Strafprozessordnung - Verbot der Vorratsdatenspeicherung

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

64.704 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

64.704 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2011
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

Petition richtet sich an: Deutschen Bundestag

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die verdachtlose Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig ist. Darüber hinaus möge er die Bundesregierung auffordern, sich für eine Aufhebung der entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Begründung

Im Zuge einer Vorratsdatenspeicherung werden ohne jeden Verdacht einer Straftat sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Psychologen, Beratungsstellen usw.) von 500 Millionen Europäern gesammelt. Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland ist inakzeptabel. Eine Vorratsdatenspeicherung höhlt Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Datenpannen und -missbrauch. Sie untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern. In mehreren EU-Mitgliedstaaten sind die Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung, mit denen die EU-Richtlinie 2006/24 umgesetzt werden sollte, von höchsten Gerichten bereits für unvereinbar mit den Verfassungen der jeweiligen Staaten und somit für ungültig erklärt worden. Eine einheitliche Regelung, wie sie die Richtlinie ursprünglich aus Wettbewerbsgründen herstellen wollte, ist daher mit Vorratsdatenspeicherungen nicht herbeizuführen. Die notwendige einheitliche Regelung kann folglich nur darin bestehen, Vorratsdatenspeicherungen jeder Art in allen EU-Mitgliedstaaten zu untersagen. Die Bundesregierung aufzufordern, die Abweichung Deutschlands von der EU-Richtlinie 2006/24 zur Vorratsdatenspeicherung genehmigen zu lassen (Art. 114 Abs. 4 AEUV) und nötigenfalls die Genehmigung einzuklagen. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Gültigkeit dieser Richtlinie und über den Genehmigungsantrag nicht umzusetzen, selbst wenn der Gerichtshof gegebenenfalls eine Geldbuße gegen Deutschland verhängen könnte. Weiterhin konnte in der Vergangenheit, in der in einigen Staaten bereits Vorratsdatenspeicherungen stattfanden und die Daten für die Strafverfolgung bereitgestellt wurden, nicht schlüssig nachgewiesen werden, dass diese Daten für den vorgesehenen Zweck der Verfolgung schwerer Straftaten zwingend erforderlich sind. Die Erfahrungen lassen nicht erkennen, dass alternative Ermittlungsmethoden signifikante Nachteile für die Strafverfolgung nach sich ziehen. Umgekehrt besteht bei vielen Menschen die Sorge, dass solche Daten, wenn sie erst einmal angehäuft werden, an verschiedenen Stellen Begehrlichkeiten wecken werden, die ursprünglich vorgesehenen Grenzen für die Verwendung der Daten aufzuweichen, und dass dem Druck der Interessenverbände auf Herausgabe von Daten irgendwann nachgegeben wird. Die Geschichte lehrt uns, dass das Funktionieren eines demokratischen Staates zwingend davon abhängt, dass sich die Menschen, die in ihm leben, frei fühlen und bewegen können. Die Nutzung von Telekommunikation gehört in der Moderne unabdingbar zur Teilnahme am öffentlichen Leben, an Hilfe- und Selbsthilfegruppen und an politischen Diskussionen. Dieser Grundpfeiler unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung gerät bereits ins Wanken, wenn sich die Menschen beobachtet und kontrolliert fühlen, oder gar unter Generalverdacht gestellt sehen. Eine Einschränkung der persönlichen Freiheitsrechte durch Vorratsdatenspeicherung würde insofern eine ernste Gefahr für unser Land darstellen. Dem sollte sich der Deutsche Bundestag entschieden entgegenstellen und durch Drängen auf ein EU-weites Verbot von Vorratsdatenspeicherungen die Freiheitsrechte für alle 500 Millionen Menschen in der EU verteidigen.

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Angaben zur Petition

Petition gestartet: 14.03.2011
Sammlung endet: 06.10.2011
Region: Deutschland
Kategorie:  

Neuigkeiten

  • Pet 4-17-07-3120-022619

    Strafprozessordnung


    Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
    beschlossen:

    Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen überwiegend nicht
    entsprochen werden konnte.

    Begründung

    Mit der Petition wird gefordert, dass die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung
    (§ 100 Telekommunikationsgesetz) nicht zulässig ist. Darüber hinaus möge der
    Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern, sich für eine Aufhebung der
    entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der
    Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
    Weiterhin wird gefordert, die Abweichung der Bundesrepublik Deutschland von der
    EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung genehmigen zu lassen und die EU-Richt-
    linie 2006/24/EG bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über deren
    Gültigkeit nicht umzusetzen.
    Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dass eine derart
    weitreichende Registrierung sensibler Informationen Datenmissbrauch und -pannen
    begünstige. Des Weiteren würde diese dazu führen, dass sich die Bürger beobachtet
    und kontrolliert fühlten und unter einer Art Generalverdacht stünden. Zudem bestehe
    die Gefahr, dass aufgrund des erheblichen Interesses an den gesammelten Daten
    die ursprünglich gesetzten Grenzen für die Verwendung der Daten zunehmend
    aufgeweicht werden. Es sei bisher nicht erkennbar, dass alternative
    Ermittlungsmethoden signifikante Nachteile für die Strafverfolgung nach sich zögen.
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
    eingereichten Unterlagen verwiesen.
    Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben mit verwandter
    Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen

    parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten,
    dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden
    kann.
    Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
    Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 64.704 Mitzeichnern unterstützt.
    Außerdem gingen 696 Diskussionsbeiträge ein. Der Petitionsausschuss hat die
    Petition am 15. Oktober 2012 zudem in einer öffentlichen Sitzung beraten.
    Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
    zum Anliegen der Eingabe darzulegen. Ferner hat der Petitionsausschuss zu der
    Eingabe den Rechtsausschuss nach § 109 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des
    Deutschen Bundestags um Stellungnahme gebeten, da die Petition einen
    Gegenstand der Beratung in diesem Ausschuss betraf. Der Rechtsausschuss hat
    dazu mitgeteilt, dass die Petition während der Beratungen des Entwurfs eines
    Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für
    Verkehrsdaten (BT-Drs. 18/5088) dem Ausschuss vorgelegen hat (BT-Drs. 18/6391).
    Das Plenum des Deutschen Bundestags befasste sich mehrmals mit der Thematik
    und beriet hierüber ausführlich (Protokoll der Plenarsitzung 18/110 vom 12.06.2015
    und Protokoll 18/131 vom 16.10.2015).
    Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter anderem unter
    Einbeziehung der seitens des zuständigen Fachausschusses sowie der
    Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt zusammenfassen:
    Hinsichtlich der Aufforderung an die Bundesregierung, sich für eine Aufhebung der
    EU-Richtlinie einzusetzen, besteht inzwischen kein Handlungsbedarf mehr.
    Auf Vorlage des Irish High Court und des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes
    hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 8. April 2014 die Richtlinie
    2006/24/EG (Vorratsdatenspeicherung) für ungültig erklärt, weil sie nicht mit den
    Grundrechten aus Artikel 7 und Artikel 8 der Europäischen Grundrechtecharta
    vereinbar ist. Die Richtlinie ist ex tunc nichtig und so zu behandeln, als habe sie von
    Anfang an nicht bestanden. Eine umzusetzende EU-Richtlinie zur
    Vorratsdatenspeicherung besteht damit zurzeit nicht mehr.
    Insoweit ist dem Anliegen der Petition entsprochen worden.
    Soweit mit der Petition ein Verbot der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung
    gefordert wird, konnte dem Anliegen nicht entsprochen werden.

    Das im Oktober 2015 beschlossene Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und
    Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten verpflichtet unter anderem
    Telekommunikationsunternehmen dazu, die folgenden Daten zu speichern:
     Standortdaten bei Beginn einer mobilen Internetnutzung, 4 Wochen
    Speicherfrist;
     Standortdaten der Teilnehmer aller Mobiltelefonate bei Beginn des Telefonats,
    4 Wochen Speicherfrist;
     zugewiesene IP-Adressen aller Internetnutzer sowie Zeit und Dauer der
    Internetnutzung, 10 Wochen Speicherfrist;
     Rufnummern, Zeit und Dauer aller Telefonate, 10 Wochen Speicherfrist;
     Rufnummern, Sende- und Empfangszeit aller SMS-Nachrichten, 10 Wochen
    Speicherfrist.
    Die Gesprächsinhalte der Telefonate, die besuchten Internetseiten sowie Inhalte von
    E-Mails sind hingegen nicht Bestandteil der Speicherung. Die Daten müssen im
    Inland gespeichert werden und sind nach Ablauf der jeweils vorgeschriebenen Frist
    zu löschen. Die Bundesregierung ist verpflichtet, die Vorschriften innerhalb von drei
    Jahren zu evaluieren und dem Deutschen Bundestag darüber Bericht zu erstatten.
    Dem Anliegen der Petition auf Unterlassen einer sogenannten
    Vorratsdatenspeicherung wurde somit nicht gefolgt.
    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Petition sieht der Petitionsausschuss
    gleichfalls keine Notwendigkeit zum Tätigwerden. Insbesondere sieht der Ausschuss
    – nicht zuletzt angesichts der klaren gerichtlichen Vorgaben – keine Veranlassung,
    sich grundsätzlich gegen jede zukünftige EU-Richtlinie auszusprechen.
    Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
    dem Anliegen überwiegend nicht entsprochen werden konnte.
    Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung
    zur Berücksichtigung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen
    Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um ein vollständiges Verbot
    sämtlicher Formen der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland geht, sowie das
    Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.
    Ebenso ist der von der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die
    Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, mehrheitlich
    abgelehnt worden.

    Begründung (PDF)

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