14/05/2016 04:23
Pet 4-18-07-4513-021554
Straftaten gegen das Leben
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Die Petentin fordert, die Tötung eines Kindes im Mutterleib als Mord und die Tötung
einer Schwangeren als Doppelmord einzustufen.
Die Petentin führt zur Begründung ihrer Petition aus, nach der Europäischen
Menschenrechtskonvention sei das Recht auf Leben zu schützen, was erst recht für
ein ungeborenes – und dadurch besonders schutzbedürftiges – Kind gelten müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Unterlagen Bezug
genommen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 73 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 140 Diskussionsbeiträge ein.
Wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme bereits zutreffend ausgeführt hat, ist
das ungeborene Leben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
dem geborenen Leben gleichartig und im Grundsatz gleichwertig und steht wie
dieses unter dem Schutz der Artikel 1 Absatz 1 (Achtung der Menschenwürde) und
Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 (Recht auf Leben) des Grundgesetzes (GG).
Das derzeit geltende Strafrecht unterstellt das ungeborene Leben allerdings nur dem
Schutz der §§ 218ff Strafgesetzbuch (StGB), diese Vorschriften sind bis zum Beginn
der Geburt anwendbar. Wer hiernach eine Schwangerschaft abbricht, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren
Fällen, die regelmäßig vorliegen, wenn der Täter gegen den Willen der Schwangeren
handelt, ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Mit dem Beginn der Geburt ist der Anwendungsbereich der §§ 211 ff StGB eröffnet,
die erheblich höhere Strafdrohungen vorsehen. So wird „der Mörder" nach § 211
StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Wer einen Menschen tötet, ohne
‚Mörder" zu sein, wird als „Totschläger" gem. § 212 Absatz 1 StGB mit Freiheitsstrafe
nicht unter fünf Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange
Freiheitsstrafe zu erkennen (Absatz 2).
Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben und mithin auch
ungeborenes Leben zu schützen. Die Verfassung untersagt nicht nur unmittelbare
staatliche Eingriffe in das ungeborene Leben, sie gebietet dem Staat auch, sich
schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen, d. h. vor allem, es auch vor
rechtswidrigen Eingriffen vonseiten anderer zu bewahren. Als Mittel zum Schutz des
Lebens dient auch das Strafrecht. Allerdings ist der Gesetzgeber grundsätzlich nicht
verpflichtet, die gleichen Maßnahmen strafrechtlicher Art zum Schutz des
ungeborenen Lebens zu ergreifen, wie er sie zur Sicherung des geborenen Lebens
für zweckdienlich und geboten hält. So kann der Gesetzgeber auch im Strafrecht der
besonderen Situation Rechnung tragen, in der sich eine schwangere Frau befindet.
Er hat auch zu berücksichtigen, wenn bislang bestehende strengere
Abtreibungsregelungen nicht verhindern konnten, dass Abtreibung eine
Massenerscheinung gewesen und geblieben ist. Dies kann Anlass sein, eine
Rücknahme strafrechtlicher Sanktionen vorzunehmen. Angesichts dieser
besonderen Situation sind aus Sicht des Petitionsausschusses die Strafvorschriften
über den Schwangerschaftsabbruch grundrechtlich gesehen nicht zu beanstanden.
Aus den genannten Gründen kann der Petitionsausschuss das Anliegen nicht
unterstützen und empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)