Vereinte Nationen (UNO) - Einstufung der Zerstörung antiker Stätten (Syrien/Irak) als Kriegsverbrechen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
151 Unterstützende 151 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

151 Unterstützende 151 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

19.01.2017, 03:22

Pet 3-18-05-04-024617



Vereinte Nationen (UNO)



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und

beschlossen:



Die Petition der Bundesregierung – dem Auswärtigen Amt – zu überweisen.

Begründung



Der Petent möchte erreichen, dass die Zerstörung präislamischer, antiker Stätten im

Einflussgebiet des "Islamischen Staates im Irak und in Syrien" als Kriegsverbrechen

geächtet wird.

Der Petent führt im Einzelnen aus, dass der so genannte „Islamische Staat im Irak und

in Syrien“ (ISIS) in seinem Einflussgebiet systematisch Bauwerke aus vorislamischer

Zeit zerstöre, die von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt seien. Dieser

kriegerische Akt habe keinerlei militärisches Ziel, sondern stelle einen Angriff auf zivile

und nicht verteidigte Gebäude dar. Dieses Vorgehen diene zudem der Vernichtung

des kulturellen Erbes der ortsansässigen – teilweise nichtmuslimischen – Bevölkerung

wie auch der Menschheit insgesamt. Beide Tatsachen erfüllten nach Auffassung des

Internationalen Strafgerichtshofes den Tatbestand eines Kriegsverbrechens nach

Art. 8 Abs. 2b des Römischen Statuts. Der Deutsche Bundestag solle daher diese

Tatbestände als Kriegsverbrechen ächten und ein Konzept zu dessen Unterbindung

auf der Basis eines UN-Mandates erwirken.

Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 7 Diskussionsbeiträge

und 151 Mitzeichnungen eingegangen.

Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen eine Stellungnahme des Auswärtigen

Amtes (AA) und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

eingeholt. Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen sieht das Ergebnis der

parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:

Der Internationale Strafgerichtshof allein vergewissert sich, dass er in jeder bei ihm

anhängig gemachten Sache Gerichtsbarkeit hat, und trifft eine Entscheidung über die

Zulässigkeit der Sache.



Bei der Feststellung der strafrechtlichen Schuld für ein in einem internationalen

bewaffneten Konflikt begangenes Kriegsverbrechen nach Artikel 8 Abs. 2

Buchstabe b Nr. (ix) des Römischen Statuts oder für in einem nichtinternationalen

bewaffneten Konflikt begangenes Kriegsverbrechen nach Artikel 8 Abs. 2

Buchstabe e Nr. (iv) des Römischen Statuts handelt es sich nicht um die abstrakte

Bewertung einer Situation, sondern immer um die Frage der Strafbarkeit einer

natürlichen Person. Neben dem rein objektiven Geschehen sind dabei auch die

subjektive Tatseite und die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit zu

berücksichtigen.

Deutschland könnte durch eine Entschließung zum Ausdruck bringen, dass die

Zerstörung antiker Stätten entsprechend der von Deutschland und dem Irak

eingebrachten Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen 69/281

vom 28. Mai 2015 zum Schutz des irakischen Kulturgutes sowie der Bonner Erklärung

zum Welterbe vom 29. Juni 2015 nach seiner Einschätzung die Bewertung nahelegt,

dass durch diese Handlungen die Voraussetzungen für die Erfüllung des objektiven

Tatbestands eines Kriegsverbrechens nach Artikel 8 Abs. 2 Buchstabe b Nr. (ix) bzw.

nach Artikel 8 Abs. 2 Buchstabe e Nr. (iv) des Römischen Statuts erfüllt worden sein

können, und Deutschland Unterstützung bei der Strafverfolgung leistet, sofern die

Anklagebehörde oder der Internationale Strafgerichtshof hierum nachsuchen. Diese

Anfrage ist bisher offensichtlich nicht erfolgt.

Der Petitionsausschuss weist in diesem Zusammenhang auf die Resolutionen des

Sicherheitsrates der Vereinten Nationen 2199/2015 vom 12. Februar 2015 sowie

2253/2015 vom 17. Dezember 2015 hin. Beide Resolutionen verurteilen ausdrücklich

die Zerstörung des kulturellen Erbes durch den ISIS in Irak und Syrien.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, sind vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem

Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit

gewidmet sind, Kriegsverbrechen im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen

Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998. Ob die Zerstörung kultureller Güter

beispielswese in Mali während des dort ausgetragenen bewaffneten Konfliktes diesen

Tatbestand erfüllt, ist derzeit Gegenstand eines Verfahrens vor dem Internationalen

Strafgerichtshof. Dieses Verfahren kann Präzedenzwirkung für ähnlich gelagerte Fälle

entfalten.

Ende April 2016 hat eine offizielle Expertenmission des Welterbezentrums der

UNESCO nach Palmyra stattgefunden, um die Schäden vor Ort zu begutachten. Der

Bericht über die Mission und die daraus abzuleitenden dringendsten



Nothilfemaßnahmen werden dem Welterbekomitee der UNESCO auf seiner

40. Sitzung in Istanbul vorn 10. bis 20. Juli 2016 vorgestellt.

Darin werden auch die Ergebnisse der gemeinsam von der UNESCO und vom

Auswärtigen Amt in Kooperation mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI)

und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) organisierten Expertenkonferenz zum

Erhalt des syrischen Kulturerbes vom 2. bis 4. Juni 2016 in Berlin einfließen. In ihren

Stellungnahmen unterstreicht die Bundesregierung, dass sie ihre Bemühungen

fortsetzen werde, das kulturelle Erbe in ganz Syrien zu dokumentieren, zu erhalten

und erfahrbar zu machen.

Der Petitionsausschuss begrüßt ausdrücklich die Anstrengungen der

Bundesregierung und seiner europäischen Partner, das kulturelle Erbe in ganz Syrien

zu erhalten. Inwieweit die Zerstörung kultureller Güter den juristischen Tatbestand

eines Kriegsverbrechens darstellen könnte, müssen die zuständigen Gerichte – hier

der internationale Gerichtshof – klären. Der Ausgang der bisher geführten Präzedenz-

Verfahren sollte daher abgewartet werden.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem

Auswärtigen Amt – zu überweisen, um die weitere Entwicklung in diesem Bereich zu

beobachten.

Begründung (PDF)


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