Strafprozessordnung - Anspruch auf Herausgabe oder Übermittlung anonymisierter Abschriften von strafrechtlichen Entscheidungen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
36 Unterstützende 36 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

36 Unterstützende 36 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 13:04

Pet 4-18-07-3120-033296

Strafprozessordnung


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird eine Ergänzung der Strafprozessordnung (StPO) gefordert, damit
jedermann Anspruch auf anonymisierte Abschriften von strafrechtlichen
Entscheidungen hat.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, jede Person solle – auch ohne
Darlegung eines besonderen Interesses – einen Anspruch auf Herausgabe oder
Übermittlung anonymisierter Abschriften von strafgerichtlichen Entscheidungen
haben. Dies sei aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich. Als Regelungsstandort
komme die Einfügung eines neuen Absatzes 5 in § 268 StPO in Betracht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 36 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 6 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist eine Aufgabe, die den Gerichten
im Rahmen verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Vorgaben zusteht. Demnach sind
alle Entscheidungen zu veröffentlichen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit
ein Interesse hat oder haben kann (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom

26. Februar 1997, Az. 6 C 3/96). Veröffentlichungswürdige Entscheidungen sind dabei
durch Anonymisierung oder Neutralisierung für die Herausgabe an die Öffentlichkeit
vorzubereiten.
Diese Pflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen hat
das Bundesverwaltungsgericht aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der
Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und auch aus dem Grundsatz der
Gewaltenteilung gefolgert. Gerichtliche Entscheidungen konkretisieren die
Regelungen der Gesetze und bilden das Recht fort. Schon von daher kommt der
Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine der Verkündung von
Rechtsnormen vergleichbare Bedeutung zu.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit haben, zuverlässig in Erfahrung zu
bringen, welche Rechte sie haben und welche Pflichten ihnen obliegen. Maßgeblich
für die Frage, ob eine Entscheidung zu publizieren ist, sind dabei das tatsächliche oder
mutmaßliche Interesse der Öffentlichkeit und das Interesse derjenigen, die in
entsprechenden Angelegenheiten um Rechtsschutz nachsuchen wollen.
Das Bundesverfassungsgericht, die Bundesgerichte und die
Landesjustizverwaltungen stellen den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl
gerichtlicher Entscheidungen kostenfrei zur Verfügung; einen Überblick über das
Angebot bietet das Justizportal des Bundes und der Länder. Darüber hinaus bietet das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit dem Bürgerservice
www.rechtsprechung-im-internet.de Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
und der Bundesgerichte kostenfrei zum Download an. Aktuell stehen in der Datenbank
über 35.000 Entscheidungen zur Verfügung.
Die Pflicht zur Herausgabe jeder einzelnen Entscheidung an jede Privatperson ist von
der Publizitätspflicht jedoch nicht umfasst. Das Bundesverwaltungsgericht betont,
dass die Gerichtsverwaltung einen Einfluss auf die Veröffentlichungspraxis behalten
muss. Vor allem muss sie die Kontrolle über die Beachtung bestehender öffentlich-
rechtlicher Bindungen besitzen, um Rechtsverletzungen abzuwenden. Insbesondere
die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des Datenschutzes
und des Steuergeheimnisses sowie die Gewährleistung der strikten Gleichbehandlung
bei der Herausgabe müssen dabei sichergestellt werden.
Journalisten können sich beim Herausgabeverlangen von gerichtlichen
Entscheidungen zusätzlich zu den oben genannten verfassungsrechtlichen
Voraussetzungen auf die Rechte nach den Landespressegesetzen und nach Artikel 5

Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) berufen. Für einen unmittelbaren Anspruch aus
Artikel 5 Absatz 1 GG ist allerdings dann kein Platz, wenn die verfassungsrechtliche
Position der Presse schon hinreichend in den gesetzlichen Regelungen der
Landespressegesetze berücksichtigt ist (vgl. hierzu BVerwG NJW 2015, 807; OVG
Weimar, NJW 2015, 1836).
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für
eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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