20-07-2016 04:22
Pet 2-18-08-611-023674Besitzsteuern
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll die Einführung eines "Flüchtlingssolidaritätszuschlags" in Höhe von
0,5 Prozent der Lohnsteuer erreicht werden.
Das Petitum wird dahingehend konkretisiert, dass dieser Zuschlag zeitlich begrenzt
sein müsste und das Mittelaufkommen auf jeden Fall zweckgebunden ausschließlich
für Flüchtlinge in Deutschland verwendet werden soll. Eine Quersubventionierung
anderer Staaten der EU für Flüchtlinge in anderen EU-Staaten soll ausdrücklich aus
diesen Mitteln nicht bestritten werden.
Der Petent führt aus, ein derartiger Flüchtlingssolidaritätszuschlag in Höhe von
0,5 Prozent auf die zu zahlende Lohnsteuer würde ein jährliches Mittelaufkommen in
Höhe von 1,4 Mrd. Euro generieren. Zudem sei die Mehrbelastung des Einzelnen für
diese Aufgabe sehr gering, wenn man sie mit dem Solidaritätszuschlag in Höhe von
5,5 Prozent aus Anlass der deutschen Wiedervereinigung vergleiche. Gleichwohl
werde es möglich, mit den genannten zusätzlichen Einnahmen Unterkünfte
herzurichten, medizinische Hilfe bereit zu stellen, sowie Integrationsangebote und
Sprachkurse anzubieten.
Zu den Einzelheiten des Vorbringens des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 24 Mitzeichnungen sowie 61 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Grundlegend hält der Petitionsausschuss fest, dass es Ziel der Steuerpolitik sein
muss, verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die dazu beitragen,
die Finanzierung der Ausgaben unseres Gemeinwesens zu gewährleisten. Die
Leistungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu stärken und unsere Wirtschaft
bei der Bewältigung der aktuellen und kommenden Herausforderungen zu
unterstützen. Hierbei folgt die Steuerpolitik dem Bestreben, Steuererhöhungen oder
die Einführung neuer Steuern oder Zuschläge zu Steuern möglichst zu vermeiden.
Weiterhin macht der Petitionsausschuss darauf aufmerksam, dass die Erhebung eines
Flüchtlingssolidaritätszuschlages zur Lohnsteuer nur im Rahmen der für solche
Zuschläge geltenden finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben möglich wäre. Für die
Erhebung eines solchen als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und
Körperschaftsteuer einzuordnenden Zuschlages ist Artikel 106 Abs. 1 Nr. 6
Grundgesetz (GG) maßgebend. Die in der alleinigen Ertragshoheit des Bundes
liegenden Ergänzungsabgaben haben nach ihrem Charakter den Zweck, einen
vorübergehenden Mehrbedarf des Bundes zu finanzieren.
Das in der Eingabe dargelegte Verwendungsspektrum für einen
Flüchtlingssolidaritätszuschlag (Wohnraumversorgung, Integration, Sprachkurse,
Arbeitsvermittlung, ärztliche Versorgung) verdeutlicht, dass die im Zusammenhang der
hohen Anzahl von Flüchtlingen zu bewältigenden Problemstellungen vielschichtig sind
und sowohl Aufgaben umfassen, die nach der sich aus dem Grundgesetz ergebenden
föderalen Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit des Bundes als auch solche, die
in die Zuständigkeit von Ländern und Gemeinden fallen. So handelt es sich
beispielsweise bei den für die in der Petition angesprochene Unterbringung und
Integration der Flüchtlinge maßgebenden Aufgaben der sozialen Wohnraumförderung,
der Kindertagesbetreuung und der schulischen Bildung nicht um Bundesaufgaben,
sondern um von den Ländern wahrzunehmende und zu finanzierende Aufgaben. Die
nach der Finanzverfassung ausschließlich zum Ausgleich von Mehrbedarfen des
Bundes mögliche Erhebung von Ergänzungsabgaben stünde einer Einführung eines
Flüchtlingssolidaritätszuschlages zur Lohnsteuer mit dem Ziel, in einem umfassenden
Sinn Mittel für die Finanzierung der vielschichtigen flüchtlingsbezogenen Aufgaben zu
generieren, entgegen.
Gegen das vorgetragene Petitum einer Verwendung der Einnahmen aus einem
Flüchtlingssolidaritätszuschlages für die Flüchtlingshilfe spricht auch der Grundsatz
der Gesamtdeckung des Bundeshaushaltes. Nach diesem Grundsatz dienen alle
Einnahmen des Staates der Finanzierung aller öffentlichen Aufgaben. Das
Gesamtdeckungsprinzip gewährleistet, dass der Gesetzgeber, also das Parlament,
grundsätzlich ohne eine Verwendungsvorgabe frei über die vorhandenen Einnahmen
verfügen und entscheiden kann, wie und für welche Aufgaben die Finanzmittel
eingesetzt werden sollen.
In der aktuellen Diskussion ist vielfach darauf aufmerksam gemacht worden, dass es
sich bei der Bewältigung der Flüchtlingsversorgung nicht allein um eine nationale
Aufgabe handelt. Vielmehr ist die europäische Dimension dieser Fragestellung
wiederholt deutlich betont worden. Außerdem sind Aufgabenstellungen zu bewältigen,
die weit über die unmittelbare Flüchtlingsversorgung – wie in der Petition
angesprochen – hinausgehen. Eine Reduzierung der Fragestellung auf rein nationale
Dimensionen wird nach Überzeugung des Petitionsausschusses einer angemessenen
Problembewältigung nicht gerecht.
Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss dem vorgetragenen Petitum
nicht dahingehend folgen, die finanzielle Bewältigung der Flüchtlingsfrage
ausschließlich mit dem Blick auf einen nationalen Flüchtlingssolidaritätszuschlag zu
bewältigen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)