08.06.2017, 07:01
Jürgen Cziczkus
Unterhaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 25.03.2010 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass der Selbstbehalt für Unterhaltspflichtige dem
Selbstbehalt
für persönliche Insolvenzen angepasst wird, da beide Gruppen die
selben Ausgaben haben.
Zur Begründung führt der Petent im Wesentlichen an, dass der Selbstbehalt von
Unterhaltspflichtigen lediglich 890,-- EUR betrage. Im Falle persönlicher Insolvenz
werde Schuldnern jedoch 990,-- EUR zugestanden. Diese Differenzierung sei nicht
nachvollziehbar.
Die Eingabe wurde
als
öffentliche Petition
auf
der
Internetseite
des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 155 Mitzeichnungen unterstützt.
Außerdem gingen 12 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss
des
eine Stellungnahme
der Eingabe
zu
hat
Bundesministeriums der Justiz eingeholt. Unter Einbeziehung der vorliegenden
Stellungnahme lässt sich das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung wie folgt
zusammenfassen:
Die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt beruht auf § 1601 Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB). Danach sind Verwandte in gerade Linie verpflichtet, einander
Unterhalt zu gewähren. Der Verwandtenunterhalt beruht auf den Grundprinzipien
familiärer Solidarität und Einstandspflicht. Solange ein Kind minderjährig ist, erfüllt
der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung
regelmäßig durch die Pflege und Erziehung des Kindes (sog. Betreuungsunterhalt
§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Der andere Elternteil
verantwortlich.
ist
für den Barunterhalt
Der barunterhaltspflichtige Elternteil ist jedoch nur insoweit zu Unterhaltszahlungen
verpflichtet, als er ohne Gefährdung seines eigenen Lebensbedarfs
zu
Unterhaltszahlungen in der Lage ist
(§ 1603 Abs. 1 BGB). Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts endet
die finanzielle Leistungsfähigkeit jedenfalls dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht
mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Deshalb steht
jedem
Unterhaltspflichtigen ein Teil seines Einkommens zur Bestreitung seines eigenen
Lebensunterhalts zu (sog. Selbstbehalt).
Gesetzliche Vorgaben zur Höhe des Selbstbehalts gibt es nicht. Grundsätzlich ist der
Selbstbehalt unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls von den
im Streitfall befassten Gerichten festzulegen. Zu einer einheitlichen und
gleichmäßigen Bemessung des Unterhalts haben die Oberlandesgerichte jedoch
unterhaltsrechtliche Tabellen und Leitlinien entwickelt, die unter anderem auch
Empfehlungen zur Höhe des Selbstbehalts enthalten. Auf dessen Höhe hat der
Gesetzgeber aber wegen der Unabhängigkeit der Gerichte keinen Einfluss. Bereits
aus
diesem Grund
kann
dem Erhöhungsverlangen
des Petenten
nicht
nachgekommen werden.
Entgegen der Annahme des Petenten belässt das Unterhaltsrecht dem
Unterhaltspflichtigen aber nicht weniger als das Insolvenzrecht. Im Rahmen eines
Insolvenzverfahrens muss
sogenannten
der
während
Schuldner
der
Wohlverhaltensperiode den pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens an einen
Treuhänder abführen, der die eingegangenen Beträge gleichmäßig an alle Gläubiger
verteilt. Die Höhe des pfändbaren Betrages bestimmt sich nach den Bestimmungen
der
ohne
Schuldner
einem
steht
Danach
Zwangsvollstreckung.
Unterhaltsverpflichtungen ein Pfändungsfreibetrag in Höhe von 989,99 EUR zu
(§ 850c der Zivilprozessordnung [ZPO]).
Zwar
liegt dieser Pfändungsfreibetrag auf den ersten Blick etwas über dem
unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt, der sich sofern ein erwerbstätiger Elternteil
seinem minderjährigen unverheirateten Kind unterhaltsverpflichtet ist derzeit in der
Regel auf 900,-- EUR beläuft (Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.01.2009, Teil A
Ziffer 5, einsehbar unter www.olg-duesseldorf.de).
Anders als im Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht bezieht sich der
unterhaltsrechtliche Selbstbehalt jedoch bereits auf das bereinigte Nettoeinkommen
des Unterhaltspflichtigen. Dieses ergibt sich nach Abzug bestimmter Posten von den
Gesamteinkünften. Hierzu zählen Steuern, berufsbedingte Aufwendungen (vor allem
Fahrtkosten) und Vorsorgeaufwendungen für Alter und Krankheit. Daneben können
im Einzelfall
krankheitsbedingte Mehraufwendungen
und
auch Schulden
berücksichtigt werden. Weil dem Unterhaltspflichtigen die Mittel zur Bestreitung
dieser Ausgaben bei entsprechender Berücksichtigung zusätzlich verbleiben, verfügt
der Unterhaltspflichtige regelmäßig über mehr als 900,-- EUR.
Hinzu kommt, dass vielen Unterhaltspflichtigen auch bei Durchführung eines
Insolvenzverfahrens letztlich nicht der oben genannte Pfändungsfreibetrag in Höhe
von 989,99 EUR verbleibt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind zwar
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger in aller Regel nicht mehr
möglich. Dieser Grundsatz gilt für Unterhaltsansprüche jedoch nur eingeschränkt.
Während rückständige Unterhaltsforderungen am Insolvenzverfahren teilnehmen
(§§ 38,
40
Insolvenzordnung
[InsO]),
sind
die Gläubiger
laufender
Unterhaltsansprüche also die, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
fällig geworden sind nicht am Verfahren beteiligt und können in den nach
§ 850d ZPO erweitert pfändbaren Teil der Schuldnerbezüge weiter vollstrecken (vgl.
§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO).
Nach § 850d ZPO ist für Unterhaltsgläubiger das Arbeitseinkommen des Schuldners
gleiches gilt für laufende Sozialleistungen (§ 54 Absatz 4 Sozialgesetzbuch I)
regelmäßig ungeachtet der
in § 850c ZPO niedergelegten Pfändungsfreibeträge
pfändbar. Dem Schuldner darf von seinem Einkommen nur noch soviel verbleiben,
wie er zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts und ggf. vor- und
gleichrangiger Unterhaltsverpflichtungen benötigt. Die Vollstreckungsgerichte, die
den Pfändungsfreibetrag im Einzelfall
festgelegen, orientieren sich hierbei
regelmäßig an den sozialhilferechtlichen Regelsätzen. Dieser liegt daher in der
Regel deutlich unterhalb der Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und unter dem
unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt.
Der Ausschuss hält
vermag sich nicht
auszusprechen.
im Ergebnis die geltende Rechtslage für sachgerecht und
für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.