Anrechnung von Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung - Berücksichtigung von Zeiten der Mitarbeit im Katastrophenschutz

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
112 Unterstützende 112 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

112 Unterstützende 112 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2014
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:05

Pet 1-18-06-2013-008480Versorgung der Beamten
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 24.09.2015 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, ehrenamtliche Tätigkeiten bei der Bundesanstalt
Technisches Hilfswerk als rentenversicherungsrechtlich relevante Zeiten bzw. als
ruhegehaltsfähige Dienstzeiten anzuerkennen.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der
ehrenamtlichen Tätigkeit im Katastrophenschutz bei der Bundesanstalt Technisches
Hilfswerk um einen mit der Bundeswehrzeit vergleichbaren Dienst am Staat handele.
Aufgrund der Anerkennung von Wehrdienstzeiten müsse daher im Sinne der
Gleichbehandlung hinsichtlich der ehrenamtlichen Tätigkeiten zumindest eine anteilige
Anrechnung erfolgen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 112 Mitzeichnungen und 6 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst fest, dass in der von wachsendem
Wettbewerbsdruck und demografischen Herausforderungen geprägten Zeit die
Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für den Zusammenhalt der Gesellschaft

immer mehr zunimmt. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit hat für das
Gemeinwohl einen großen gesellschaftlichen Stellenwert, dem mit dem Gesetz zur
weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements bereits im Jahre 2007
Rechnung getragen wurde. Dabei wurden die Rahmenbedingungen für gemeinnützige
Tätigkeiten in Deutschland durch Änderungen der Steuergesetze verbessert. Eine
Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätigkeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung
bzw. in der Beamtenversorgung wurde aus mehreren Gründen nicht in Erwägung
gezogen.
Die geänderten steuerrechtlichen Regelungen gehen auf die 1999 eingesetzte
Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen
Bundestages zurück, die sich in ihrem Abschlussbericht (Drucksache 14/8900)
ebenfalls gegen eine rentenrechtliche Berücksichtigung ausgesprochen hat.
In diesem Zusammenhang begrüßt der Petitionsausschuss ausdrücklich die Absicht
der Bundesregierung, die Voraussetzungen für ehrenamtliches Engagement zu
verbessern und für mehr Anerkennung für das Engagement aller Generationen und
die Arbeit im Ehrenamt zu sorgen.
Gleichwohl vermag der Ausschuss eine Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätigkeiten
weder in der Beamtenversorgung noch in der gesetzlichen Rentenversicherung zu
unterstützen.
Im Hinblick auf die Materie der Beamtenversorgung weist der Ausschuss auf
Folgendes hin:
Nach § 4 Absatz 3 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) wird das
Ruhegehalt von Ruhestandsbeamten auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen
Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Dementsprechend
wirkt im System der Beamtenversorgung die Anerkennung von Zeiten als
ruhegehaltfähige Dienstzeit unmittelbar leistungssteigernd. Der Versorgungsbezug als
unmittelbare Folge des auf Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes basierenden
Alimentationsprinzips und in der Ruhestandsphase zu leistender Teil der
Gegenleistung dafür, dass sich der Beamte dem Dienstherrn mit seiner ganzen
Persönlichkeit zur Verfügung stellt und seine Dienst- und Treuepflicht nach Kräften
erfüllt, fällt durch Berücksichtigung von Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit finanziell
höher aus.

Demgegenüber definiert sich das Ehrenamt darüber, dass entweder ein öffentliches
Amt oder eine ehrenamtliche Tätigkeit im privatrechtlichen Bereich unentgeltlich, d. h.
grundsätzlich bis auf Auslagenersatz o. ä. ohne Gegenleistung wahrgenommen wird.
Die Gegenüberstellung der für Versorgungsleistung und Ehrenamt maßgeblichen
Kriterien zeigt deutlich, weshalb Zeiten, in denen als Ehrenamtler eine ehrenamtliche
Tätigkeit ausgeübt wird, nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeiten in der
Beamtenversorgung zu berücksichtigen sind.
Dies schließt allerdings nicht aus, dass z. B. Ehrenbeamte, also Beamte, die ein
hoheitliches Amt neben ihrem bürgerlichen Beruf ausüben und dafür ebenfalls weder
Dienstbezüge noch Versorgung erhalten, Anspruch auf bestimmte Leistungen der
Dienstunfallfürsorge nach dem Beamtenversorgungsgesetz haben, wenn sie in
Ausübung ihres Ehrenamtes einen „Dienstunfall“ erleiden (vgl. § 68 BeamtVG).
Die o. g. Enquete-Kommission hat sich im Übrigen in ihrem Bericht ausdrücklich gegen
das Schaffen monetärer Anreize ausgesprochen (Drucksache 14/8900).
In beamtenversorgungsrechtlicher Hinsicht lehnt der Petitionsausschuss mithin aus
systematischen Gründen eine Berücksichtigung von ehrenamtlicher Tätigkeit als
ruhegehaltfähige Dienstzeit grundsätzlich ab.
Soweit mit der Petition eine Anerkennung ehrenamtlicher Zeiten in der gesetzlichen
Rentenversicherung begehrt wird, macht der Ausschuss auf Folgendes aufmerksam:
Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein vorleistungsbezogenes
Versicherungssystem. Der Anspruch auf eine Rente ist abhängig von einer
Mindestversicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Höhe der
Rente richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der versicherten Entgelte und der
Anzahl der zurückgelegten Versicherungsjahre. Sowohl für den Anspruch als auch für
die Höhe einer Rente kann eine ehrenamtliche Tätigkeit grundsätzlich nur dann
berücksichtigt werden, wenn eine Versicherung in der gesetzlichen
Rentenversicherung besteht. Eine Rentensteigerung für ehrenamtliche Tätigkeiten
ohne Gegenleistung in Form von Beiträgen wäre mit dem Prinzip der Lohn- und
Beitragsbezogenheit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu vereinbaren.
Des Weiteren würde eine rentensteigernde Anerkennung von Zeiten des Ehrenamts
darauf hinauslaufen, bürgerschaftliches Engagement – zeitlich versetzt – zu
„entlohnen“. Damit würde das Ehrenamt analog zur Erwerbsarbeit betrachtet.

Ferner müsste eine klare sozialrechtlich relevante Zugangsberechtigung definiert
werden, die bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt einerseits von anderen
Formen der Nicht-Erwerbsarbeit (z. B. Familienarbeit) abgrenzt, und andererseits
eindeutig regelt, welche Formen des Ehrenamtes in welchem zeitlichem Umfang
berücksichtigt werden sollten. Eingrenzungen der Zugangsberechtigung wären
unumgänglich und nicht einbezogene Formen ehrenamtlicher Tätigkeit würden
ausgegrenzt.
Zudem merkt der Ausschuss an, dass entsprechende Nachweise und Kontrollen
erforderlich wären, die mit erheblichem bürokratischen Aufwand für die Träger
ehrenamtlichen Engagements verbunden wären. Insbesondere in weniger
formalisierten und organisationsunabhängigen Engagementfeldern wäre dieser
Aufwand kaum zu leisten.
Der Ausschuss hebt jedoch hervor, dass für ein Ehrenamt – auch wenn es
grundsätzlich nicht der Sicherstellung des Lebensunterhalts dient und daraus folglich
auch keine Alterssicherung abgeleitet werden kann – verschiedene Sonderregelungen
zur Verbesserung der rentenrechtlichen Situation existieren. Eine solche Regelung ist
z. B. § 163 Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Diese
Vorschrift zielt auf Arbeitnehmer ab, die neben ihrer versicherungspflichtigen
Beschäftigung ein Ehrenamt ausüben, das nicht der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Wird ihr Arbeitsentgelt infolge der
ehrenamtlichen Tätigkeit gemindert, können sie bei ihrem Arbeitgeber beantragen,
dass für die Beitragsentrichtung nicht nur ihr tatsächliches aus der Beschäftigung
erzieltes versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird, sondern
zusätzlich auch der Betrag, der ohne die ehrenamtliche Tätigkeit aus dieser
Beschäftigung erzielt worden wäre.
Unterliegt hingegen eine ehrenamtliche Tätigkeit, die bei einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts ausgeübt wird, der Versicherungspflicht und wurden in dem
vorangegangenen Kalenderjahr freiwillige Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung gezahlt, kann gemäß § 163 Absatz 4 SGB VI auf Antrag des
Ehrenamtsinhabers für die Beitragsberechnung in der Rentenversicherung jeder
Betrag bis zur Beitragsbemessungsgrenze als Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.
Auf diese Weise wird verhindert, dass Betroffene, die eine niedrig bezahlte
ehrenamtliche Beschäftigung aufnehmen, zuvor aber hohe freiwillige Beiträge zur
Rentenversicherung gezahlt haben, Nachteile bei ihrer Altersversorgung hinnehmen
müssen.

Ehrenamtsinhaber zahlen grundsätzlich in beiden Fällen die Beiträge für das über dem
Arbeitsentgelt liegende fiktive Entgelt selbst. Bei entsprechender Vereinbarung
können sie aber von der Stelle, für die sie tätig sind, einen Ausgleich erhalten.
Nach Auffassung des Ausschusses ist über die bestehenden Regelungen hinaus eine
besondere Honorierung des Ehrenamts in der lohn- und beitragsbezogenen
Rentenversicherung nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage im Ergebnis keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu
erkennen und die mit der Petition erhobene Forderung nicht zu unterstützen.
Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung -
dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales - zu überweisen, soweit auf eine
bessere Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements aufmerksam gemacht wird,
ist mehrheitlich abgelehnt worden.Begründung (pdf)


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