20.07.2016, 04:22
Pet 1-18-06-26-025311Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass die Bundesregierung die derzeitige Praxis
der unkontrollierten Einreise von Flüchtlingen über die sogenannte Balkanroute sofort
beendet.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 549 Mitzeichnungen und
190 Diskussionsbeiträge sowie mehrere sachgleiche Eingaben vor. Sie werden einer
gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen. Es wird um Verständnis
gebeten, dass dabei nicht auf jeden Aspekt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, das Ausmaß des
gegenwärtigen Flüchtlingszustroms sei nicht mehr verkraftbar. Durch die
Entscheidung der Bundesregierung, Flüchtlinge unkontrolliert und ohne Erfassung
nach Deutschland einreisen zu lassen, habe sich die Situation wesentlich verschärft.
Dieses Vorgehen verstoße gegen europäisches Recht und sei unvereinbar mit
Artikel 16a Absatz 2 Grundgesetz. Die Hoffnung der Not leidenden Menschen
hinsichtlich Unterbringung, Verpflegung und Integration könne Deutschland nicht
erfüllen. Auch gefährde die unkontrollierte Einreise die innere Sicherheit Deutschlands.
Die Entscheidung der Bundesregierung vom 13. September 2015 zur Einführung
vorübergehender Grenzkontrollen habe zu keiner wesentlichen Änderung der
Situation geführt. Sofern die Bundesregierung die unkontrollierte Einreise nicht stoppe
und die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht wieder herstelle, möge der Deutsche
Bundestag per Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit
des Handelns der Bundesregierung prüfen lassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Ausschuss weist einführend auf die Bedeutung des Asylrechts in Deutschland hin.
Es wird in Deutschland nicht nur - wie in vielen anderen Staaten - auf Grundlage der
völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951
gewährt, sondern hat als Grundrecht Verfassungsrang.
Hinsichtlich der mit der Petition kritisierten unkontrollierten Einreise von Personen nach
Deutschland merkt der Ausschuss an, dass der Grundsatz der Kontrollfreiheit beim
Überschreiten der Schengen-Binnengrenzen gilt. Die Wiedereinführung von
Grenzkontrollen an Binnengrenzen ist als „Ultima Ratio“ an strenge Kriterien geknüpft.
Sie kommt nur bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht, beispielsweise einer
ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder einer
Gefährdung des Funktionierens des Schengen-Raums durch anhaltend
schwerwiegende Mängel bei dem Schutz der Außengrenzen.
Die gegenwärtige Situation des hohen Flüchtlingszustroms nach Deutschland führte
zu der in der Petition dargestellten Entscheidung der Bundesregierung in Abstimmung
mit den Bundesländern wieder temporär Grenzkontrollen an den deutschen
Schengen-Binnengrenzen, schwerpunktmäßig an der deutsch-österreichischen
Grenze, einzuführen. Diese Entscheidung wurde getroffen, um zu einem geordneten
Einreiseverfahren zurückzukehren. Der Ausschuss teilt die Einschätzung des
Bundesministeriums des Innern und die mit der Petition hervorgebrachte Befürchtung,
dass ein weiterer unkontrollierter Zulauf zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung
und der inneren Sicherheit führen könnte. Mit den temporären Grenzkontrollen hat die
Bundesregierung nach Einschätzung des Ausschusses eine zweckdienliche
Maßnahme ergriffen.
Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass sich Bund und Länder im Rahmen des
Flüchtlingsgipfels am 24. September 2015 auf weitere Maßnahmen verständigt haben,
um den Flüchtlingszustrom nach Deutschland einzudämmen. Entsprechende
Maßnahmen sieht das am 24. Oktober 2015 in Kraft getretene
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vor, mit dem u. a. Vorschriften des
Asylverfahrensgesetz (Asylgesetz), Asylbewerberleistungsgesetz, Aufenthaltsgesetz
und des Baugesetzes geändert wurden. Zu den Kernbotschaften der damit
verbundenen gesetzlichen Neuerungen gehören zunächst die zügige Ordnung und
Beschleunigung des Asylverfahrens sowie die Stärkung der Integration von
schutzbedürftigen Flüchtlingen durch Sprache, Arbeit und in sozialem Zusammenhalt.
Ferner findet sowohl ein Abbau von Fehlanreizen für die Zuwanderung als auch eine
konsequente Rückführung derjenigen statt, die kein Bleiberecht in Deutschland haben.
Hinsichtlich der Unterbringung wurden Rechtsregeln beseitigt, die eine zügige und
winterfeste Unterbringung der Flüchtlinge verhinderten. Darüber hinaus wurden Hilfen
des Bundes für die Länder und Kommunen geregelt, um in
Verantwortungsgemeinschaft die große Herausforderung stemmen zu können.
Zudem verweist der Ausschuss auf den vom Deutschen Bundestag am
14. Januar 2016 beschlossenen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Registrierung
und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken
(Datenaustauschverbesserungsgesetz, vgl. Bundestagsdrucksachen 18/7043 sowie
18/7258, abrufbar unter:www.bundestag.de). Dieser sieht die Einführung eines
Ankunftsnachweises vor, der von den zuständigen Aufnahmeeinrichtungen und den
Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ausgestellt werden soll.
Neben den bereits nach den geltenden Vorschriften zu speichernden
Grundpersonalien werden zusätzliche Daten, u. a. Fingerabdruckdaten, Informationen
zu durchgeführten Gesundheitsuntersuchungen sowie Daten, die für die Integration
erforderlich sind, beispielsweise Informationen zu Schulbildung, Berufsausbildung
sowie sonstigen Qualifikationen, gespeichert. Die Daten werden bereits beim ersten
Kontakt erhoben und zentral in einem Kerndatensystem gespeichert. Die Vorlage des
Ankunftsnachweises soll grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung von
Leistungen und die Stellung eines Asylantrags sein.
Der Ausschuss stellt fest, dass hierdurch die schnelle und flächendeckende
Registrierung von Personen sichergestellt wird, die derzeit als Asylsuchende,
Flüchtlinge oder unerlaubt nach Deutschland einreisen. Die Anzahl der nicht
registrierten Asyl- und Schutzsuchenden in Deutschland wird reduziert und die
Möglichkeit der Identitätstäuschung eingeschränkt. Ferner werden
Mehrfacherhebungen vermieden und die Asylverfahren können beschleunigt
bearbeitet werden. Darüber hinaus kann die gerechte Verteilung der Eingereisten auf
die Bundesländer stattfinden und Selbstzuweisungen von Asylsuchenden werden
unterbunden. Der Ausschuss begrüßt, dass damit zur weiteren Steuerung und
Ordnung der Zuwanderung und des Asylverfahrens beigetragen werden kann. Auch
trägt der Gesetzentwurf zur inneren Sicherheit bei. Die Sicherheitsbehörden können
aufgrund der Speicherung der persönlichen Daten im Kerndatensystem einen Abgleich
vornehmen und prüfen, ob terrorismusrelevante Erkenntnisse oder sonstige
schwerwiegende Sicherheitsbedenken bestehen.
Abschließend weist der Ausschuss darauf hin, dass der Gesetzentwurf zum
Datenaustauschverbesserungsgesetzes eine Evaluierungsklausel enthält, sodass die
beschlossenen Maßnahmen nach einer Anlaufzeit unter Einbeziehung externen
wissenschaftlichen Sachverstandes auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.
Mit den dargestellten Maßnahmen wurden nach Einschätzung des
Petitionsausschusses sowohl zielführende Einzelmaßnahmen als auch die rechtlichen
Rahmenbedingungen geschaffen, um die Registrierung der nach Deutschland
einreisenden Flüchtlinge bzw. Schutzsuchenden sicherzustellen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)