08.06.2017, 07:01
Bernard Simon
Steuerpolitik
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.03.2012 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent möchte erreichen, dass eine Fleischsteuer eingeführt wird.
Diese Steuer sollte sich je nach Tierart an den Kosten für staatliche
Lebensmittelkontrollen sowie an der Umweltbelastung bzw. deren Folgekosten durch
die Tierzucht orientieren.
Zur Begründung nimmt der Petent Bezug auf die öffentliche Debatte zum
Dioxingehalt in Lebensmitteln. Der Ruf nach weiteren Kontrollen werde mit enormen
Kosten verbunden sein. Diese Kosten sollten nach dem Verursacherprinzip, also
durch den Konsumenten getragen werden. Weiterhin wird ausgeführt, die
gegenwärtigen Fleischpreise seien zu niedrig, um zu diesen Preisen Fleisch mit
hoher Qualität herstellen zu können. Durch eine künstliche Verteuerung des
Fleisches könnte mithin mittelfristig ein Umdenken bei den Konsumenten erreicht
werden.
Zu den Einzelheiten des Vortrages des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der
Bundestages
eingestellt.
Es
gingen
374
124 Diskussionsbeiträge ein.
Internetseite des Deutschen
Mitzeichnungen
sowie
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage einer
Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wie folgt dar:
in Erinnerung, dass zum 1. Januar 1993 mit der
Der Petitionsausschuss ruft
des EU-Binnenmarktes
Schaffung
ein
einheitlicher W irtschaftsraum ohne
Binnengrenzen errichtet worden ist. Dies machte als Rahmenbedingung die
Angleichung der
jeweiligen nationalen Besteuerungssysteme erforderlich. Diese
Angleichung geschah in Form einer Einbeziehung aller relevanten Steuern auf den
Verbrauch
von
Waren
(Verbrauchsteuern)
in
ein
gemeinsames
Harmonisierungskonzept. Hierzu gehörten die Verbrauchsteuern auf Mineralöl,
Alkohol und alkoholische Getränkte sowie Tabak. Eine gemeinschaftsweite
Verbrauchsteuer auf Fleischprodukte ist demnach nicht vorgesehen.
Den Mitgliedstaaten
von
die Einführung
ist
der Europäischen Union
Verbrauchsteuern auf andere Waren als die harmonisierten Verbrauchsteuern auf
Mineralöle, Alkohol und alkoholhaltige Waren sowie Tabakwaren nur gestattet, wenn
diese Steuern im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten keine mit dem
Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen. Die Einführung einer
lediglich auf den deutschen Teil des Verbrauchsteuergebiets der EU beschränkten
Verbrauchsteuer auf Fleischprodukte wäre - ungeachtet der vom Petenten
intendierten W irkung - unter Einhaltung der Prinzipien des Binnenmarktes insoweit
grundsätzlich möglich. Der Petent beabsichtigt
jedoch mit der Einführung einer
besonderen
des
Änderung
eine
Fleischprodukte
auf
Verbrauchsteuer
Konsumverhaltens herbeizuführen. Dieses würde einen entsprechenden hohen
Steuersatz erfordern. Der in der Verfassung grundsätzlich vorgesehene Zweck der
Steuererhebung zur Erzielung der Einnahmen, die der Staat zur Erfüllung seiner
Aufgaben benötigt, würde dabei deutlich zurücktreten.
Ungeachtet der Frage, ob die Einführung einer derartigen Lenkungssteuer noch mit
der Verfassung vereinbar wäre, kann der Petitionsausschuss der Vorstellung einer
Einführung einer Verbrauchsteuer auf Fleischprodukte und der damit entstehenden
finanziellen Belastung für W irtschaft und Bürger nicht folgen. Nach Überzeugung des
Ausschusses gilt es, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sich für
gesunde und ausgewogene Ernährung einzusetzen, zu welcher auch Fleisch- und
Milchprodukte gehören. Eine zusätzliche Besteuerung von Fleischprodukten mit dem
Ziel, den Fleischverbrauch zu senken, stünde im W iderspruch zum ermäßigten
Mehrwertsteuersatz
für
Lebensmittel
und würde
insbesondere
ärmere
Bevölkerungsschichten beim Zusammenstellen einer ausgewogenen Ernährung
behindern. Auch würden sich - wenn die Steuer die geforderte Lenkungswirkung
entfaltet - nachteilige Auswirkungen auf die Märkte für Milch und Milchprodukte
ergeben, da jede Kuh einmal pro Jahr kalben muss, um Milch zu geben und die
Hälfte der Kälber als männliche Tiere für die Mast verwendet wird. Zudem ist die
gemeinsame europäische Agrarpolitik darauf ausgerichtet, die Versorgung und
Belieferung der Verbraucherinnen und Verbraucher mit gesunden und sicheren
Lebensmitteln zu angemessenen Preisen sicherzustellen.
Nach Überzeugung des Petitionsausschusses würde die vom Petenten geforderte
Erhöhung der Fleischpreise mit dem Ziel, die Qualität des Fleisches zu verbessern,
mit einer Besteuerung von Fleisch nicht erreicht. Es besteht eher das Risiko, dass
die Erzeugerpreise weiter sinken, um die durch die Steuer bewirkte Preiserhöhung
zumindest teilweise auszugleichen und um so gegenüber anderen Lebensmitteln
besser
konkurrieren
zu
können. Daher
ist
hier
etwa
der Weg
über
Qualitätsfleischprogramme der Bessere. Vor dem Hintergrund eines wachsenden
Interesses der Verbraucherinnen und Verbraucher an Produktionsmethoden und
Produkteigenschaften sind Zertifizierungssysteme für Qualitätsprodukte ein wichtiges
Orientierungsmerkmal und dienen der Transparenz.
Mit Blick auf die vom Petenten angeführten Umweltbelastungen ist es nach dem
Dafürhalten des Ausschusses zielführender, diese auf direktem Weg über
Umweltauflagen zu vermeiden und zu vermindern. Hierzu gibt es bereits
umfangreiche Regelungswerke (u.a. das Immissionsschutz-, Wasser-, Bodenschutz-,
Naturschutz- und Düngerecht). Darüber hinaus wäre der im Zusammenhang mit der
Einführung der vom Petenten begehrten Sondersteuer stehende Aufwand sowohl für
die Verwaltung als auch für die betroffenen Unternehmen vermutlich als
unverhältnismäßig hoch einzustufen.
Nach dem Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht stellen,
im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen.