07/21/2016, 04:22
Pet 2-18-18-273-022584Abfallwirtschaft
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit – als Material zu überweisen, soweit es
um eine Stärkung der stofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird eine Erhöhung der Recycling-Quote insbesondere von
Kunststoffabfällen angeregt.
Zur Begründung ihrer Eingabe trägt die Petentin im Wesentlichen vor, deutsche
Bürgerinnen und Bürger seien sehr stark bei der Mülltrennung engagiert, um die
Umwelt vor unnötiger Verschmutzung zu bewahren. Allerdings werde lediglich ein
geringer Prozentsatz des getrennten Abfalls, insbesondere Plastik, recycelt. Des
Weiteren spricht sich die Petentin für den Ersatz von stabilen Kunststoffen innerhalb
von Produktionsprozessen durch "Bio-Plastik" (bioabbaubare Kunststoffe) aus, um
damit den Umweltschutz zu stärken. Den Petitionsausschuss bitte sie um
entsprechende Unterstützung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen der Petentin wird auf die von
ihr eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht worden.
Sie wurde durch 207 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen
14 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss äußert Verständnis für das vorgetragene Anliegen.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass die Vermutung der
Petentin, dass in Deutschland nur ein geringer Anteil der Abfälle recycelt werde, in der
Form nicht zutrifft. Deutschland verfügt vielmehr über eine vorbildlich organsierte
Abfallwirtschaft. Die flächendeckend geregelte Erfassung diverser Abfallströme
verhindert weitergehend deren "wilde" Entsorgung und ermöglicht deren hochwertige
Verwertung zu hohen Quoten. So wurden beispielsweise von sämtlichen
Kunststoffabfällen, die im Jahr 2013 in Deutschland anfielen, rund 99 Prozent einer
Verwertung zugeführt. Davon entfielen rund 42 Prozent auf die stoffliche Verwertung,
das heißt, diese wurde noch einmal eingesetzt, und 57 Prozent auf die energetische
Verwertung, was bedeutet, dass die Abfälle in Müllverbrennungsanlagen verbrannt
und für die Gewinnung von Strom und Wärme genutzt oder direkt als Ersatzbrennstoff
eingesetzt werden. Im Ergebnis wurde lediglich rund 1 Prozent der gesamten Menge
an Kunststoffabfällen geordnet deponiert. Bei Kunststoffverpackungen, welche beim
Endverbraucher anfallen, liegt die Verwertungsquote ebenfalls bei etwa 99 Prozent,
die Recyclingquote dieser Materialfraktion liegt sogar bei über 50 Prozent.
Allerdings stimmt der Petitionsausschuss der Auffassung der Petentin insoweit zu,
dass eine Erhöhung des Anteils der stofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen
(also keine energetische Verwertung) wünschenswert wäre. Nach Kenntnis des
Petitionsausschusses sind die Gründe für eine vergleichsweise geringe stoffliche
Verwertung von Kunststoffen vielfältig. Zum einen kann dies in mangelnder Qualität
von Plastikverbindungen begründet sein. Besonders Mischkunststoffe wie etwa
Chipstüten oder Zahnpastatuben stellen Recyclingbetriebe vor große
Herausforderungen. Denn sie bestehen aus verschiedenen Plastiksorten, die sich nur
schwer und damit entsprechend teuer trennen lassen, weshalb diese meist in
Müllverbrennungsanlagen zu finden sind. Des Weiteren geht dem Vernehmen nach
ein Großteil des wertvollen Plastiks bereits beim Trennen und Sortieren verloren.
Beispielsweise gilt die gelbe Gummiente nicht als Verpackung gehört damit nicht in die
in einigen Bundesländern verbreitete gelbe Tonne für Verpackungen, sondern in die
graue oder schwarze Tonne für Restmüll. Dabei ließe sich das Material der Gummiente
durchaus wieder verwerten.
Daher begrüßt der Petitionsausschuss, dass die Bundesregierung anstrebt, die
Verwertung von Kunststoffabfällen sowie anderer Abfallfraktionen weiter zu stärken.
Hierzu dient unter anderem die aktuelle Novellierung der Gewerbeabfallverordnung,
welche zukünftig strengere Anforderungen an die Sammlung und Verwertung von
Wertstofffraktionen stellen wird. Ein weiteres Beispiel stellt die vorgesehene
Weiterentwicklung der Verpackungsverordnung zu einem Wertstoffgesetz dar. Mit der
damit einhergehenden einheitlichen Wertstofferfassung können jährlich bis zu
5 kg Wertstoffe (etwa Kunststoffe und Metalle) pro Einwohner und Jahr haushaltsnah
zusätzlich erfasst und einer Verwertung zugeführt werden. Anspruchsvolle
Verwertungsanforderungen werden dazu führen, dass noch mehr Abfälle hochwertig
recycelt werden.
Soweit die Petentin anregt, die einschlägigen Wirtschaftszweige zur Substitution
stabiler Kunststoffe durch biologisch abbaubare Kunststoffe zu verpflichten, lehnt der
Petitionsausschuss diesen Vorschlag ab. Denn einerseits bauen sich solche
Kunststoffe nur unter optimalen technischen Bedingungen großtechnischer
biologischer Behandlungsanlagen vollständig ab, nicht jedoch in der natürlichen
Umwelt. Das Prädikat "biologisch abbaubar" kann erschwerend zu einem sorglosen
Umgang mit solchen Kunststoffabfällen und deren "wilder" Entsorgung in der Umwelt
führen. Des Weiteren würde eine solche Verpflichtung einen erheblichen Eingriff in die
unternehmerischen Freiheiten von Kunststoffproduzenten darstellen, die aufgrund des
zweifelhaften ökologischen Nutzens nicht zu rechtfertigen wäre.
Im Ergebnis hält der Petitionsausschuss die Eingabe für geeignet, diese bei der
Novellierung der Gewerbeabfallverordnung sowie in die Überlegungen zu einem
Wertstoffgesetz mit einzubeziehen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und
Reaktorsicherheit – als Material zu überweisen, soweit es um eine Stärkung der
stofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen geht, und das Petitionsverfahren im
Übrigen abzuschließen.
Begründung (PDF)