Sorgerecht der Eltern - Mitwirkung des Jugendamts bei Sorgerechtsverfahren

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
168 Unterstützende 168 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

168 Unterstützende 168 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:15

Pet 4-17-07-40325-039705Sorgerecht der Eltern
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 03.09.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass das Jugendamt von der Pflicht zur generellen,
routinemäßigen Mitwirkung bei Sorgerechtsverfahren befreit wird.
Eine Mitwirkung soll nur noch erfolgen, wenn das Gericht das Jugendamt um
Mitwirkung ersucht. Dadurch soll nach Auffassung des Petenten eine Entlastung der
Jugendämter erreicht werden, damit die Jugendamtsmitarbeiter wieder zunehmend
den originären Aufgaben des Jugendamtes, der Beratung und Betreuung,
nachkommen können.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dass durch die derzeitige
Mitwirkungspflicht kein produktiver Beitrag zur Sachaufklärung geleistet werde. Es
würden lediglich Fremdangaben übernommen, ohne dass eigene Ermittlungen des
Jugendamtes stattfänden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 168 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 7 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat zu der Eingabe eine Stellungnahme des
Bundesministeriums der Justiz (BMJ) mit ergänzenden Ausführungen des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingeholt.
Unter Einbeziehung der vorliegenden Stellungnahme lässt sich das Ergebnis der
parlamentarischen Prüfung wie folgt zusammenfassen:

Wie das BMJ sachlich und rechtlich zutreffend ausführt, sind familiengerichtliche
Verfahren, die die elterliche Sorge betreffen, nach § 151 Nummer 1 des Gesetzes
über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit (FamFG) Kindschaftssachen. Die Mitwirkung des Jugendamtes in
den Kindschaftssachen nach § 151 Nummer 1 bis 8 FamFG ist je nach
Verfahrensgegenstand unterschiedlich geregelt. Nach § 162 Absatz 1 FamFG ist in
Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, das Jugendamt anzuhören. Hierzu
gehören nicht nur die Verfahren zur elterlichen Sorge, sondern auch alle sonstigen
Kindschaftssachen, die das Kind betreffen und nicht ausschließlich
vermögensrechtlicher Art sind.
Im Verfahren hat das Gericht nach § 26 FamFG die für die Entscheidung erheblichen
Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch
die in §162 Absatz 1 FamFG verankerte Anhörungspflicht des Jugendamtes in
bestimmten Kindschaftsverfahren konkret ausgestaltet. Als kompetente Fachbehörde
verfügt das Jugendamt über besondere Erfahrungen, die das Familiengericht im
Verfahren zu berücksichtigen hat. Die im Einzelfall vorliegende familiäre Situation
kann häufig erst durch die Anhörung des Jugendamtes aufgeklärt werden. Ein
Verzicht auf die Anhörung des Jugendamtes in vermeintlich unproblematischen
Fällen ist bereits aus diesem Grund nicht möglich.
Neben der Anhörungspflicht ist das Jugendamt nach § 162 Absatz 2 FamFG in jeder
Kindschaftssache am Verfahren zu beteiligen, wenn es dies beantragt. Für eine
Beteiligtenstellung nur auf Antrag hatte sich der Gesetzgeber entschieden, da eine
ausnahmslose Stellung als Verfahrensbeteiligter die Verfahren schwerfälliger
machen und einen unnötigen Arbeitsaufwand für Gerichte und Jugendämter
bedeuten würde (vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 241).
Zu den Aufgaben des Jugendamtes und deren personelle Ausstattung weist der
Petitionsausschuss auf Folgendes hin:
Gemäß § 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe –
(SGB VIII) umfasst die Jugendhilfe Leistungen und andere Aufgaben zugunsten
junger Menschen und Familien. Die Mitwirkung in Verfahren vor den
Familiengerichten gehört dabei zu den originären „anderen Aufgaben“ der
Jugendhilfe (§ 2 Absatz 3 Nummer 6 i. V. m. § 50 SGB VIII). Gemäß § 50 SGB VIII
hat das Jugendamt das Familiengericht bei allen Maßnahmen zu unterstützen, die
die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat das Recht
und die Pflicht in Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen,

Ehewohnungssachen und Gewaltschutzsachen am familiengerichtlichen Verfahren
mitzuwirken. Dabei unterrichtet es insbesondere über angebotene und erbrachte
Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des
Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin.
Die Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren ist untrennbar in die allgemeine
Aufgabenstellung des Jugendamts eingebunden und dient dazu, den
jugendhilferechtlichen Auftrag aus der Sorge um das Wohl von Kindern und
Jugendlichen im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen.
Das Jugendamt unterstützt als Fachbehörde das Gericht bei der Rechts- und
Entscheidungsfindung. Es wird dabei nicht als Hilfsorgan des Gerichts tätig, sondern
hat eine eigenständige Position gegenüber dem Gericht inne. Es orientiert sich
primär an seinen eigenen Zielen in Erfüllung seiner originären Aufgaben. Die
Zusammenarbeit von Familiengerichten und Jugendämtern wurde in den letzten
Jahren immer mehr im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft gestärkt.
Familiengerichte und Jugendämter sollen verstärkt gemeinsam zugunsten des
Kindeswohls auf einvernehmliche Konfliktlösungen hinwirken. Auch durch das
gerichtliche Verfahren soll forciert werden, dass die Beteiligten Leistungen der
Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen und Konflikte einvernehmlich gelöst
werden. Dabei hat das Jugendamt dafür Sorge zu tragen, dass durch die Art und
Weise der Beteiligung am familiengerichtlichen Verfahren die Angebote und
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht gefährdet oder behindert werden. Die
Umsetzung dieser Abwägung liegt allein im Verantwortungsbereich der
Jugendämter. Die Beteiligung des Jugendamts ist in allen Verfahren, die die Sorge
für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen von besonderer Bedeutung.
Das Jugendamt ist allein dem Kindeswohl verpflichtet und bringt dazu seine
Expertise als kompetente Fachbehörde in das gerichtliche Verfahren ein.
Die Anhörung des Jugendamts fließt zusätzlich in die Ergebnisse der gerichtlichen
Ermittlungen ein. Das Jugendamt trägt insoweit zur Sachverhaltsermittlung bei, als
es zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig ist. Hierzu kann es sich einen Überblick
über die häuslichen und familiären Verhältnisse des Kindes und einen persönlichen
Eindruck vom Kind verschaffen und gegebenenfalls auch mit den Eltern und anderen
Bezugspersonen sprechen. Jedenfalls übernimmt das Jugendamt nicht unreflektiert
und ohne gründliche eigene Recherche Fremdangaben oder Angaben eines
Elternteils. Dies würde einen Verstoß gegen das staatliche Wächteramt darstellen
und der Aufgabenwahrnehmung des Jugendamtes nach § 1 SGB VIII zuwiderlaufen.

Die Ausführung des SGB VIII ist nach dem Grundgesetz Aufgabe der
Jugendbehörden in den Ländern. Die Kreise und kreisfreien Städte und – auf Grund
landesrechtlicher Regelung – auch kreisangehörige Gemeinden führen die Aufgaben
der örtlichen Träger der Jugendhilfe im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung aus.
Dabei sind diese wie alle Behörden an Recht und Gesetz gebunden und unterliegen
insoweit der Rechtsaufsicht der durch Landesrecht bestimmten Aufsichtsbehörden.
Die Kreise und Städte müssen im Rahmen ihrer Personal- und Finanzhoheit auch
dafür sorgen, dass für die Erfüllung der gesetzlichen geregelten Aufgaben der
Kinder- und Jugendhilfe die erforderlichen personellen und finanziellen Mittel zur
Verfügung stehen. Gemäß § 79 Absatz 3 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe verpflichtet, für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter zu
sorgen; hierzu gehört auch eine dem Bedarf entsprechende Zahl von Fachkräften.
Der Bund hat gegenüber den Jugendämtern hinsichtlich der Einhaltung der
gesetzlichen Vorgaben weder eine Prüfbefugnis noch die Befugnis, auf die
Mittelverteilung Einfluss zu nehmen.
Der Petitionsausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag
sich nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen. Er
empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen des
Petenten nicht entsprochen werden konnte.Begründung (pdf)


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