06-07-2016 12:15
Pet 2-18-08-6118-024521Solidaritätszuschlag
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, den Solidaritätszuschlag zweckgebunden für die
Unterstützung der Flüchtlinge einzusetzen.
Die Zweckbindung solle unter anderem darin bestehen, mit den Mitteln des
Solidaritätszuschlages unmittelbare Nothilfe für Flüchtlinge zu leisten, deren
Integration zu fördern sowie auch Bildungschancen von Asylbewerbern und
Flüchtlingen zu sichern.
Der Bund habe seit dem Jahr 1991 aus dem Solidaritätszuschlag Einnahmen in mehr
als vierstelliger Milliardenhöhe gehabt. Die Gründe für die Erhebung dieser Abgabe
seien zunächst in einer Beteiligung an den Kosten des zweiten Golfkrieges zu suchen
gewesen, in der Folge seien die Mittel für den sogenannten "Aufbau Ost" eingesetzt
worden. Angesichts der zwischenzeitlich weltweiten Flüchtlingsströme träten die
ursprünglichen Zwecksetzungen für die Erhebung des Solidaritätszuschlages in den
Hintergrund. Das mit der Eingabe vorgetragene Petitum sei auch als Zeichen der
Solidarität mit den schutzsuchenden Menschen zu sehen.
Zu den Einzelheiten des Vortrages wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 44 Mitzeichnungen sowie 39 Diskussionsbeiträge ein.
Zu dieser Eingabe liegen vier weitere Mehrfachpetitionen vor, die wegen des
Sachzusammenhangs in die parlamentarische Prüfung mit einbezogen werden.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Mit Blick auf das vorgetragene Petitum stellt der Petitionsausschuss zunächst
grundlegend fest, dass der Solidaritätszuschlag eine Ergänzungsabgabe im Sinne des
Artikels 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) zur Einkommensteuer und zur
Körperschaftsteuer sowie zu deren besonderen Erhebungsformen (z. B. Lohnsteuer)
darstellt. Das Aufkommen hieraus steht allein dem Bund zu. Die Ergänzungsabgabe
wird seit 1995 vor dem Hintergrund der erheblichen Belastungen des
Bundeshaushaltes durch den Wiedervereinigungsprozess wieder erhoben.
Eine Befristung oder eine ausdrückliche Zweckbindung der Mittel aus dem Zuschlag
wurde vom Gesetzgeber nicht normiert. Es besteht daher zwar eine politische
Anknüpfung, aber weder eine rechtliche Zweckbindung noch eine volumenmäßige
Ausrichtung zu Gunsten der für die neuen Bundesländer vorgesehenen Mittel. Nach
dem Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 7 Haushaltsgrundgesetz und § 8
Bundeshaushaltsordnung – BHO) dienen alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle
Ausgaben.
Die Bewältigung von Aufgaben im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von
Flüchtlingen und Asylbewerbern stellt nach Überzeugung des Petitionsausschusses
eine große nationale und europäische Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund
sind in den kommenden Jahren erhebliche finanzielle Anstrengungen auf allen
staatlichen Ebenen notwendig. Der Bund wird für seinen Bereich die von der Asyl- und
Flüchtlingsthematik betroffenen Haushaltsansätze an die aktuellen Bedürfnisse und
Gegebenheiten sachgerecht anpassen. Bei diesen Überlegungen werden auch die in
der Petition angesprochenen Gesichtspunkte (unmittelbare Nothilfe, Integration,
Bildungschancen) zu berücksichtigen sein. Die Entscheidung über die Mittelverteilung
obliegt letztendlich dem Gesetzgeber.
Der Petitionsausschuss erinnert ferner daran, dass der Bund zudem außerhalb seiner
originären Zuständigkeit den Ländern und Kommunen sehr großzügige finanzielle
Zusagen gemacht hat, um diese bei der Bewältigung ihrer Aufgaben im
Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu
unterstützen. So haben am 24. September 2015 die Bundeskanzlerin und die
Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik
ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Erleichterung und Beschleunigung der
Verfahren beschlossen, welches erhebliche finanzielle Unterstützungen für Länder
und Kommunen durch den Bund vorsieht. Im Jahr 2015 erhalten Länder und
Kommunen eine pauschale Hilfe in Höhe von zwei Mrd. Euro. Ab dem 1. Januar 2016
wird der Bund einen Teil der Kosten für den Zeitraum von der Registrierung bis zur
Erteilung eines Bescheides durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tragen.
Im Ergebnis der Verständigung unterstützt der Bund die Länder und Kommunen im
kommenden Jahr mit rund fünf Mrd. Euro.
Weiterhin ruft der Petitionsausschuss in Erinnerung, dass die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben (BIMA) den Ländern und Gemeinden gegenwärtig mietzinsfrei
Grundstücke zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zur Verfügung
stellt. Damit konnten bis Mitte September knapp 46.000 Unterkunftsplätze geschaffen
werden. Weiterhin ist beabsichtigt, die Unterstützung der Länder und Gemeinden bei
der Flüchtlingsunterbringung auszuweiten. Die BIMA soll zukünftig alle Kosten einer
angemessenen, von den Gebietskörperschaften durchzuführenden Herrichtung der
Bestandsgebäude und die notwendigen Erschließungskosten – auch von
Freiflächen – erstatten. Überdies soll zugelassen werden, dass die Bundesanstalt für
Zwecke des sozialen Wohnungsbaus über Konversionsgrundstücke hinaus auch
weitere entbehrliche Grundstücke unterhalb des gutachterlich ermittelten
Verkehrswertes abgibt. Mit dem Entwurf eines zweiten Nachtragshaushaltes 2015 sind
die notwendigen Voraussetzungen hierfür geschaffen worden.
Hingegen kann der Petitionsausschuss die Einführung einer Zweckbindung des
Solidaritätszuschlages – wie in der Petition vorgetragen – insbesondere mit Blick auf
den bereits genannten Grundsatz der Gesamtdeckung nicht unterstützen. Auf
derartige Zweckbindungen von Steuern sollte grundsätzlich verzichtet werden, damit
das Mittelaufkommen unabhängig von der Steuerart in die Gesamtmasse des
Haushaltes einfließen und vom Gesetzgeber unter Wahrung seines jährlichen
Budgetrechts in angemessener Weise nach dessen aktuellen Schwerpunktsetzungen
verwendet werden kann.
Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung (pdf)