09.01.2019, 03:26
Pet 4-18-07-4512-043238 Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.12.2018 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent fordert, den Kauf sexueller Handlungen unter Strafe zu stellen. Dabei ist
ein Strafrahmen vorzugeben, der eine erhebliche Bestrafung insbesondere für
Wiederholungstäter ermöglicht; dabei soll auch eine Freiheitsstrafe in einer Höhe
möglich sein, die nicht bewährungsfähig ist. Angebot, Anbahnung, Verkauf und dessen
Förderung sind ebenfalls in diesem Rahmen unter Strafe zu stellen, nicht jedoch für
selbst ausübende Personen.
Zur Begründung des Anliegens trägt der Petent insbesondere vor, dass „das
sogenannte Rotlichtmilieu trotz aller Bemühungen von Polizei und Justiz nach wie vor
ein Sammelbecken (sei), von dem zahlreiche illegale oder sonst die bürgerliche
Gesellschaft bedrohende Aktivitäten ausgehen und in denen diese finanziellen Halt
und ein Rückzugsgebiet finden“.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 24 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 60 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Die freiwillige Ausübung der Prostitution ist in Deutschland eine grundsätzlich erlaubte
Tätigkeit. An dieser Einschätzung hat der Gesetzgeber auch bei der Verabschiedung
des Prostitutionsgesetzes (ProstG) im Jahr 2001 festgehalten. Sind sexuelle
Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so
begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung.
Ein Verbot der Prostitution ist auch nicht zum Schutz der Menschenwürde oder des
persönlichen Selbstbestimmungsrechts durch Artikel 1 oder Artikel 2 des
Grundgesetzes (GG) geboten.
Der Schutz der Menschenwürde und die Achtung des persönlichen
Selbstbestimmungsrechts gehören nach der staatlichen Ordnung des Grundgesetzes
zu den obersten Maximen jeglichen staatlichen Handelns; dem Schutz dieser
Rechtsgüter räumt der Gesetzgeber daher auch im Hinblick auf die Rechte von
Personen, die in der Prostitution arbeiten, einen besonders hohen Stellenwert ein.
Kennzeichen eines freiheitlichen Rechtsstaates ist die Respektierung der autonomen
Entscheidung der Einzelnen, so lange keine rechtlich geschützten Interessen anderer
verletzt werden. Im weltanschaulich neutralen Staat des Grundgesetzes ist die
freiwillige Ausübung der Prostitution daher solange als autonome Entscheidung vom
Recht zu respektieren, wie keine Rechte anderer verletzt werden. Die individuelle
Freiheit stößt erst dann an ihre Grenzen, wenn rechtlich geschützte Interessen anderer
oder der Allgemeinheit beeinträchtigt werden.
Dies bedeutet nicht, dass Prostitution von staatlicher Seite als erwünschte Form
wirtschaftlicher Betätigung und in jeder Hinsicht neutral behandelt werden muss.
Vielmehr ist ein differenzierender Umgang mit den sozialen Ausprägungen und Folgen
von Prostitution auch vor dem Hintergrund der Wertvorstellungen des Grundgesetzes
geboten.
Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der legalen Prostitution und zum Schutz
der dort tätigen Personen vor Ausbeutung, Zwangsprostitution und Menschenhandel
hat der Deutsche Bundestag am 7. Juli 2016 das Gesetz zur Regulierung des
Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen
(Prostituiertenschutzgesetz - ProstSchG) beschlossen. Damit wurden erstmals
umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe geschaffen. Das Gesetz ist am
1. Juli 2017 in Kraft getreten.
Durch das bereits am 15. Oktober 2016 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung
der Bekämpfung des Menschenhandels und zur Änderung des
Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB
VIII) wurden die strafrechtlichen Vorschriften im Bereich des Menschenhandels neu
gestaltet. Nach § 232a Absatz 1 StGB (Zwangsprostitution) wird derjenige mit
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, der eine andere Person
unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer
Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer
eine andere Person unter 21 Jahren veranlasst, die Prostitution aufzunehmen oder
fortzusetzen oder sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor
dem Täter oder einer dritten Person vorzunehmen oder von dem Täter oder einer
dritten Person an sich vornehmen zu lassen.
§ 232a Absatz 6 Satz 1 StGB enthält eine gesonderte Regelung, die den „Konsum“
von entgeltlichen sexuellen Handlungen an oder von Zwangsprostituierten oder von
Opfern eines Menschenhandels unter Strafe stellt, wenn der „Kunde“ dabei die
persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder auslandsspezifische Hilflosigkeit
des Opfers ausnutzt. Die Strafe beträgt Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für
eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)