18/10/2016 04:23
Pet 4-18-07-44-009046
Urheberrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent fordert, den Kreis der von § 5 Urheberrechtsgesetz erfassten Werke zu
vergrößern, so dass möglichst viele staatliche Werke, wie z. B. nichtamtliche Texte
und Materialien etwa aus der Öffentlichkeitsarbeit, der wissenschaftlichen
Politikberatung und Ressortforschung sowie Bildmaterial, vom urheberrechtlichen
Schutz ausgenommen werden.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, die vorgeschlagene Regelung
schaffe keinen neuen Zugang zu staatlichen Werken und keine Verpflichtung
staatlicher Stellen zur Herausgabe bestimmter Werke. Vielmehr verhindere sie den
gelegentlich auftretenden Einwand, dass der Herausgabe, Nutzung oder Verbreitung
bestimmter Dokumente urheberrechtliche Gründe entgegenständen. Auch habe die
Gesellschaft bereits für Erstellung der Werke bezahlt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 114 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 9 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Nach § 5 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) genießen Gesetze, Verordnungen,
amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich
verfasste Leitsätze zu Entscheidungen keinen urheberrechtlichen Schutz. Sofern die
Verwaltung gemäß § 5 Absatz 2 UrhG andere amtliche Werke „im amtlichen
Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht“, können diese von
jedermann genutzt werden, solange die Quelle angegeben und der Text nicht
verändert wird.
Im Übrigen finden die allgemeinen urheberrechtlichen Bestimmungen Anwendung:
Danach sind Werke urheberrechtlich geschützt, sofern es sich bei ihnen um
persönliche geistige Schöpfungen handelt. Ist dies nicht der Fall, kann der Anspruch
auf Zugang zu amtlichen Informationen nicht unter Verweis auf das
Urheberechtsgesetz verweigert werden.
Sofern ein Werk Urheberrechtsschutz genießt, kann es im Einzelfall zu einem
Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch auf Informationszugang sowie dem
Urheberrechtsgesetz kommen. Aufgabe der jeweils zuständigen Behörde ist es
dann, dem Anspruch auf Informationszugang gerecht zu werden, ohne dadurch
Urheberrechte zu verletzen.
Dies wird oft möglich sein, denn insbesondere der Schutz wirtschaftlicher Interessen
durch das Urheberrecht muss dem Anspruch auf Informationszugang nach dem
Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes
(Informationsfreiheitsgesetz – IFG) nicht entgegenstehen. So können Auskünfte
mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt (§ 7 Absatz 2 Satz 1 IFG) oder
Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung gestellt (§ 1 Absatz 2 Satz 1 IFG)
werden, wie zum Beispiel im Wege der Akteneinsicht. Es bedarf also nicht unbedingt
der Herausgabe eines Vervielfältigungsstückes des geschützten Werkes.
Auch die Rechtsprechung hat bereits deutlich gemacht, dass das Bestehen eines
Schutzrechts dem Anspruch auf Informationszugang nach dem IFG nicht zwingend
entgegensteht. So entschieden die Verwaltungsgerichte Berlin (Az.: 2 K 185.11) und
Frankfurt am Main (Az.: 7 E 5426/06), dass eine Akteneinsicht nicht in das
Veröffentlichungsrecht oder das Verbreitungsrecht des Urhebers eingreift. Das
Verwaltungsgericht Köln (Az.: 13 K 5281/11) urteilte, dass auch ein im Auftrag einer
Behörde erstelltes Gutachten in den Anwendungsbereich des IFG fällt und somit
herauszugeben ist.
Die Veröffentlichung von amtlichen Informationen durch Dritte im Internet, die diesen
nach Maßgabe des IFG zugänglich gemacht werden, stellt eine Weiterverwendung
im Sinne des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) dar. Nach geltendem
Recht kann die öffentliche Stelle über die erstmalige Weiterverwendung entscheiden.
Aufgrund von Änderungen der zugrunde liegenden europäischen Public-Sector-
Information-Richtlinie ist die Weiterverwendung von nach dem IFG zugänglichen
Informationen zukünftig immer zulässig. Die Richtlinie war bis zum 18. Juli 2015 in
deutsches Recht umzusetzen; dies erfolgte durch das Erste Gesetz zur Änderung
des Informationsweiterverwendungsgesetzes vom 8. Juli 2015, welches am 17. Juli
2015 in Kraft getreten ist. Die Richtlinie und das IWG finden allerdings auf
Informationen, an denen Rechte des geistigen Eigentums bestehen, keine
Anwendung. Dies gilt auch für Urheberrechte, die den Beschäftigten öffentlicher
Stellen nach nationalen Vorschriften zustehen.
Die in amtlichen Dokumenten enthaltenen Informationen als solche erfahren keinen
Schutz durch das Urheberrechtsgesetz, denn dieses hat nicht die Aufgabe,
Informationen oder Wissen zu monopolisieren. Insofern besteht also die Möglichkeit,
die in amtlichen Dokumenten enthaltenen Informationen sprachlich anders
aufzubereiten und sie dann im Internet zu veröffentlichen.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht
für eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Der von der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition
der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz – zur Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des
Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)