Beihilfevorschriften des Bundes - Vereinfachtes Abrechnungsverfahren von Pflegeleistungen (Demenzerkrankungen) bei der Beihilfestelle

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
115 Unterstützende 115 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

115 Unterstützende 115 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 12:57

Pet 1-18-06-20180-027728

Beihilfevorschriften des Bundes


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird ein vereinfachtes Verfahren zur Abrechnung von Pflegeleistungen
bei der Beihilfestelle begehrt und die Einrichtung einer koordinierenden Stelle
vorgeschlagen, die neben den Leistungen der privaten oder sozialen
Pflegeversicherung auch die zustehenden Beihilfen gewährt.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass für pflegende
Angehörige von (pensionierten) beihilfeberechtigten Beamten, die an Demenz
erkrankt seien, eine Doppelbeantragung von Leistungen der Pflegekasse (Antrag an
die zuständige Pflegekasse und Antrag an die Beihilfestelle) nicht länger erforderlich
sein solle, sondern im Sinne des Abbaus überflüssiger Bürokratie vielmehr eine
koordinierende Stelle hierfür bei der Pflegekasse eingerichtet werden solle.
Pflegende Angehörige von an Demenz erkrankten Patienten hätten derzeit einen sehr
hohen bürokratischen Aufwand, wenn es um die Zahlung von Pflegegeldern, Geldern
für stationäre Pflege, zusätzliche Betreuungsleistungen etc. gehe. Nach Festlegung
einer Pflegestufe (0, 1, 2 oder 3) zahle die Pflegekasse das betreffende Pflegegeld
monatlich und ohne weitere Beantragung – jedoch nur zu einem Teil, da der Rest von
der Beihilfe gezahlt werde. Dort sei der restliche Anteil des Pflegegeldes allerdings
monatlich immer aufs Neue zu beantragen. Hinzu kämen Rechnungen für Leistungen,
z. B. der Tages-/Nachtpflege, von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten, der
Kurzzeit- oder Verhinderungspflege. Entsprechende Rechnungen würden monatlich
bis zu einem bestimmten Höchstsatz von der Pflegekasse übernommen, jedoch nur
auf Antrag, da die Beträge monatlich schwanken würden. Auch dann würden die
Gelder nur anteilig übernommen, für den Restbetrag sei wieder ein Antrag an die
Beihilfestelle zu richten.

Zur Verfahrenserleichterung solle die mit der Petition vorgeschlagene koordinierende
Stelle bei der Pflegekasse nach einmaliger Angabe der Beihilfenummer des
betroffenen Patienten alle Leistungen in der vorgesehenen Höhe übernehmen bzw.
auszahlen, und sich selbst bei der Beihilfe um die Rückerstattung des festgelegten
Anteils kümmern.
Alternativ sei eine Regelung denkbar, wonach die Pflegekasse der Beihilfestelle die
ausgezahlten Leistungen mitteile und die Beihilfestelle dann ohne weiteren Antrag von
sich aus aufgrund dieser Mitteilung den restlichen Betrag an den Beihilfeberechtigten
zahle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 115 Mitzeichnungen und 5 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Darüber hinaus hat der Ausschuss am 22. Juni 2016 ein
Berichterstattergespräch zu dieser und zwei weiteren beihilferechtlichen Petitionen
durchgeführt, an dem Vertreter des Bundesministeriums des Innern, des
Bundesministeriums der Gesundheit und des Bundesministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz teilnahmen und in dem die Sach- und Rechtslage umfassend
erörtert wurde.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der seitens
der Bundesregierung angeführten Aspekte sowie der Ergebnisse des
Berichterstattergesprächs wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss hat zunächst grundsätzlich Verständnis für das Anliegen der
Petition. Er würdigt die Pflege und Betreuung von Familienangehörigen im häuslichen
Umfeld, die einen großen Teil der Zeit und Kraft des Pflegenden in Anspruch nimmt.
Für den Ausschuss ist nachvollziehbar, dass die monatlichen Abrechnungen der
vielfältigen Pflegeleistungen einen großen Aufwand darstellen können.
Hinsichtlich der Beihilfe stellt der Ausschuss fest, dass es aufgrund der föderativen
Struktur der Bundesrepublik Deutschland kein einheitliches Beihilferecht gibt. Der
Bund und die Länder regeln ihr Dienstrecht einschließlich der beihilferechtlichen

Regelungen jeweils in eigener Zuständigkeit. Die Bundesregierung trägt ausschließlich
für das Beihilferecht des Bundes die Verantwortung.
Leistungen der sozialen oder privaten Pflegeversicherung werden aufgrund eines
bestehenden Vertragsverhältnisses im Rahmen der eingegangenen vertraglichen
Vereinbarungen geleistet. Beihilfen des Bundes werden dagegen vollständig aus
Haushaltsmitteln des Bundes gezahlt, die nur nach sorgfältiger Prüfung verwendet
werden dürfen. Die haushaltsrechtliche Prüfung der Einnahmen und Ausgaben des
Bundeshaushalts obliegt den mit der Ausführung beauftragten Bundesbehörden und
unterliegt der Kontrolle des Deutschen Bundestages. Jede Verschiebung der
Prüfungs- und Kontrollmechanismen hat damit unmittelbaren Einfluss auf die
grundgesetzlich vorgeschriebene Gewaltenteilung. Verfahrensvereinfachungen, die
im Widerspruch zum Haushaltsrecht des Bundes stehen, kommen nicht in Betracht.
Darüber hinaus hebt der Ausschuss hervor, dass eine lediglich im Hinblick auf die
Abrechnung von Aufwendungen erfolgende Zusammenführung unterschiedlicher
Sicherungssysteme, die auf verschiedenen Rechtsgrundlagen beruhen und auch
verschiedene Leistungsspektren umfassen, – ungeachtet ihrer rechtlichen Zulässigkeit
– erheblichen Bedenken begegnet. Insbesondere kann jede Modifikation der Beihilfe
als Erstattung für Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen zu einer
Systemfriktion führen, die das Gesamtsystem in Frage stellt. Eine „einheitliche
Direktabrechnungsstelle“ für Pflegeleistungen wäre eine solche Systemfriktion, die die
Sinnhaftigkeit der Beihilfe als eigenständiges Sicherungssystem in Zweifel ziehen
würde.
Zudem würden solche Bestrebungen die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts konterkarieren, wonach die Art der Versicherung (privat
krankenversichert - auch im Basistarif / freiwillig gesetzlich krankenversichert) keine
Relevanz für die Beihilfe als solche haben soll. Die Beihilfe ist ein eigenständiges
System neben den anderen (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 – 2 B 50.02 –;
Beschluss vom 21. Dezember 2009 – 2 B 2.09 –).
Weiterhin gibt der Ausschuss zu bedenken, dass die mit der Petition vorgeschlagene
Einführung und Tätigkeit koordinierender Stellen bei den Pflegekassen einen
erheblichen Verwaltungsaufwand sowie eine Zunahme von Bürokratie bewirken
würde.
Zudem müssten auch umfassende datenschutzrechtliche Fragestellungen im Vorfeld
gelöst werden. In diesem Zusammenhang merkt der Ausschuss an, dass die

Beihilfebearbeitung sowie die Führung der Beihilfeakten gemäß § 108 Absatz 5
Bundesbeamtengesetz mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde ausschließlich
auf eine andere Stelle des Bundes übertragen werden können. Damit ist die
Übertragung der Beihilfebearbeitung des Bundes auf übergeordnete
Bearbeitungszentren, die keine Stellen des Bundes sind (z. B. private
Abrechnungszentren), ausgeschlossen.
Weiterhin macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass das Beihilferecht des
Bundes innerhalb der grundsätzlichen haushaltsrechtlichen Regelungen bereits
zahlreiche Möglichkeiten zur Unterstützung der beihilfeberechtigten Personen bietet.
Der Ausschuss weist insbesondere darauf hin, dass § 51 Absatz 2 Satz 4
Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) zur Entlastung der beihilfeberechtigten und
berücksichtigungsfähigen Personen vorsieht, dass Beihilfen in Pflegefällen als
Abschläge geleistet werden können. In diesen Fällen ist ein Beihilfeantrag als
Grundlage für die Gewährung der Beihilfen für den Zeitraum von zwölf Monaten
ausreichend.
Ferner können zur Entlastung der beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen
Personen auch für andere Leistungen als das Pflegegeld Abschläge geleistet oder die
Beihilfe unmittelbar an Dritte (Ärztinnen, Ärzte usw.) ausgezahlt werden (§ 51
Absatz 8 BBhV). Zur Vermeidung von unbilligen Härten kann die Festsetzungsstelle
gemäß § 51 Absatz 7 Satz 2 BBhV Ausnahmen von der Antragsgrenze zulassen.
Darüber hinaus besteht auch im Beihilferecht die Möglichkeit, Vertrauenspersonen zur
Antragstellung zu bevollmächtigen.
Abschließend hebt der Ausschuss hervor, dass im Berichterstattergespräch am
22. Juni 2016 dargelegt wurde, dass sich die Bundesregierung stets um Möglichkeiten
der Verfahrensoptimierung bemüht. So nimmt der Bund beispielsweise eine aktive
Rolle im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Einführung der
Direktabrechnung bei Krankenhausabrechnungen ein. Es bestehen Überlegungen,
dieses zunächst nur für die Aufwendungen von Krankenhausbehandlungen
vorgesehene Verfahren nach erfolgreicher Evaluierung mittelfristig ggf. auch in
weiteren Bereichen, insbesondere in Pflegefällen, einzusetzen.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage im Ergebnis keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu
erkennen und die mit der Petition konkret erhobene Forderung nicht zu unterstützen.

Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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