11-01-2017 03:22
Pet 1-18-12-9214-016541
Verkehrsordnungswidrigkeiten
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird der verpflichtende Einbau von Alkohol-Zündschlosssperren in
die Kfz von Personen gefordert, die aufgrund von Trunkenheit im Straßenverkehr
ihren Führerschein abgeben mussten.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 62 Mitzeichnungen und 108 Diskussionsbeiträge vor.
Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen
Gesichtspunkte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es durch den
verpflichtenden Einbau von Alkohol-Zündschlosssperren weniger alkoholbedingte
Verkehrstote geben werde. Auch die alkoholisierten Fahrer würden durch diese
Regelung geschützt. Die Wirtschaft werde von dem Verkauf der Geräte profitieren
und der Staat erziele dadurch mehr Steuereinnahmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Einführend weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass in Deutschland im Jahr
2014 insgesamt 2,4 Millionen Unfälle von der Polizei aufgenommen wurden.
Darunter waren 37.956 Unfälle, bei denen mindestens ein Beteiligter unter dem
Einfluss berauschender Mittel stand. Dies waren 1,6 Prozent aller polizeilich
registrierten Unfälle.
Alkoholeinfluss war im Jahr 2014 bei 4,5 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden
eine der Unfallursachen. Allerdings starben 7,7 Prozent aller tödlich verletzten
Verkehrsteilnehmer in Deutschland infolge eines Alkoholunfalls, das heißt, etwa jeder
13. Getötete. Diese unterschiedlichen Anteile belegen eine überdurchschnittlich hohe
Schwere der Alkoholunfälle. Während bei allen Unfällen mit Personenschaden
11 Getötete und 224 Schwerverletzte auf 1.000 Unfälle kamen, waren es bei
Alkoholunfällen 19 Getötete und 344 Schwerverletzte je 1.000 Unfälle.
Der Ausschuss hält fest, dass Alkohol-Zündschlosssperren bzw. sogenannte
Alkohol-Interlock-Systeme verhindern sollen, dass ein Kfz gestartet wird oder
weiterfährt, wenn der Fahrer alkoholisiert ist. Das Starten des Motors ist ohne
vorherige Atemalkoholmessung nicht möglich.
Technisch ist es möglich, ein Alkohol-Interlock-Gerät in nahezu alle Kfz, Motorräder,
Lkw und Busse einzubauen. Um Manipulations- und Betrugsmöglichkeiten
einzuschränken, misst ein Sensor u. a. die Temperatur der Luft. Darüber hinaus
erfasst er die eingehende Luftmenge sowie die Luftfeuchtigkeit, Vibration und — je
nach Modell — weitere Parameter, die eine Manipulation nahezu unmöglich machen.
Zusätzlich verfügt das Gerät über einen geruchsempfindlichen Druckmesser; dieser
verhindert, dass Kinder, die ein geringeres Atemvolumen aufweisen, das Gerät
nutzen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, eine Kamera mit dem Alkohol-
Interlock-System zu kombinieren, um zu verhindern, dass ggf. ein Beifahrer in das
Gerät pustet. Mit der Kamera kann geprüft werden, dass der Nutzer des Alkohol-
Interlock-Systems das Gerät nur auf dem Fahrersitz benutzen kann. Mit der Kamera
können die biometrischen Merkmale des Gesichts abgelesen und gespeichert
werden. Zudem kann der Betroffene während der Fahrt in unregelmäßigen
Abständen zu einem Wiederholungstest aufgefordert werden. Bei einem möglichen
Wiederholungstest können die biometrischen Merkmale mit dem Erstanlasser bzw.
mit den Bildern, die in diesem Moment gespeichert worden sind, abgeglichen
werden. Damit soll ausgeschlossen werden, dass alkoholisierte Fahrten stattfinden
können.
Bei einem möglichen Einsatz von Alkohol-Interlock-Systemen ist durch europäische
DIN-Normen gewährleistet, dass diese einem einheitlichen und gesicherten Standard
entsprechen.
Ferner ergänzt der Ausschuss, dass diverse Studien gezeigt haben, dass der Einsatz
eines Alkohol-Interlock-Systems alleine dauerhaft nicht die Befähigung schafft, ein
Trennvermögen zwischen Fahren und Alkohol beim Betroffenen wiederherzustellen.
Dies kann nur erreicht werden, wenn man ein Alkohol-Interlock-System mit einer
Rehabilitationsmaßnahme kombiniert. Im Rahmen dieser Maßnahme können die
Daten, die aus dem Alkohol-Interlock-System ausgelesen werden, genutzt werden,
um in einer verkehrspsychologischen Maßnahme das Trennvermögen zwischen
Fahren und Alkohol wiederherzustellen. Vorteil einer solchen Maßnahme ist, dass
durch den Einsatz eines Alkohol-Interlock-Systems objektive Daten zum
Alkoholkonsum ausgewertet werden können. Dies steht im Gegensatz zu gängigen
Methoden zur Wiederherstellung des Trennvermögens, die lediglich auf den
subjektiven Einschätzungen des Betroffenen beruhen.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat am
19. Februar 2015 einen „Runden Tisch" zum Thema des Einsatzes von Alkohol-
Interlock-Systemen bei alkoholauffälligen Kraftfahrern veranstaltet. Im Rahmen
dessen sind Vertreter der verschiedenen Verbände, der Wissenschaft und der
Länder eingeladen worden. Das BMVI hat sich als Ergebnis des „Runden Tisches"
und einer weitergehender Prüfung des sinnvollen und effektiven Einsatzes einer
atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre die folgende Zielsetzung gesetzt:
Unter anderem soll für erstmalig alkoholauffällige Kraftfahrer nach vorangegangener
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit am Steuer, auch nach
erfolgreicher Absolvierung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU),
die Fahrerlaubnis nur mit Beschränkung einer atemalkoholgesteuerten
Wegfahrsperre neu erteilt werden.
Dies umfasst Personen:
· die ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von
1,6 Promille oder mehr geführt haben,
· bei denen zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für
Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von
Alkoholmissbrauch begründen,
· die wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
begangen haben (also auch 2x über 0,5 Promille).
Die Beschränkung der atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre für den o. g.
Personenkreis dient als „Bewährung" der vormals durch die MPU festgestellten
Fahreignung. In der Bewährungszeit findet eine verkehrspsychologische Maßnahme
statt, damit dauerhaft eine Trennung zwischen Fahren und Alkohol erreicht wird. Die
Dauer der Bewährung soll mit der MPU bestimmt werden, ist also individuell
festzulegen.
Die Einführung unter den genannten Maßgaben kann nur als Erprobung unter
wissenschaftlicher Begleitung erfolgen und schließt den vormals geplanten
Modellversuch aus.
Ein entsprechender Gesetz- und Verordnungsgebungsentwurf ist in Arbeit.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)