11/01/2017 3:22
Pet 3-18-11-2170-012464
Sozialhilfe
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Die Petentin setzt sich für ein deutlich höheres Schonvermögen für Sozialrentner ein.
Die Petentin führt dazu aus, dass Ersparnisse von Hartz IV-Empfängern, die als
Altersvorsorge zurückgelegt wurden, nicht vor dem 65. Lebensjahr aufgebraucht
werden dürften. Dann sollte man sie aber auch im Alter behalten dürfen. Bei den
jetzigen Regelungen werde man für das Sparen bestraft.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 24 Diskussionsbeiträge
und 230 Mitzeichnungen eingegangen.
Der Petitionsausschuss hat zu der Petition auch der Bundesregierung Gelegenheit
gegeben, ihre Haltung zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der
parlamentarischen Prüfung lässt sich u. a. unter Einbeziehung der seitens der
Bundesregierung angeführten Aspekte folgendermaßen zusammenfassen:
Die unterschiedliche Ausgestaltung der Regelungen hinsichtlich des Schonvermögens
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (Grundsicherung für
Arbeitsuchende) und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) (Sozialhilfe) ist
aus den unterschiedlichen Aufgaben bzw. Zielen zu verstehen.
Das System der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist grundsätzlich auf einen
vorübergehenden Leistungsbezug ausgelegt. Die Hilfebedürftigkeit soll durch
Aufnahme von Erwerbstätigkeit möglichst bald überwunden werden (vgl. §§ 1 bis 3
SGB II). Während des vorübergehenden Bezugs von Arbeitslosengeld II sollen
Leistungsberechtigte daher nicht auf den vollständigen Verbrauch ihres verwertbaren
Vermögens verwiesen werden. Die geltenden Freibeträge sollen helfen, Härten zu
vermeiden, die auch bei kurzfristiger Hilfebedürftigkeit entstehen würden.
Bei Beziehern von Sozialhilfe nach dem SGB XII handelt es sich hingegen in der Regel
um Menschen, die weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können, über 65
Jahre alt oder dauerhaft erwerbsgemindert sind. Hier wird von einer voraussichtlich
längeren Dauer der Unterstützung durch steuerfinanzierte Mittel ausgegangen und
daher ein verstärkter Vermögenseinsatz eingefordert. Geschützt ist in der Sozialhilfe
nach dem SGB XII auf jeden Fall ein Schonvermögen von mindestens 1600 Euro.
Der Grundsatz der materiellen Subsidiarität in § 2 SGB XII setzt für die
Sozialhilfegewährung voraus, dass der Hilfesuchende sich nicht selbst helfen kann.
Nach diesem Grundsatz muss der Hilfesuchende zunächst alle Möglichkeiten nutzen,
den entstandenen Bedarf selbst zu decken, wozu auch der Einsatz vorhandenen
Vermögens gehört. Der Einsatz des Vermögens im Sozialhilferecht richtet sich nach
den §§ 90, 91 SGB XII. Das zur Bedarfsdeckung einzusetzende Vermögen ist nach
§ 90 Abs. 1 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen, soweit es nicht
Schonvermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 SGB XII darstellt. Geschont wird auch
Vermögen, dessen Einsatz eine Härte für denjenigen bedeuten würde, der es
einzusetzen hat.
Mit diesen gesetzlichen Regelungen kann in begründeten Ausnahmefällen auch
durchaus ein höherer Vermögensbetrag freizulassen sein als bei der Grundsicherung
für Arbeitsuchende nach SGB II.
Im Zusammenhang mit der Einführung der staatlich geförderten zusätzlichen privaten
Altersvorsorge (so genannte Riester-Rente) wurde mit § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII eine
Ausnahmeregelung zum Vermögenseinsatz geschaffen und die gezielte Schonung
des Kapitals und der Kapitalbeträge von staatlich geförderten zusätzlichen privaten
Altersvorsorgeverträgen angeordnet. Damit sind diese Vermögensformen vor dem
Zugriff der Sozialhilfeträger geschützt.
Für noch nicht unter den generellen Schutz der staatlich geförderten privaten
Altersvorsorge fallende andere Vorsorgeabsicherungen bestimmt § 90 Abs. 3 SGB XII,
dass bei Vorliegen einer Härte die Verwertung des Vermögens nicht verlangt werden
darf. In Rechtsprechung und Rechtslehre wird dazu ausgeführt, dass diese
Härteregelung auf atypische, d. h. ungewöhnliche Fälle abstellt, bei denen aufgrund
besonderer Umstände des Einzelfalles (z. B. Art, Dauer und Schwere der Hilfe, Alter,
Familienstand, sonstige Belastungen des Vermögensinhabers und seiner
Angehörigen) eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation
wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden – insbesondere wegen einer
Behinderung oder wegen Pflegebedürftigkeit – nachhaltig beeinträchtigt ist.
Zudem liegt bei so genannten Maßnahmehilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel
des SGB XII eine solche Härte dann vor, wenn die Aufrechterhaltung einer
angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Es wird in jedem
Einzelfall vom zuständigen Sozialhilfeträger gesondert geprüft, ob ein solcher Härtefall
vorliegt.
Der Petitionsausschuss sieht insgesamt ausreichend Möglichkeiten eröffnet, in
begründeten Einzelfällen vom Vermögenseinsatz abzusehen.
Ein darüber hinaus gehendes allgemeines Verwertungsverbot für
Vorsorgeversicherungen würde erhebliche Probleme aufwerfen, weil die Gründe
- wegen des Gleichheitsgebots nach Art. 3 Grundgesetz - nicht nur auf den vom
Petenten umrissenen Personenkreis und nicht nur auf bestimmte
Versicherungsverträge oder Sparguthaben beschränkt werden könnten.
Der Petitionsausschuss kann nach alledem das Anliegen nicht unterstützen und
empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)