21-07-2016 04:22
Pet 1-18-06-26-025729Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird die Einführung von kulturkundlichen Pflichtschulungen für
Flüchtlinge, einschließlich eines Abschlusstests, gefordert.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 201 Mitzeichnungen und
159 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden
Aspekt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass den
Flüchtlingen in den Schulungen die deutsche Alltagskultur auf der Grundlage des
Grundgesetzes vermittelt werden solle. Zum Abschluss müsse ein schriftlicher Test
bestanden werden. Alltägliches Wissen könne bei den Flüchtlingen aus anderen
Kulturkreisen nicht vorausgesetzt werden und müsse daher noch vor dem Erlernen
der deutschen Sprache vermittelt werden. Neben Rechten müssten auch Pflichten
bundesweit einheitlich vermittelt werden. Das Bereitstellen von Information sei eine
Bringschuld des Staates. Es reiche nicht aus, das Grundgesetz auf Arabisch zu
verteilen, da sich die Umsetzung der formulierten Werteordnung nicht unmittelbar
jedem erschließe. Integration und die Vermittlung der kulturellen Werte dürfe den
Flüchtlingen nicht selbst überlassen werden, sondern müsse institutionell begleitet und
der Lernerfolg kontrolliert werden. Als Wissensvermittler kämen interessierte Nicht-
Pädagogen, Staatsbedienstete sowie Bürger in Betracht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Zunächst stellt der Ausschuss fest, dass die Integration von rechtmäßig auf Dauer im
Bundesgebiet lebenden Zuwanderern in das wirtschaftliche, kulturelle und
gesellschaftliche Leben in Deutschland gemäß §§ 43 bis 45 des Aufenthaltsgesetzes
(AufenthG) bereits gefördert und gefordert wird. Insbesondere weist der Ausschuss
auf den nach § 43 Absatz 2 Satz 1 AufenthG vorgesehenen Integrationskurs hin, der
das Grundangebot des Bundes zur Integration darstellt. Ziel des Integrationskurses ist
es, den Zuwanderern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte
in Deutschland erfolgreich zu vermitteln. Die Zuwanderer sollen auf diese Weise mit
den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet so vertraut werden, dass sie befähigt sind,
ohne Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens
selbstständig handeln zu können. Der Ausschuss hebt hervor, dass insbesondere die
Vermittlung der demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien Deutschlands
wesentliches Anliegen ist. Dies umfasst die Verfassungsgrundsätze wie
Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Religionsfreiheit. Der
Integrationskurs besteht aus einem Sprach- und einem Orientierungskurs. Im Rahmen
des Orientierungskurses wird den Teilnehmern u. a. die deutsche Kultur, Geschichte
und Rechtsordnung vermittelt. Hinsichtlich der weiteren Rahmenbedingungen und der
einzelnen Inhalte des Integrationskurses verweist der Ausschuss auf die Internetseite
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), die dazu Informationen
bereitstellt (abrufbar unter: www.bamf.de/DE/Infothek/TraegerIntegrationskurse
/traegerintegrationskurse-node.html). Der Ausschuss stellt fest, dass die
Integrationskurse die mit der Petition geforderten Inhalte demnach vollumfänglich
abbilden.
Der bestehende rechtliche Regelungsrahmen ist darauf angelegt, günstige
Bedingungen für die Integration der Zuwanderer und der sich auf Dauer in Deutschland
aufhaltenden Ausländer zu schaffen und ihre Eingliederung in die Gesellschaft zu
fördern. Sobald die Bleibeperspektive der zugewanderten Personen feststeht, werden
sie in den Integrationskursen zeitnah mit der deutschen Rechts- und Sozialordnung
vertraut gemacht.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass Integrationskurse seit 2005 durchgeführt werden
und somit in diesem Bereich hohes Erfahrungspotenzial vorliegt. Das Angebot
unterliegt seither einer kontinuierlichen Kontrolle, in deren Rahmen inhaltliche und
methodische Anpassungen an neue Anforderungen sowie Zielgruppen-
differenzierungen vorgenommen werden. Auch die Lehrkräfte gehen situations- und
teilnehmerbezogen auf soziale Themenstellungen, Verhaltensweisen und
Alltagssituationen ein.
Hinsichtlich der Forderung Pflichtschulungen einzuführen, die mit einem schriftlichen
Test abgeschlossen werden, merkt der Ausschuss an, dass dies im Rahmen der
Integrationskurse bereits vorgesehen ist. Die Abschlussprüfung umfasst eine
Sprachprüfung sowie den Test „Leben in Deutschland“. Letzterer findet im Anschluss
an den Orientierungskurs statt. Zudem erhalten die Teilnehmer nach erfolgreicher
Sprachprüfung ein Zertifikat, das den erreichten Grad der deutschen
Sprachkenntnisse angibt.
Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 24. Oktober 2015
wurde in Anbetracht der aktuellen Flüchtlingssituation § 44 Absatz 4 Satz 2 AufenthG
dahingehend ergänzt, dass nun auch alle Zuwanderer mit einer sicheren
Bleibeperspektive die Möglichkeit zur frühzeitigen Teilnahme an einem
Integrationskurs erhalten. Der Ausschuss begrüßt diese Neuregelung, stellt aber
gleichzeitig fest, dass die kurzfristig enorm gestiegene Nachfrage nach den Kursen
aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation zu Kapazitätsengpässen geführt hat.
Hinsichtlich der qualitativen Ausgestaltung sind dem Ausschuss allerdings keine
Anhaltspunkte ersichtlich, die eine inhaltliche Korrektur der bestehenden
Integrationskurse bedingen würden.
Ferner weist der Ausschuss darauf hin, dass das Bundesamt derzeit an einem Konzept
für die Vermittlung von Inhalten und Werten des Grundgesetzes für Flüchtlinge
arbeitet, bei denen zunächst keine gesicherte Bleibeperspektive vorhersehbar ist und
somit erst das Ergebnis des Asylverfahrens abgewartet werden muss. Auch diese
Personengruppe soll frühzeitig hinsichtlich der im Orientierungskursteil des
Integrationskurses vermittelten Inhalte erreicht werden. Neben der Rechtsordnung soll
in diesem Schulungsprogramm das Verhalten im Alltag und die Grundlagen der
deutschen Alltagskultur sowie die Regeln des Zusammenlebens vermittelt werden.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen sieht der Ausschuss hinsichtlich weiterer
Schulungsmaßnahmen, die über die Inhalte des Integrationskurses und des in der
Planung befindlichen Schulungsprogramms des Bundesamtes hinausgehen, keinen
parlamentarischen Handlungsbedarf. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung (PDF)