10/12/2016, 04:22
Pet 1-18-06-26-025741Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass jeder Asylsuchende eine Erklärung
unterschreibt, in der er sich verpflichtet, Grundsätze des hiesigen Zusammenlebens
einzuhalten.
Zu dieser auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 259 Mitzeichnungen und 43 Diskussionsbeiträge vor.
Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im
Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der
anhaltende Flüchtlingsstrom zunehmend sowohl die staatlichen Strukturen, die
freiwilligen Helfer sowie die Asylsuchenden selbst überfordere. Die Asylsuchenden
würden eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichem Bildungs- und
Informationsgrad bilden und unterschiedliche kulturelle Hintergründe aufweisen. Um
ein Mindestmaß an „Informationsgleichberechtigung“ herzustellen, sollten die
Asylsuchenden bei der Registrierung eine Erklärung zu wesentlichen Grundsätzen der
deutschen Gesellschaft unterschreiben. Hierunter fielen die Ablehnung jeglicher
Gewalt, Anerkennung der Religionsfreiheit und der Gleichberechtigung von Frau und
Mann sowie Verzicht auf Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Herkunft
sowie der sexuellen Orientierung. Auf diese Weise würde den Zuwanderern der hohe
Stellenwert dieser Werte unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland verdeutlicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Ausschuss weist einführend darauf hin, dass die Integration von rechtmäßig auf
Dauer im Bundesgebiet lebenden Zuwanderern in das wirtschaftliche, kulturelle und
gesellschaftliche Leben in Deutschland gemäß §§ 43 bis 45 des Aufenthaltsgesetzes
(AufenthG) bereits gefördert und gefordert wird. Insbesondere weist der Ausschuss
auf den nach § 43 Absatz 2 Satz 1 AufenthG vorgesehenen Integrationskurs hin, der
das Grundangebot des Bundes zur Integration darstellt. Ziel des Integrationskurses ist
es, den Zuwanderern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte
in Deutschland erfolgreich zu vermitteln. Die Zuwanderer sollen auf diese Weise mit
den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet so vertraut werden, dass sie befähigt sind,
ohne Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens
selbstständig handeln zu können. Der Ausschuss hebt hervor, dass insbesondere die
Vermittlung der demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien Deutschlands
wesentliches Anliegen ist. Dies umfasst die Verfassungsgrundsätze wie
Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie die Religionsfreiheit. Der
Integrationskurs besteht aus einem Sprach- und einem Orientierungskurs. Im Rahmen
des Orientierungskurses wird den Teilnehmern u. a. die deutsche Kultur, Geschichte
und Rechtsordnung vermittelt. Der Integrationskurs wird mit einem schriftlichen Test,
aufgeteilt in eine Sprachprüfung sowie den Test „Leben in Deutschland“
abgeschlossen. Hinsichtlich der weiteren Rahmenbedingungen und der einzelnen
Inhalte des Integrationskurses verweist der Ausschuss auf die Internetseite des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), die dazu Informationen
bereitstellt (abrufbar unter: www.bamf.de/DE/Infothek/TraegerIntegrationskurse
/traegerintegrationskurse-node.html).
Der bestehende rechtliche Regelungsrahmen ist darauf angelegt, günstige
Bedingungen für die Integration der Zuwanderer und der sich auf Dauer in Deutschland
aufhaltenden Ausländer zu schaffen und ihre Eingliederung in die Gesellschaft zu
fördern. Sobald die Bleibeperspektive der zugewanderten Personen feststeht, werden
sie in den Integrationskursen zeitnah mit der deutschen Rechts- und Sozialordnung
vertraut gemacht.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass Integrationskurse seit 2005 durchgeführt werden
und somit in diesem Bereich hohes Erfahrungspotenzial vorliegt. Das Angebot
unterliegt seither einer kontinuierlichen Kontrolle, in deren Rahmen inhaltliche und
methodische Anpassungen an neue Anforderungen sowie
Zielgruppendifferenzierungen vorgenommen werden. Auch die Lehrkräfte gehen
situations- und teilnehmerbezogen auf soziale Themenstellungen, Verhaltensweisen
und Alltagssituationen ein.
Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 24. Oktober 2015
wurde in Anbetracht der aktuellen Flüchtlingssituation § 44 Absatz 4 Satz 2 AufenthG
dahingehend ergänzt, dass nun auch alle Zuwanderer mit einer sicheren
Bleibeperspektive die Möglichkeit zur frühzeitigen Teilnahme an einem
Integrationskurs erhalten. Darüber hinaus, ist am 6. August 2016 das
Integrationsgesetz in Kraft getreten, welches für die schnelle Integration von
anerkannten Flüchtlingen, Asylbewerber/innen und Geduldeten in den Arbeitsmarkt
nun weitere Möglichkeiten vorsieht.
Ferner weist der Ausschuss darauf hin, dass das Bundesamt derzeit an einem Konzept
für die Vermittlung von Inhalten und Werten des Grundgesetzes für Flüchtlinge
arbeitet, bei denen zunächst keine gesicherte Bleibeperspektive vorhersehbar ist und
somit erst das Ergebnis des Asylverfahrens abgewartet werden muss. Auch diese
Personengruppe soll frühzeitig hinsichtlich der im Orientierungskursteil des
Integrationskurses vermittelten Inhalte erreicht werden. Neben der Rechtsordnung soll
in diesem Schulungsprogramm das Verhalten im Alltag und die Grundlagen der
deutschen Alltagskultur sowie die Regeln des Zusammenlebens vermittelt werden.
Darüber hinaus weist der Ausschuss auf die Homepage des Bundesamtes hin, auf der
jeder Asylbewerber in verschiedenen Sprachen Informationen über die politische und
rechtliche Ordnung in Deutschland, abrufen kann:
www.bamf.de/DE/Willkommen/LebenInDeutschland/PolitischeRechtlicheOrdnu
ng/politischerechtlicheordnung-node.html.
Der Ausschuss stellt fest, dass mit den zuvor aufgeführten gesetzlichen Neuerungen
das Ziel verfolgt wird, den Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland Asyl
beantragt haben, für den Zeitraum ihres Aufenthaltes die Integration in die Gesellschaft
und in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dabei berücksichtigen die Gesetze die
unterschiedlichen Perspektiven und Lebenssituationen der Menschen. Der Ausschuss
begrüßt die Intention des Gesetzgebers bei der Vermittlung der Werte den
persönlichen Austausch in den Mittelpunkt zu stellen und sie weitestgehend an die
Bleibeperspektive des Asylsuchenden zu knüpfen. Neben den dargestellten
Angeboten weist der Ausschuss abschließend ferner auf die bereits bestehende
gesellschaftliche Erwartungshaltung hin, die geeignet ist, die Prinzipien zu vermitteln.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden
ist.
Begründung (PDF)