08/04/2017, 4:22 π.μ.
Pet 2-18-18-273-026083
Abfallwirtschaft
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen
von Wertstoffen erhalten bleiben.
Zur Begründung der Eingabe wird im Wesentlichen angeführt, seit Jahrzehnten
leisteten bestehende gewerbliche Sammelstrukturen, hinsichtlich etwa Altpapier,
Altkleidern, Schrott/Elektroschrott, einen entscheidenden Beitrag dazu, dass
Sekundärrohstoffe aus privaten Haushalten in hoher Qualität erfasst und in den
Wirtschaftskreislauf zurückgeführt würden. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz
(KrWG) vom 1. Juni 2012 führe jedoch zu einer zunehmenden Monopolisierung der
Sammlung von Wertstoffen zugunsten von Kommunen bzw. kommunalen
Entsorgungsbetrieben. So seien bereits eine Vielzahl gewerblicher Sammlungen der
genannten Wertstoffe untersagt worden mit steigender Tendenz. Auch
gemeinnützige Sammlungen, von denen vornehmlich z. B. Vereine, Schulen,
karitative Einrichtungen, profitierten, seien zunehmend von Untersagungen betroffen.
Ziel dieser Praxis der Kommunen sei, eigene Entsorger vor Wettbewerb zu schützen
und höhere Gewinne zu erzielen. Aspekte des Umwelt- und Verbraucherschutzes
würden hingegen vernachlässigt. Aus diesem Grund sei auch dafür Sorge zu tragen,
dass gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen vor allem dann nicht untersagt
werden dürften, wenn der Verbraucher hierdurch Vorteile gegenüber der Sammlung
durch einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erlange. Zudem sollten
behördliche Untersagungsverfügungen nur durch "unparteiische" Behörden erfolgen
dürfen.
Überdies könne auch das in Planung befindliche Wertstoffgesetz die gewerblichen
Sammlungen verdrängen, weshalb entsprechende Regelungen abzulehnen seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht worden.
Sie wurde durch insgesamt 21.550 Mitzeichnungen (Online 173; Post/Fax 21.377)
unterstützt und es gingen 26 Diskussionsbeiträge ein.
Überdies hat den Petitionsausschuss zu dieser Thematik derzeit eine weitere
Eingabe mit verwandter Zielsetzung erreicht. Wegen des Sachzusammenhangs
werden diese Eingaben einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung
zugeführt. Der Ausschuss bittet um Verständnis, dass er daher nicht auf alle
vorgetragenen Aspekte eingehen kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss äußert Verständnis für das vorgetragene Anliegen.
Gleichwohl sieht er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne der
Eingabe.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass das KrWG das zentrale
Bundesgesetz des deutschen Abfallrechts ist, welches die Entsorgung von Abfällen
regelt. Zweck des Gesetzes ist es, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der
natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der
Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicher zu stellen. Ziel des Gesetzes ist
es, Abfälle zu reduzieren, insbesondere die zu deponierenden Abfälle. Beim Umgang
mit Abfällen gibt es folgende Zielhierarchie: Vermeidung, Vorbereitung zur
Wiederverwendung, Recycling (stoffliche Verwertung), sonstige Verwertung,
insbesondere energetische und Verfüllung, Beseitigung. Aus Gründen des
Umweltschutzes können diese Prioritäten auch flexibel gehandhabt werden.
Die §§ 17 und 18 des KrWG regeln die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die
Durchführung gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen von Abfällen aus
privaten Haushalten sowie die entsprechende Anzeigepflicht für die Sammlungen.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG ist die Entsorgung von Haushaltsabfällen als
Bestandteil der Daseinsvorsorge den Kommunen als "öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgern" zugewiesen. Korrespondierend hierzu unterliegen Abfälle aus
privaten Haushaltungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG grundsätzlich einer
Überlassungspflicht an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die
Überlassungspflicht besteht jedoch u.a. nicht, soweit die genannten Abfälle über eine
gewerbliche oder gemeinnützige Sammlung unter den in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
und 4 KrWG genannten Voraussetzungen einer Verwertung zugeführt werden. Die
Sammlungen sind dabei gemäß § 18 Abs. 1 KrWG der zuständigen Behörde
anzuzeigen. Durch die Zulassung gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen
wird insbesondere den europarechtlichen Vorgaben der Warenverkehrs- und
Wettbewerbsfreiheit Rechnung getragen. Die konkrete Ausgestaltung der
Regelungen zur gewerblichen Sammlung war im Gesetzgebungsverfahren umstritten
und konnte erst im Vermittlungsausschuss einer einvernehmlichen Lösung zugeführt
werden.
Mit der Petition wird Bezug genommen auf diese genannten Regelungen, wonach
bereits neben dem Erfassungssystem der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger
auch gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen von Abfällen aus privaten
Haushalten zulässig sind. Der Ausschuss weist darauf hin, dass Voraussetzung für
die Durchführung einer Sammlung allerdings ist, dass diese ordnungsgemäß und
schadlos erfolgt und – bezogen auf gewerbliche Sammlungen – überwiegende
öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.
Der Begriff der "überwiegenden öffentlichen Interessen" wird dabei in § 17 Abs. 3
KrWG u.a. durch Regelbeispiele konkretisiert. Bei der Anwendung dieser
Regelbeispiele ist auch die Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammler im
Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu berücksichtigen. Bei
der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der
Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des
Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus
Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der
Leistung zu Grunde zu legen. Der Petitionsausschuss betont, dass insofern die in
den Eingaben zum Ausdruck gebrachte Forderung, dass Vorteile für die Verbraucher
durch gewerbliche Sammler zu berücksichtigen seien, bereits in der derzeitigen
Rechtslage angelegt ist.
Der Ausschuss hebt weiter hervor, dass die Prüfung dieser Voraussetzungen den
zuständigen Behörden über die Anzeigepflicht gemäß § 18 KrWG ermöglicht wird.
Sollten die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sein, kann die zuständige
Behörde eine gewerbliche oder gemeinnützige Sammlung im Einzelfall einschränken
oder untersagen. Zuständig sind damit die staatlichen Verwaltungsbehörden und
nicht etwa die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die genauen Zuständigkeiten
können dabei nicht durch den Bundesgesetzgeber zugewiesen werden, sondern
werden nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern in
eigener Angelegenheit festgelegt. Dabei ist jedoch die verfassungsrechtlich gebotene
Wahrung der Neutralität der Behörden zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist
die vorgetragene Forderung einer unparteiischen Behördenentscheidung durch die
Länder sicherzustellen.
Der Petitionsausschuss unterstreicht, dass die der Petition insgesamt zugrunde
liegende Sorge, gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen könnten aufgrund
einer Vielzahl von Untersagungsverfügungen verdrängt werden, bereits seit
Inkrafttreten der Vorschriften im Juli 2012 diskutiert worden ist. Diese Sorge ist aber
nach den Erkenntnissen des Petitionsausschusses nicht begründet. Nach den
Ergebnissen eines dazu durchgeführten Forschungsvorhabens der Bundesregierung
wurden lediglich ca. 5 % aller gewerblichen Sammlungen und nur ca. 1 % aller
gemeinnützigen Sammlungen tatsächlich untersagt. Die Ergebnisse dieser
Evaluierung, welche Anfang 2016 abgeschlossen wurde, sind u.a. auf der
Internetseite des Umweltbundesamtes einsehbar.
Soweit in den Eingaben das Wertstoffgesetz thematisiert wird, liegt dieses nach
Kenntnis des Petitionsausschusses im Arbeitsentwurf vor. Das parlamentarische
Gesetzgebungsverfahren wurde noch nicht eingeleitet. Dem Vernehmen nach soll
der Entwurf keine über die bestehende Rechtslage hinausgehenden
Überlassungspflichten enthalten, sodass die Befürchtung der Verdrängung etablierter
gewerblicher Sammlungen unbegründet zu sein scheint.
In diesem Zusammenhang hat der Petitionsausschuss die Eingabe auch dem
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, der mit dem Antrag
auf Drucksache 18/4648 - Wertstoffgesetz jetzt vorlegen - befasst war, zur
Stellungnahme gemäß § 109 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
vorgelegt. Der Fachausschuss hat die Petition in seine Beratungen zu dem
genannten Antrag mit einbezogen. Der Fachausschuss hat mehrheitlich
beschlossen, den Antrag abzulehnen. Die Einzelheiten können der
Beschlussempfehlung und Bericht auf Bundestags-Drucksache 18/9693 entnommen
werden.
Insoweit stellt der Petitionsausschuss anheim, den Fortgang des
Gesetzgebungsvorhabens in den Medien zu verfolgen.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein
weitergehendes parlamentarisches Tätigwerden im Sinne der Eingaben nicht in
Aussicht zu stellen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)