06/07/2016 12:17
Pet 1-18-06-1105-009846
Bundesregierung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird eine Karenzzeit von drei Jahren für Mitglieder der
Bundesregierung und Staatssekretäre gefordert.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 339 Mitzeichnungen und
27 Diskussionsbeiträgen sowie mehrere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor,
die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung unterzogen werden. Der Petitionsausschuss bittet um Verständnis, dass
nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ehemalige
Regierungsmitglieder (Minister und Staatssekretäre) erst nach einer Karenzzeit von
drei Jahren in Spitzenpositionen von Unternehmen (wie z. B. Führungs- und/oder
Lobbyisten-Positionen) oder in Verbände wechseln dürften, um das Vertrauen in die
Politik und staatliche Institutionen nicht zu belasten. Es müsse bereits der Anschein
vermieden werden, dass es einen Zusammenhang zwischen im Amt getroffenen
Entscheidungen und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit
geben könnte. Allein Vermutungen darüber würden der Glaubwürdigkeit schaden
und die Politik in Misskredit bringen.
Mit einer weiteren Eingabe wird im Sinne der Korruptionsprävention die Einführung
einer Karenzzeit für „korrupte Politiker“ sowie einer Karenzzeit beim Wechsel von
einem politischen Amt in die Wirtschaft begehrt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Zudem hat der Petitionsausschuss gemäß
§ 109 Absatz 1 Satz 2 GOBT Stellungnahmen des Innenausschusses eingeholt, dem
der Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Gesetzliche Karenzzeit für ausgeschiedene
Regierungsmitglieder“ (Drucksache 18/285), der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Karenzzeit für ausscheidende Regierungsmitglieder“
(Drucksache 18/292) sowie der Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes und des Gesetzes über die
Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre“ (Drucksache 18/4630)
zur Beratung vorlagen und der am 15. Juni 2015 eine öffentliche Anhörung mit sechs
Sachverständigen durchführte.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der
seitens der Bundesregierung sowie des zuständigen Fachausschusses angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss macht zunächst darauf aufmerksam, dass sich der Deutsche
Bundestag bereits in der 16. und 17. Wahlperiode intensiv mit der Thematik der
Karenzzeiten befasst hat (vgl. hierzu u. a. die Drucksachen 16/13366, 16/13655,
17/11204 und 17/11318 sowie die Plenarprotokolle 16/230 und 17/204). Alle
erwähnten Dokumente können über das Internet unter www.bundestag.de
eingesehen werden.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass der 18. Deutsche Bundestag in seiner
57. Sitzung am 9. Oktober 2014 die o. g. Anträge auf Drucksachen 18/285 und
18/292 auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses
(Drucksache 18/2762) abgelehnt hat (vgl. Plenarprotokoll 18/57).
In seiner 115. Sitzung am 2. Juli 2015 hat der 18. Deutsche Bundestag den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/4630 in der Fassung der
Beschlussempfehlung des Innenausschusses (Drucksache 18/5419) angenommen
(vgl. Plenarprotokoll 18/115).
Der Ausschuss weist darauf hin, dass das Bundesministergesetz (BMinG) und das
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre
(ParlStG) bislang keine Regelungen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder
sonstigen Beschäftigung im Anschluss an das Ausscheiden aus dem Amt vorsehen.
Der Petitionsausschuss begrüßt daher ausdrücklich, dass das am 25. Juli 2015 in
Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bundesministergesetzes und des Gesetzes
über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre vom 17. Juli
2015 (BGBl. I S. 1322) dazu beitragen soll, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in
die Integrität der Bundesregierung nicht durch den Anschein einer
voreingenommenen Amtsführung im Hinblick auf spätere Karriereaussichten oder
durch die private Verwertung von Amtswissen nach Beendigung des
Amtsverhältnisses beeinträchtigt wird. Um Interessenkonflikte zwischen dem
öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und einer Beschäftigung nach Ende des Amtes
zu verhindern, wurden Regelungen geschaffen, die die Aufnahme einer
Beschäftigung nach Ende des Amtes begrenzen können. Zugleich schützen die
Vorschriften den Betroffenen vor Unsicherheiten und ungerechtfertigter Kritik.
Das Gesetz zu Karenzzeiten sieht vor, dass amtierende und ehemalige Mitglieder
der Bundesregierung, die beabsichtigen, innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten
nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt einer Beschäftigung außerhalb des
öffentlichen Dienstes nachzugehen, dies der Bundesregierung anzuzeigen haben.
Dabei kann die angestrebte Beschäftigung untersagt werden, wenn durch ihre
Aufnahme öffentliche Interessen beeinträchtigt werden können. Die Untersagung soll
in der Regel die Dauer von einem Jahr nicht überschreiten; in Ausnahmefällen kann
der Zeitraum bis zu 18 Monate betragen. Die Bundesregierung trifft ihre
Entscheidung auf Empfehlung eines beratenden Gremiums, dessen Mitglieder
Funktionen an der Spitze staatlicher oder gesellschaftlicher Institutionen
wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt
verfügen. Wird die Aufnahme der angestrebten Beschäftigung untersagt, besteht für
die Karenzzeit der Anspruch auf Übergangsgeld. Gemäß § 7 ParlStG gelten diese
Regelungen für Parlamentarische Staatssekretärinnen und Parlamentarische
Staatssekretäre entsprechend.
Nach dem Dafürhalten des Petitionsausschusses wird mit dem neuen Gesetz zu
Karenzzeiten ein transparentes Verfahren geschaffen, in dem Anzeigepflichten
während und nach dem Amtsverhältnis sowie eine Untersagungsmöglichkeit der
Beschäftigung nach Ende des Amtes innerhalb einer Karenzzeit eingeführt werden.
Der Ausschuss erachtet die neuen Regelungen als angemessen und geeignet, um
den Anschein von Interessenkollisionen zu vermeiden.
Abschließend merkt der Ausschuss an, dass mit dem Gesetz zu Karenzzeiten zudem
der am 12. November 2014 von Deutschland ratifizierten VN-Konvention gegen
Korruption Rechnung getragen wird, die in Artikel 12,2.e) fordert,
„Interessenkonflikten dadurch vorzubeugen, dass die beruflichen Tätigkeiten
ehemaliger Amtsträger oder die Beschäftigung von Amtsträgern durch den privaten
Sektor im Anschluss an deren Ausscheiden aus dem Amt oder Eintritt in den
Ruhestand in Fällen, in denen dies angebracht ist, und für einen angemessenen
Zeitraum beschränkt werden, wenn diese Tätigkeiten oder diese Beschäftigung mit
den Aufgaben, die diese Amtsträger in ihrer Amtszeit wahrgenommen oder
überwacht haben, in unmittelbarem Zusammenhang stehen“.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss im Hinblick auf die neu
eingeführte Karenzzeit für Regierungsmitglieder und Parlamentarische
Staatssekretäre, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise
entsprochen worden ist.
Begründung (pdf)