Vergütung.

Bei Buchungsfehler in der Sphäre des Unternehmers weist der Ausschuss auf

Folgendes hin:

Unabhängig von der Frage, ob bei der Buchung einer Reise der Reisevermittler wie

etwa das Reisebüro oder aber stets der Reiseveranstalter für Fehler einzustehen hat,

ist jedenfalls in Literatur und Rechtsprechung unbestritten, dass der Reisende nicht

für Fehler innerhalb der Sphäre des Reisebüros und Übermittlungsfehler zwischen

Reisebüro und Reiseveranstalter einzustehen hat (vgl. hierzu auch Münchener

Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 651a Rz. 56).

Der Reisevertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen des

Reiseveranstalters und des Reisenden über den Gegenstand der „Reise“ und den

Reisepreis zustande, also durch das Angebot des Reisenden und die

Annahmeerklärung des Reiseveranstalters (§§ 145 ff. BGB). Das „Angebot“ ist die

auf den Abschluss des Reisevertrags gerichtete Willenserklärung („Buchung“) des

Kunden.



Es gehört zu den Pflichten des Reisebüros bzw. des Reiseveranstalters, den

Reisewunsch des Kunden durch eine fehlerfreie Buchung zu realisieren. Das

Vertragsangebot des Reisenden hat hierbei den Inhalt, den es hatte, als es in die

Sphäre des Unternehmers gelangte; nicht entscheidend ist, ob es auf seinem

weiteren Weg etwa zum Reiseveranstalter durch Übertragungsfehler verändert

wurde. In diesem Sinne äußerte sich bereits 1981 der Bundesgerichtshof (Urteil vom

19.11.1981, AZ: VII ZR 238/80) zu Fehlern bei einer Reisebuchung. Danach sei für

den Inhalt des Vertragsangebots „die eindeutige, im Reisebüro auch richtig

verstandene Erklärung des Anmelders maßgeblich“. Für nachfolgende Fehler habe

der Reiseveranstalter, gegebenenfalls auch das Reisebüro einzustehen (vgl. auch

LG Hamburg, Urteil vom 23.04.2002, AZ: 309 S 134/01; zur Haftung des Reisebüros

vgl. AG Karlsruhe, Urteil vom 29.06.1993, AZ: 3 C 211/93 sowie AG Menden, Urteil

vom 05.04.2006, AZ: 4 C 103/05).

Für das Falschausfüllen von Anmeldungen oder die fehlerhafte Eingabe von durch

den Reisenden richtig angegeben Daten in das Computersystem haftet demnach das

Unternehmen. Der Reisende hat – sofern der Fehler rechtzeitig vor Antritt der Reise

bemerkt wird – grundsätzlich einen Anspruch auf kostenfreie Berichtigung oder aber

Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens (vgl. hierzu unter

anderem Führich, Reiserecht, 7. Auflage, § 28 Rz. 11).

Auch auf europäischer Ebene wird es künftig eine Regelung zur Haftung für

Buchungsfehler geben. Nach Artikel 21 Satz 1 der demnächst in Kraft tretenden

Richtlinie über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der

Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen

Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des

Rates haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass ein Unternehmer für Fehler

aufgrund technischer Mängel im Buchungssystem, die diesem Unternehmer

zuzurechnen sind, haftet. Hat er sich bereit erklärt, die Buchung einer Pauschalreise

oder von Reiseleistungen, die Teil sogenannter „verbundener Reiseleistungen“ sind,

zu veranlassen, soll er auch für Fehler haften, die er während des

Buchungsvorgangs macht.

Hat der Vertrag lediglich eine reine Transportleistung zum Gegenstand (z. B.

Bahnfahrt oder Flug), ist das Reisevertragsrecht nicht anwendbar. Anwendung findet

vielmehr – wie eingangs dargestellt – das für die jeweilige Transportleistung

einschlägige Recht. Gleichwohl hat auch hier für Buchungsfehler, die der Beförderer

zu verantworten hat, nicht der Gast einzustehen. So entschied beispielsweise das



Landgericht Frankfurt (Urteil vom 15. Januar 1988, AZ: 2/1 S 363/86), dass bei der

Buchung eines innerspanischen Fluges einer spanischen Fluggesellschaft über ein

deutsches Reisebüro die Fluggesellschaft dem Kunden haftet, wenn der Flug

tatsächlich nicht existiert und die Ursache der Fehlbuchung nicht feststeht (Panne

beim Agenten oder bei den zwischengeschalteten deutschen Computersystemen).

Soweit es um die nationale Umsetzung von EU-Vorgaben geht, empfiehlt der

Ausschuss daher, die Eingabe der Bundesregierung – dem Bundesministerium der

Justiz und für Verbraucherschutz – als Material zuzuleiten und die Petition den

Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben. Im Übrigen ist dem

Anliegen insoweit durch das geltende Recht entsprochen worden.

Bei Buchungsfehlern in der Sphäre des Reisenden gilt Folgendes:

Wenn dem Reisenden ein Fehler bei der Buchung unterlaufen ist und er nachträglich

eine Korrektur wünscht, wird er regelmäßig selbst die Kosten für die nachträgliche

Korrektur der Daten tragen müssen. Denn nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen ist

der Kunde grundsätzlich an seine Buchung gebunden (§ 145 BGB). Nach Zugang

der Buchung beim Reiseveranstalter bzw. Beförderungsunternehmen kann diese

nicht mehr ohne weiteres durch den Reisewilligen widerrufen werden (vgl. § 130

Absatz 1 Satz 2 BGB).

In diesem Sinne soll künftig auch nach Artikel 21 Satz 2 des Entwurfs einer Richtlinie

über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der

Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen

Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG ein

Unternehmer nicht für Buchungsfehler haften, die dem Reisenden zuzurechnen sind.

Gleiches soll gelten, wenn die Buchungsfehler durch unvermeidbare,

außergewöhnliche Umstände verursacht werden.

Unter welchen Voraussetzungen dem Reisenden eine nachträgliche Änderung des

Vertragsinhalts – so etwa eine Namensänderung – möglich ist, ergibt sich

grundsätzlich aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem

Reiseveranstalter bzw. dem Beförderungsunternehmen und dem Reisenden. Dies

gilt auch im Hinblick auf die von dem Petenten angesprochene Korrektur von

Passagiernamen in Flugtickets.

Geringfügige Fehler im Passagiernamen, die den Namen nicht wesentlich

verfälschen oder verändern, werden zum Teil von den Luftfahrtunternehmen toleriert,

insbesondere wenn es sich um innerdeutsche- oder auch innereuropäische Flüge



handelt. So sind einige Fluggesellschaften auch bereit, zum Beispiel Tippfehler im

Passagiernamen bis zu 3 Buchstaben durch Änderungen im elektronisch

gespeicherten Datensatz – dem sogenannten Passenger Name Record (PNR) –

kostenlos oder auch gegen ein geringes Entgelt zu korrigieren. Die üblichen

Reservierungs- bzw. Buchungssysteme wie etwa Amadeus oder Gallileo lassen ein

sogenanntes „name update“, also Namenskorrekturen bei gleicher Personenidentität

ohne gleichzeitige Stornierung zu – von einem „name update“ sind echte

Personenänderungen zu unterscheiden, die unter den Begriff „name change“ fallen.

Je weiter die Flugreise, desto strenger agieren die Luftfahrtunternehmen im

Allgemeinen, wohl auch aus sicherheitsrelevanten Gründen und strengen

Einreisebestimmungen von Ländern wie etwa den USA, China und Israel.

Im Übrigen hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der

EU-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs-

und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei

Annullierung oder großer Verspätung von Flügen – der sogenannten

Fluggastrechteverordnung – und der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung

von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck

vorgelegt. Dieser Vorschlag sieht unter anderem vor, dass Fluggäste bis 48 Stunden

vor dem Abflug unentgeltlich die Berichtigung falscher Namensschreibungen

verlangen können. Die International Air Transport Association (IATA) –

internationaler Dachverband der Fluggesellschaften, welcher mittlerweile 260 Airlines

weltweit repräsentiert – hat sich im Rahmen der Beratungen über den Vorschlag

ebenfalls dafür ausgesprochen, die (kostenfreie) Korrektur von Schreibfehlern

während des Buchungsvorgangs einzuführen.

Ist der Name, das Reisedatum oder gar das Reiseziel komplett falsch, hat der Kunde

in den meisten Fällen eine Umbuchungsgebühr zu bezahlen. Diese Vorgehensweise

der Luftfahrtunternehmen ist auch nachvollziehbar. Anderenfalls könnte jeder

Fluggast jedes noch so günstig erworbene Flugticket mit dem Hinweis, es handele

sich um eine versehentliche Falschangabe, ändern lassen. Dies widerspräche dem

im BGB geltenden Grundsatz, dass abgeschlossene Verträge grundsätzlich

einzuhalten und zu erfüllen sind. Dieses Prinzip dient unter anderem der

Rechtssicherheit und damit der Funktionsfähigkeit des Rechtsverkehrs.

Vertragspartner sollen sich darauf verlassen können, dass die andere Partei sich an

die Vereinbarungen hält. Dies gilt in den angesprochenen Fällen umso mehr, als die

Luftfahrtgesellschaft kaum eine Möglichkeit hätte herauszufinden, ob es sich



tatsächlich um eine Falscheingabe handelte oder aber sich zum Beispiel schlicht die

Reisepläne des Fluggastes geändert haben.

Über die in den EU-Regelungen vorgesehenen Änderungen hinaus sieht der

Petitionsausschuss insoweit keinen Handlungsbedarf und vermag dem Anliegen

nicht zu entsprechen.

Zur Vereinheitlichung von Gebühren ergibt die Prüfung Folgendes:

Der vom Petenten begehrten Vereinheitlichung von Gebühren für nach der Buchung

veranlasste Änderungen von Daten stehen zum einen die Unterschiede in den

Beförderungsarten und hiermit zusammenhängende Sicherheitsfragen entgegen;

zum anderen würde eine gesetzliche Deckelung derartiger Kosten oder die Vorgabe

einer einheitlichen Gebühr einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Beteiligten

darstellen und bedürften einer besonderen Rechtfertigung, die aus den bereits

dargelegten Gründen nicht ersichtlich ist. Dem besonderen Schutzbedürfnis von

Verbrauchern bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

wird durch die §§ 305 ff. BGB angemessen Rechnung getragen.

In aller Regel sind die Bedingungen für Vertragsänderungen und Stornierungen in

den AGB des jeweiligen Unternehmens enthalten. Dies ist grundsätzlich zulässig,

setzt aber bei Buchungen durch Verbraucher zunächst voraus, dass die AGB der

Unternehmen gemäß § 305 Absatz 2 BGB förmlich in den Vertrag einbezogen

werden. Die AGB werden nur in dem Umfang Vertragsinhalt, in welchem sie dem

Reisenden bei Vertragsschluss verfügbar sind.

Außerdem unterliegen vorformulierte Regelungen über die Kosten für

Vertragsänderungen oder Stornierungen in den AGB des jeweiligen Unternehmens

der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Nach § 307 Absatz 1 BGB sind

Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und

Glauben unangemessen benachteiligen. In diesem Sinne erklärte das Landgericht

München I (Urteil vom 26.09.2013, AZ: 12 O 5413/13) die in den AGB eines

Reiseveranstalters enthaltene Klausel für unwirksam, wonach bei

Namensänderungen Mehrkosten von bis zu 100 % des Reisepreises oder mehr

anfallen. Eine derartige Klausel benachteilige den Verbraucher unangemessen,

weiche vom Grundgedanken des § 651b Absatz 2 BGB ab und gefährde wesentliche

Rechte und Pflichten des Reiseteilnehmers.

Soweit es um die nationale Umsetzung von EU-Vorgaben geht, empfiehlt der

Ausschuss daher im Ergebnis, die Eingabe der Bundesregierung – dem



Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – als Material zuzuleiten,

damit sie bei zukünftiger Gesetzgebung in die Überlegungen mit einbezogen wird,

und die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,

da sie als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint. Im

Übrigen empfiehlt der Ausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem

Anliegen teilweise entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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