06. 07. 2016. 12:15
Pet 2-18-08-601-024171Währungspolitik
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll die Einführung einer Europäischen Wirtschaftsregierung erreicht
werden.
In der Eingabe wird darauf Bezug genommen, der französische Staatspräsident
unterstütze den Vorschlag, eine Europäische Wirtschaftsregierung mit einem
Parlament der Eurozone einzurichten. Die gegenwärtig mit den Staatsschulden und
den Haushaltsdefiziten befassten Institutionen in Europa könnten die bestehenden
Probleme nicht langfristig lösen, sondern lediglich Maßnahmen ergreifen, die über
einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren wirkten. Wenn sich Europa tatsächlich als
dauerhafte Gemeinschaft verstehe, müsse eine Europäische Wirtschaftsregierung
geschaffen werden, die gezielt zentral intervenieren könne. Außerdem sei ein
Europäisches Finanzministerium vonnöten, welches die fiskalischen Leitlinien
europaweit festlegen könne. Zur Kontrolle müsse weiterhin ein Eurozonen-Parlament
eingerichtet werden, welches von wahlberechtigten Bürgern der Euroländer gewählt
werde. Nur so werde es weiterhin möglich sein, die Währungsunion stabil und
wettbewerbsfähig zu halten. Die Euro-Währungsunion könne nicht funktionieren,
solange die einzelnen Staaten sehr unterschiedliche Wirtschaftsdaten zugrunde legten
und unterschiedliche Prioritäten verfolgten. Es sei vielmehr eine zentrale Koordination
finanzpolitischer Mittel erforderlich, die nicht mehr von der Zustimmung der einzelnen
Regierungen abhängig sei.
Zu den Einzelheiten des Vortrages wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 68 Mitzeichnungen sowie 17 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Mit Blick auf das vorgetragene Petitum stellt der Petitionsausschuss fest, dass den
Fragen hinsichtlich einer Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion bereits in der
Vergangenheit eine große Bedeutung beigemessen wurde. Es hat eine ganze Reihe
von Initiativen gegeben, die auf eine Verbesserung der wirtschaftspolitischen
Koordinierung und deren verbindlichere Gestaltung abzielten. Außerdem unterstreicht
der Ausschuss, dass die Einhaltung der gemeinsamen Fiskalregeln des Stabilitäts-
und Wachstumspakts für die dauerhafte Stabilität und Glaubwürdigkeit der Eurozone
entscheidend ist.
Weiterhin weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass es sich bereits heute der
Europäische Rat, die Euro-Gipfel, der ECOFIN-Rat und die Eurogruppe mit Fragen der
Europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik befassen. Der Ausschuss gibt weiter zu
bedenken, dass das Konzept einer "Wirtschaftsregierung" nach gegenwärtigem Stand
inhaltlich nicht genau ausdefiniert ist. Sofern dieses Konzept verbindliche europäische
Entscheidungen über nationale Maßnahmen im Bereich der Finanz- und
Wirtschaftspolitik umfassen soll, wären substantielle Souveränitätsübertragungen und
damit verbundene institutionelle Veränderungen Voraussetzung für eine Umsetzung.
Insgesamt ist festzuhalten, dass aus gegenwärtiger Sicht die Eigenverantwortung der
Mitgliedstaaten für eine nachhaltige Haushaltspolitik sowie für die nötigen
wirtschaftlichen Reformen gewahrt bleiben muss. Finanzielle Haftung einerseits und
Kontrolle der getroffenen Maßnahmen dürfen nicht auseinanderfallen. Angesichts
dessen wirft das Konzept einer europäischen Wirtschaftsregierung eine Reihe zu
klärender Fragen auf.
Der Petitionsausschuss weist weiterhin darauf hin, dass sich Deutschland im
Zusammenhang mit der Frage der Fortentwicklung der Wirtschafts- und
Währungsunion in engem Austausch nicht nur mit den französischen Partnern
befindet. Jedoch haben Deutschland und Frankreich gemeinsame Vorschläge zur
Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion unterbreitet. Dabei ging es
insbesondere darum, zunächst innerhalb des bestehenden Vertragswerks weitere
Schritte zu unternehmen, um Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu
stärken, Ungleichgewichte abzubauen und gleichzeitig solide öffentliche Finanzen zu
gewährleisten. Dabei haben sich Deutschland und Frankreich unter anderem auch für
die Schaffung von eurozonen-spezifischen Strukturen im Europäischen Parlament
ausgesprochen, wobei es diesem Parlament überlassen bleibt, hierüber zu befinden.
Weiterhin hält der Ausschuss fest, dass Deutschland und Frankreich angekündigt
haben, in Wahrnehmung ihrer besonderen Verantwortung für den zukünftigen Erfolg
der Eurozone und der EU insgesamt gemeinsam bis Ende 2016 einen Beitrag zum
längerfristigen Reformbedarf vorzulegen.
Angesichts des Dargelegten stellt der Petitionsausschuss fest, dass der in der Eingabe
angemahnte Koordinationsbedarf wirtschafts- und finanzpolitscher Maßnahmen
bereits jetzt im Fokus europäischer Bemühungen steht. Er kann daher nicht in Aussicht
stellen, weitergehend im Sinne des vorgetragenen Petitums tätig zu werden. Er
empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen
werden konnte.
Begründung (pdf)