Petition richtet sich an:
Bundestag und Bundesrat
Eine einfache anwaltliche Beratung muss auch für Menschen mit kleinen Einkommen weiterhin direkt zugänglich bleiben. Die Gerichtsverwaltung darf nicht vorab entscheiden, ob ein Beratungsgespräch bei einem Anwalt des Vertrauens durch die Beratungshilfe zugänglich gemacht wird oder nicht. Die Verwaltung soll auch nicht indirekt darüber entscheiden, ob eine Klage eingereicht wird oder nicht.
Die ratenweise Rückzahlung von Kosten der Beratungs- und Prozesskostenhilfe muss sich an schwankenden Einkommen ausrichten können und auch sinkende Einkommen berücksichtigen. Rückzahlungsbeträge müssen Luft für den notwendigen Lebensunterhalt lassen und dürfen die Grundsicherung nicht erreichen oder sie sogar unterschreiten.
Der Schwellenwert für den Zugang zu Rechtshilfen darf nicht um nahezu 100 Euro in Richtung Hartz-IV-Niveau abgesenkt werden und Menschen mit einfachen Einkommen gegenüber Besserverdienenden benachteiligen. Beschäftigte mit niedrigen Löhnen, Rentnerinnen und Rentner, Familien und Frauen mit einfachen Einkommen dürfen rechtlich nicht noch schlechter gestellt werden.
Das Verfassungsrecht auf einen effektiven tatsächlichen Rechtsschutz muss auch für Menschen mit niedrigen Einkommen gewahrt bleiben! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Verschlechterung der Beratungs- und Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Begründung
Wer sehr geringe Einkommen hat, kann zunächst Beratungshilfe und notfalls auch Prozesskostenhilfe beantragen, um ein Unrecht abzuwenden und zu seinem guten Recht zu kommen. Das Grundgesetz sichert mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 allen Bürger/innen nicht nur einen proklamierten, sondern einen tatsächlichen Rechtsschutz zu.
Mit einem neuen Gesetz wollen die FDP-Justizministerin bzw. die Bundesregierung von CDU/CSU und FDP den Zugang zur Beratungs- und Prozesskostenhilfe durch Verfahrensregelungen gezielt verbarrikadieren. Im Rechtsausschuss des Bundestags konnten im Dialog der Rechtsexperten von Oppositions- und Regierungsparteien viele Verschlechterungen abgewendet werden. Das hat der Bundesrat, der seit vielen Jahren Verschlechterungen betreibt, bislang nicht akzeptiert. Er hat das Gesetz nun in den Vermittlungsausschuss gegeben. Die Frage ist jetzt, ob es weitere Verschlechterungen oder Verbesserungen geben wird.
Eine einfache anwaltliche Beratungshilfe wird für Einkommensarme bislang in jedem Fall erteilt. Die Prozesskostenhilfe muss beim Gericht beantragt werden, das prüft, ob eine Klage sach- und fachgerecht formuliert ist und ob die Person nur über geringe Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze verfügt. Jeder Bürgerin und jedem Bürger steht es mit der Beratungshilfe bislang frei, vorab bei einem Anwalt ihrer/seiner Wahl (mit einer Kostenbeteiligung von 10 Euro) eine einfache, kurze Sachprüfung vornehmen zu lassen. Damit will die schwarz-gelbe Bundesregierung – insbesondere die FDP – nun Schluss machen.
Der ungehinderte Zugang zu einem Rechtsanwalt soll für einkommensarme Menschen praktisch unterbunden werden. Unter den Zielvorgaben der Landesjustizverwaltungen sollen die Rechtsschutz suchenden Personen bei den Gerichten „abgefangen“ werden: Rechtspfleger/innen sollen zukünftig vorab entscheiden, ob die einfache anwaltliche Beratungshilfe zugänglich gemacht wird oder nicht. Damit ist die „Gewaltenteilung“ für einkommensarme Menschen praktisch abgeschafft.
Durch eine starke Absenkung des Schwellenwertes für den Zugang zu Rechtshilfen um rund 100 Euro in Richtung Hartz-IV-Niveau soll der zugangsberechtigte Personenkreis stark reduziert werden. Bei zumeist schwankenden Einkommen im Niedriglohnbereich wird die eingeengte und auf sechs Jahre verlängerte Rückzahlung von Beratungs- und Prozesskostenhilfen zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko bis hin zu vertiefter Armut und Überschuldung. Weitere Risiken treffen prekär Beschäftigte, die wegen der Absenkung zukünftig keine Beratungs- und Prozesskostenhilfe mehr erhalten sollen. Besonders betroffen sind Frauen. Ein tatsächlicher Rechtsschutz ist unter diesen Umständen für Einkommensarme nicht mehr gegeben.